Kulinarik:Münchens Lust auf Edel-Döner

Lesezeit: 1 min

Ein Türke beantragt ein Visum, um in München als "Spezialitäten-Koch" in einem Döner-Imbiss zu arbeiten. Das Visum wird abgelehnt, so muss die Stadt weiterhin ohne Spitzen-Kebap auskommen.

Von Stephan Handel

Döner sind lecker, doch Herstellung und Transport der Dönerspieße sind offenbar nicht immer über jeden Zweifel erhaben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der Münchner hält viel auf Authentizität, gerade wenn's ums Essen geht: Asiatisch gibt's nur vom Original-Chinesen, im Wirtshaus verlangt er eine Abstammungsurkunde des Schweinebratens, damit der auch ja aus Oberbayern kommt, und wenn er in der Trattoria auf Italienisch bestellen möchte, ist er beleidigt, wenn der Kellner sagt, er verstehe ihn nicht, sie kämen alle aus Kroatien. Alles muss echt sein, und der Mensch, der Reis, Fisch und Algen zu mundgerechten Häppchen dreht, möge doch bitte mit dem Sushi zur Schule gegangen sein.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

So wimmelt also die Stadt von Edel-Asiaten und Edel-Italienern, sogar Edel-Hamburgerbrater gibt es mittlerweile, wo die bestecklose Heißmahlzeit schnell mal 20 Euro kosten kann. Nur ein kulinarisches Genre wird weiterhin stiefmütterlich behandelt: Den Döner gibt es meistens in kleinen Neon-Läden vom Charme eines Bahnhofskiosks, wo das Fett vom Drehspieß tropft und der Rest an Zutaten, also das "Mit allem, ohne scharf", den ganzen Tag in Edelstahl-, wenigstens das, in Edelstahlschüsseln vor sich hin schwitzt.

Diese gastronomische Underperformance wurde nun einem Mann aus der Türkei zum Verhängnis: Er hatte ein längerfristig geltendes Visum für Deutschland beantragt, um in München als Spezialitäten-Koch in einem Döner-Imbiss zu arbeiten. Das Generalkonsulat in Izmir hatte ihm das Visum verweigert, und die Klage des Mannes vor einem deutschen Verwaltungsgericht war auch erfolglos: Ein Imbiss sei kein Restaurant, heißt es in dem Urteil, und zwischen den Zeilen ist zu ahnen, dass die Richter wohl keine besondere Qualifikation für nötig erachteten, um mit einer Motorsäge Stücke von einem Fleischkegel abzuschneiden - schon gar nicht die eines Spezialitätenkochs. An der Qualifikation des Mannes sollen hier keine Zweifel geäußert werden, vielleicht ist er ja tatsächlich der Bocuse des Döners, der Köfte-Winkler, der Hans Haas des Pide. Das wird München nun nicht erfahren, und der Münchner wird auch weiterhin ohne Edel-Döner auskommen müssen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Fast Food
:Döner wird schöner

Einst galt er als "Abfütterung der Deklassierten", als Mahlzeit für jeden noch so kleinen Geldbeutel. Heute ist der Döner sogar beliebter als die Currywurst - aber er verändert sich dadurch auch.

Von Marcel Laskus

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: