Radfahren in München:Diese Änderungen kommen mit der neuen Straßenverkehrsordnung

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Was bedeutet das für München? Ein Überblick über einige gefährliche Stellen in der Stadt und mögliche Änderungen.

Von Andreas Schubert

Die im Februar beschlossene Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die demnächst in Kraft tritt, bringt eine Reihe von Verbesserungen für Radfahrer mit sich. Gerade in München sind an einigen Stellen Maßnahmen dringend angebracht. Die Münchner Mitglieder des Fahrradklubs ADFC haben einige Orte in der Stadt ausgemacht, an denen sie besonders häufig Probleme bekommen, und Punkte benannt, was man sonst noch verbessern könnte. Freilich, so betont der Fahrradklub, sei die Aufzählung bei Weitem nicht vollständig.

Enge Straßen

Die Straße den Nockherberg hinunter ist wegen der Trambahn-Gleise zu schmal zum Überholen. (Foto: Robert Haas)

Laut neuer StVO müssen Autofahrer beim Überholen von Radfahrern einen Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten. Faktisch bedeutet diese Regel ein Überholverbot an Stellen, die nicht die notwendige Breite haben - was Autofahrer aber häufig nicht wissen oder wissentlich ignorieren. In München trifft das im Prinzip auf fast alle Stellen zu, wo Radler auf der Fahrbahn fahren müssen. Eine besonders problematische Stelle ist laut ADFC die Abfahrt vom Nockherberg Richtung Innenstadt. Dort gibt es auf einem längeren Abschnitt keinen Radweg, beim Überholen müssen Autofahrer eigentlich immer über die mit breiter Markierung gesperrte Trambahnspur fahren. Viele Autofahrer trauen sich dies nicht und überholen entsprechend mit sehr knappen Abstand.

In einigen Straßen sollte oder dürfte nach den neuen Regeln eigentlich gar nicht überholt werden, weil die Fahrbahn insgesamt zu schmal ist, wenn man alles zusammenrechnet: die Autobreite, die 1,5 Meter Überholabstand, einen Meter Abstand des Rades zu parkenden Autos und die - nicht zu unterschätzende - Breite des Fahrrads selbst. Die Schyren- und die Freibadstraße zwischen Claude-Lorrain- und Oefelestraße in Untergiesing ist laut ADFC so ein Beispiel, wo es regelmäßig brenzlig wird. Auf der Einbahnstraße stehen auf beiden Seiten Autos, das Einhalten der nötigen Sicherheitsabstände ist kaum möglich. Auch am südlichen Ende der Lothstraße zwischen Thorwaldsen- und Nymphenburger Straße gehe es für eine Radhauptroute zu eng zu, kritisiert der ADFC.

Zugeparkte Radwege

Auch das Zuparken von Radwegen wird teurer: Künftig werden bis zu 100 Euro fällig, bei Gefährdung gibt es zusätzlich einen Punkt in Flensburg. Die Tegernseer Landstraße ist laut ADFC abschnittsweise gern betroffen, auch der Tegernseer Platz. Häufig sind Lieferfahrzeuge das Problem. Auf der Trappentreustraße, kurz vor der Westendstraße hielten viele Autofahrer oft vor einem Dönerladen, berichtet ein ADFC-Mitglied. In der Augustenstraße sind die sehr schmalen Radwege zwar nicht benutzungspflichtig, trotzdem fahren viele Radler immer noch lieber auf ihnen als auf der Fahrbahn. Weil auch hier oft Lieferanten ihre Wagen abstellen, weichen die Radler dann auf den Gehsteig aus. In der Seidlstraße zwischen Mars- und Arnulfstraße halten nach Beobachtungen des ADFC manchmal sogar Busse auf dem Radfahrstreifen, wenn die Haltestelle belegt ist. Auf der Bayerstraße wird der Radweg beim Hotel Bayerpost gerne zum Be- und Entladen missbraucht. Auch in der Kapuzinerstraße ist der dortige Schutzstreifen für Radler zwischen Lindwurm- und Tumblingerstraße oft zugeparkt.

Abbiegefehler

Die Ecke Paul-Heyse-Straße/Schwanthalerstraße ist gefährlich wegen möglicher Unfälle beim Abbiegen. (Foto: Robert Haas)

Rechtsabbiegen führt in München immer wieder zu schweren Unfällen. Ist ein Lastwagen im Spiel, kommt es auch zu Todesfällen. Wer als Autofahrer beim Abbiegen den Blick über die Schulter vergisst und einen Radfahrer gefährdet, muss künftig 140 Euro Strafe zahlen und kann auch ein einmonatiges Fahrverbot bekommen. Lastwagen mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht dürfen zudem nur noch in Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen. Das Bußgeld für die Missachtung beträgt 70 Euro, dazu kommt ein Punkt in Flensburg.

Der Münchner ADFC nennt als besonders brisante Stelle die Paul-Heyse-Straße/Ecke Schwanthalerstraße in Richtung Norden. Das Problem: Dass für Radfahrer hier auch die Kfz-Ampel gilt, wissen viele Autofahrer offenbar nicht. Sie glauben, dass sich Radler an die Fußgängerampel halten müssen, die früher auf Rot schaltet. Die Folge: Sie biegen einfach ab. Ähnlich verhält es sich sich laut ADFC an der Humboldtstraße/Ecke Pilgersheimer Straße Richtung stadteinwärts.

Aufgestoßene Autotüren

Teurer wird auch das gedankenlose Öffnen der Autotür. Das kostet nun 40 Euro, wenn ein Radler gefährdet wird. Enge Radwege, an denen dies zu brenzligen Situationen führt, sind laut ADFC unter anderem die Schäftlarnstraße in Richtung Brudermühlstraße, die Pfeuferstraße Richtung Süden, der Geh- und Radweg an der Drygalski-Allee Richtung Norden vor der Boschetsrieder Straße. Auch an der Richard-Strauss-Straße, der Welfenstraße und der Zeppelinstraße 63-83 können sich öffnende Autotüren ein Problem sein.

Grünpfeil für den Radverkehr

Zunächst als Pilotprojekt unter anderem in München gestartet, kommt mit der neuen StVO als neues Verkehrszeichen der Grünpfeil für den Radverkehr. Er erlaubt das Rechtsabbiegen bei roter Ampel für Radfahrende, wenn sie vorher anhalten. Der schon bekannte Grünpfeil für den Autoverkehr gilt auch für den begleitenden Radweg, stellt die neue StVO klar. Wo es aus Sicht des ADFC noch einen Grünpfeil für Radler gebrauchen könnte, ist am Harlachinger Krankenhaus in Richtung Großhesseloher Brücke oder an der Seidlstraße Richtung Norden zum Abbiegen in die Karlstraße.

Radler auf Gehwegen

Es sind nicht nur Autofahrer, die andere gefährden. Auch Radler verhalten sich oft rücksichtslos und bekräftigen das oft beschworene Klischee vom "Radl-Rambo". Zum Schutz von Fußgängern wird das Bußgeld für regelwidriges Radfahren auf Gehwegen deshalb erhöht: von zehn bis 25 Euro auf 55 bis 100 Euro. Der ADFC weist darauf hin, dass das Radfahren auf Gehwegen rücksichtslos und gefährlich ist. Gleichzeitig bekräftigt er die Forderung nach durchgängigen Qualitätsradwegenetzen, denn wenn Radfahrende auf Gehwege ausweichen, sei das oft auf fehlende oder schlechte Radinfrastruktur zurückzuführen.

Fahrradzone

In München gibt es schon mehr als 80 Fahrradstraßen. Mit dem neuen Verkehrszeichen "Fahrradzone" können größere Bereiche nach den Regeln für Fahrradstraßen eingerichtet werden. Radfahrende haben hier Vorrang, Autos dürfen höchstens Tempo 30 fahren und müssen hinter Fahrrädern zurückbleiben. Im Westend, etwa im Bereich Gollierstraße und Ganghoferstraße sowie weiteren Anwohnerstraßen, wünscht sich der Fahrradklub durchgehende Rad-Zonen. Aktuell wechseln sich in der Gegend Fahrradstraßen mit normalen Straßen ab, mit teilweise voneinander abweichenden Vorfahrtsregelungen. Mehr Einheitlichkeit sei auch in der Gegend um den Säbener Platz in Harlaching gefragt. Dort gebe es viele Schilder, weil an jeder Kreuzung und Einmündung das Fahrradstraßen-Schild wiederholt werde.

Mehr Platz für Lastenräder

Vor Bioläden wie hier an der Tegernseer Landstraße parken oft Lastenräder die Gehwege zu. (Foto: Robert Haas)

Mit dem neuen Zusatzzeichen "Lastenfahrrad" können extragroße Parkplätze oder spezielle Lieferzonen für Transport-Fahrräder eingerichtet werden. Umweltbewusste parkten ihre Lastenräder nicht selten vor Bioläden, leider oft auf dem Gehweg, heißt es beim ADFC. In der Tegernseer Landstraße etwa oder in der Wendelsteinstraße in Giesing. Auto-Parkplätze gebe es dort reichlich, nach Ansicht der Radlerlobby könnten diese auch in Fahrradabstellplätze umgewandelt werden.

Alle wichtigen Änderungen der StVO im Überblick: www.sz.de/neuestvo

© SZ vom 06.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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