München/Taufkirchen:Hinhören und helfen

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In Taufkirchen läuft ein Modellprojekt der Kinder- und Jugendhilfe an. Am Ende soll es ein dichtes Präventionsnetz geben

Von Christina Hertel, München/Taufkirchen

Von oben sieht man bei gutem Wetter die Alpen, von unten einen Balkon über dem nächsten, weiße Klötze, die in den Himmel ragen. Taufkirchen ist anders als der Rest des Landkreises München. In der Siedlung "Am Wald" gibt es 1800 Sozialwohnungen aus den Siebzigerjahren - so viele wie in keiner anderen Gemeinde. Die Folge ist ein hoher Arbeitslosen- und Migrantenanteil. Und viele Alleinerziehende, Familien mit wenig Geld. Taufkirchen hat sich deshalb schon immer bemüht, ein soziales Netz zu schaffen, das all diese Menschen auffängt. Im nächsten Jahr soll es noch besser werden.

Denn der Landkreis hat Taufkirchen für ein Modellprojekt der Kinder- und Jugendhilfe ausgewählt. Ziel ist Prävention. Landkreis und Kommune wollen verhindern, Familien so tief stürzen zu lassen, dass sie alleine nicht mehr nach oben kommen. Dafür möchten sie hören, von welchen Nöten, Sorgen und Bedürfnissen all die Einrichttungen wissen, die sich jeden Tag um Kinder und Jugendlich kümmern. Aus diesen Ergebnissen sollen Maßnahmen entwickelt werden. Später könnte das Konzept auch auf andere Kommunen übertragen werden.

Das Ziel des Landratsamtes ist es, besser zu verstehen, was die einzelnen Kommunen brauchen, um Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Bislang gebe es diesbezüglich noch keine richtige Vernetzung, sagt Sarah Stadler, die sich um die Jugendhilfeplanung des Landkreises kümmert. Um ins Gespräch zu kommen, soll es nächstes Jahr in Taufkirchen eine Dialogveranstaltung geben. Einladen will man auch Vertreter der Schulen, Streetworker, Schulsozialarbeiter, Vereine - und einfach alle, die sich mit Kindern und Jugendlichen in Taufkirchen beschäftigen. Von ihnen möchten das Landratsamt und die Gemeinde hören, welche Probleme und Trends sie in ihrer Arbeit sehen. Welche Bedürfnisse gibt es? Was macht Ärger? Was fehlt? Wo könnten sich Brennpunkte entwickeln? Und mit welchen Sorgen kämpfen die Einrichtungen? Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden, geht es darum, vorher möglichst viele Statistiken zur Jungendhilfearbeit in Taufkirchen auszuwerten. Nach der Dialogveranstaltung sollen Handlungskonzepte und Angebote geschaffen werden.

Was das konkret beinhalten könnte, will Andreas Bayerle, der Taufkirchner Sozialreferent, noch nicht verraten. Er möchte nicht schon vorab allzu große Impulse setzen. Denn das Ziel sei schließlich, die Institutionen und Vereine sprechen zu lassen. Wichtig ist Bayerle, dass das Angebot nicht nur für die Siedlung "Am Wald" gilt, sondern für die gesamte Gemeinde.

Das Landratsamt hat Taufkirchen auch deshalb ausgesucht, weil es bereits eine gute Sozialarbeit in der Kommune gibt. In der Gemeinde seien etwa 16 Schulsozialarbeiter und Streetworker angestellt, sagte der Zweite Bürgermeister Alfred Widmann (SPD). Durch den Dialog sollen sich die verschiedenen Angebote und Träger von Jugendeinrichtungen auch miteinander vernetzen. Sozialreferent Bayerle erhofft sich von dem Projekt einen nachhaltigen Erfolg für die Gemeinde. Anfang 2019 will das Landratsamt eine Zwischenbilanz ziehen. Und dann entscheiden, wo das Projekt fortgesetzt wird.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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