Münchner Momente:Ein Schloss für alle Fälle

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Liebesschlösser auf der Thalkirchner Brücke mit Pärchen beim Händchen halten im Hintergrund. (Foto: Florian Peljak)

Ob am Wasser oder im Grünen, als Zeichen der Liebe oder fürs Fahrrad - praktisch sind die Teile schon. Der Trend geht sogar schon zum Zweitschloss.

Glosse von Stefan Simon

Früher schenkten die Münchner Fürsten den Frauen, die sie liebten, ganze Schlösser. Heute dürfte das schon oft am Bausparvertrag scheitern, vom knappen Markt an geeigneten Grundstücken ganz zu schweigen. Bestes Beispiel: Nymphenburg, ein Präsent für Adelheid von Savoyen, das wohl auch heute noch gut ankäme bei den Damen. Es wurde gebaut auf einem Areal, das Kurfürst Ferdinand Maria seinerzeit für 10 000 Goldgulden erwarb, um die fünf Millionen Euro nach heutiger Kaufkraft. Dafür bekommt man inzwischen am Schlosskanal nicht einmal mehr eine lumpige 7,5-Zimmer-Wohnung. Auf 350 Quadratmetern vier Schlafgemächer, drei Bäder und nur eine einzige Küche - die reinste Blamage und mit sechs Millionen Euro auch zu teuer. Bei diesen Preisen müsste heute wohl selbst ein Fürst, um seine Liebe zu beweisen, zu kleineren Schlössern greifen.

Vielleicht könnte er eines an der Thalkirchner Brücke aufhängen? Nein, lachen Sie nicht. Das macht der Plebs doch auch. Liebesschlösser, früher Stein, heute Stahl, Hauptsache schlüsselfertig. Warum nicht? Immerhin wäre auch dieses Schloss, so klein es ist, im Grünen und an einem Wasser. Es wäre freilich riskant. Regelmäßig kommt das Baureferat vorbei und zwickt die alten Schlösser weg (die an den Brücken, nur die). Vorschrift ist Vorschrift, sagen sie, aber was für ein Schlamassel! Da wäre man bei jeder Angebeteten, Kurfürstin oder nicht, schnell untendurch. Schatz, unser Schloss ist verschwunden? Die neuen Zeiten machen es einem wirklich nicht leicht.

Apropos verschwundene Schlösser. Am Pasinger Bahnhof gibt es jetzt eine Aufbewahrungsmöglichkeit für Schlösser. Pendler, die mit der Bahn kommen und mit dem Fahrrad weiterfahren, könnten "ihre Fahrradschlösser sicher in der Radltiefgarage zurücklassen", heißt es in einer Mitteilung der städtischen Park & Ride GmbH. Das Schloss wäre demnach bis zur Rückkehr sicher verwahrt. Genau das war der Wunsch der Kunden - und ist dennoch sehr verwirrend, denn: Wenn man das Schloss am Bahnhof zurücklässt, womit soll man sein Rad dann am Ziel der Fahrt absperren?

Unwahrscheinlich, dass irgendwo lauter teure Bikes ungesichert herumstehen. Das wäre ein Fest für Radldiebe und viel Arbeit für die Polizei. Wahrscheinlicher ist, dass der Trend zum Zweitschloss geht. Dieser Gedanke hätte auch Kurfürst Ferdinand Maria sicher sehr gefallen.

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