Typisch deutsch:Käsespätzle statt Kochbananen

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Für Käsespätzle braucht man nicht viele Zutaten - trotzdem kann ihre Herstellung Tücken haben. (Foto: Catherina Hess)

Unsere Autorin kann gerade keine Lebensmittel aus ihrer Heimat kaufen. Deswegen arbeitet sie daran, das bayerische Kochbuch zu verinnerlichen.

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Seit Wochen ist das Internet voll von wunderschönen Food-Fotos, die leider nur unsere Augen verwöhnen. Ich sehe die Bilder und wünsche mir, dass mein Essen auch so charmant und ansprechend aussähe. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es dafür noch einiger Versuche bedarf - mit dem Potenzial für kulinarische Katastrophen.

Manche Leute hat das Leben mit beneidenswertem Talent fürs Kochen gesegnet. Andere sind dankbar für die Erfindung von Fertigmahlzeiten. In diesen Tagen aber, so mein Eindruck, liegt die Quote der Kochenden deutlich höher als sonst. In der Krise haben fast alle meine Freunde angefangen zu kochen und zu backen: Mein Instagram-Feed ist voll mit Blaubeermuffins und Gemüseaufläufen. Darunter sind nicht nur Schönheiten. Im Gegenteil: Bei manchem Ergebnis wünscht man dem Hersteller einfach nur ein Backrohr und eine Tiefkühlpizza.

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Ich weiß, wovon ich spreche. Ich selbst bin keine große Bäckerin. Und das bayerische Kochbuch habe ich längst nicht verinnerlicht. Deswegen mein Vorsatz: Die Viruskrise nutzen, um daran etwas zu ändern. Der Zeitpunkt könnte passender nicht sein. Wegen der geschlossenen Grenzen ist es unmöglich geworden, afrikanische Lebensmittel zu besorgen, ugandische Kochbananen oder Maniokwurzeln. In den kommenden Wochen steht bei mir bayerische Kochkunst auf der Speisekarte. Wobei die Frage ist, ob Kunst eine würdige Bezeichnung ist.

Seit ich nach München gezogen bin, schätze ich die bayerische Küche. Ich finde die Umsetzung nur etwas kompliziert, daher bevorzugte ich bisher Restaurants. Nun, in Zeiten von geschlossenen Gasträumen, ist meine Chance gekommen.

Meine kleine Tochter Taliah mag gerne Nudeln. Deswegen versuchte ich mich vor ein paar Tagen an Käsespätzle. Mehl, Wasser, Bier, Eier, Öl und Käse. Ich ging direkt in den Laden, kaufte die Zutaten und machte mich zum ersten Mal in meinem Leben daran, Spätzle herzustellen. Oder besser: Ich versuchte es.

Mein erster Fehler: Augenmaß statt Waagschale. Ich bin es aus Uganda nicht gewohnt, Dinge zu messen, wenn ich koche. So kamen die Teigtropfen zu dünn heraus. Ich scheute mich, die Nachbarn in Zeiten der Kontaktsperre nach zusätzlichem Mehl zu fragen. Und so kam es, wie es kommen musste: Als ich anfing, den Teig in den Wassertopf zu geben, stiegen die Spätzle an die Oberfläche und verbandelten sich zu einem klebrigen Riesenspätzle. Meine arme Taliah beobachtete mein Fabrikat zunehmend ängstlich. Es sah nun aus wie ein unförmiger Klumpen, der sich jeden Moment in ein Monster verwandeln könnte. Unnötig zu erwähnen, dass mein erstes Spätzle es nie auf Instagram geschafft hat. Aber: Ich gebe nicht auf. Als nächstes stehen Rouladen und Knödel auf meiner Liste.

© SZ vom 17.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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