Jubiläum:Nicht ganz knitterfrei, aber ohne jeden Kitsch

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Verleger Lothar Schirmer (rechts) mit dem Kunstsammler und Mäzen Udo Brandhorst (links) und dem Autor Florian Illies. (Foto: Robert Haas)

Lothar Schirmer feiert den 50. Geburtstag seines Kunstbuchverlags im Lenbachhaus. Manche Gäste reisen bis aus Südafrika an.

Von Christian Mayer

Ganz entspannt steht er da im Garten des Museums, beinahe schon belustigt von sich selbst angesichts der vielen Gratulanten - ein bisschen sitzt ihm ja immer der Schalk im Nacken. Und wer hat schon Gelegenheit, an einem der schönsten Orte in München zu feiern, im Heiligtum des Malerfürsten Franz von Lenbach, noch dazu bei bestem Frühlingswetter und mit Freunden, die sogar aus Südafrika oder Tennessee angereist sind? Lothar Schirmer hat ins Lenbachhaus zur Geburtstagsfeier seines Verlags geladen, den er vor 50 Jahren mit Erik Mosel gründete. Nicht wenige der 160 Gäste an diesem Abend kennt er schon seit dieser aufregenden Sturm- und Drang-Zeit, der Zeit der leeren Kassen und großen Hoffnungen. Über die Jahrzehnte hat Schirmer dann ganzen Generationen von Künstlern, Fotografinnen, Schriftstellern, Filmstars und Modegrößen eine Bühne verschafft - mit liebevoll kuratierten, oft aufwendig produzierten Büchern. Ein sehr persönliches Verlagsprogramm, das Kunstsinn, Freude am Glamour, Stilbewusstsein und ein Faible für aufregende Persönlichkeiten verbindet.

Zeit mit Schirmer zu verbringen, sei in jeder Hinsicht eine Bereicherung, sagt der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Bernhard Maaz: "Lothar Schirmer verbindet Leidenschaft und Kennerschaft. Es macht einfach Freude, sich mit ihm zu treffen", am besten natürlich in einem seiner Lieblingsrestaurants in Bogenhausen oder am Hofgarten. Der Journalist Stephan Sattler, ebenfalls ein langjähriger Intimus des Jubilars, gibt Tipps für den richtigen Umgang mit diesem nicht ganz knitterfreien Charakter: "Vor dem Mittagessen sollte man ihn besser nicht behelligen." Dann aber sei beste Unterhaltung garantiert. Und die bietet der 79-jährige Schirmer auch in seiner Begrüßungsrede, in der er neben seinen treuen Mitarbeitern auch seinen "Ärzten und Anwälten für die fürsorgliche Betreuung" dankt und vom Umgang mit klugen, aber nicht ganz einfachen Literaten berichtet ("drei Autoren sind schon mehr als ein Flohzirkus").

Bei sommerlichen Temperaturen eine fürstliche Feier: Das Verlagsjubiläum im Garten des Münchner Lenbachhauses. (Foto: Robert Haas)

Der Dank kommt doppelt und dreifach zurück. Zunächst in der Videobotschaft der Schauspielerin Isabella Rossellini - sie hat das Portfolio der Editionen über die großen Meister der Fotografie, des Films und der bildenden Kunst noch um ein Werk über ihre Lieblingstiere erweitert ("Meine Hühner und ich"): "Du hast mich dazu ermuntert, meine eigene Stimme als Künstlerin zu finden", sagt Rossellini. Kurz und wuchtig ist auch das grandios hingeraunte Grußwort der gerade 80 gewordenen Hanna Schygulla, deren Talente als Sängerin, Schauspielerin und Autorin ebenfalls im Schirmer-Verlag dokumentiert sind: "Hallo Lothar - da bin ich. Trotzdem!" Muss man noch mehr sagen, um seine Verbundenheit auszudrücken?

Manche Redner brauchen dann doch etwas mehr als 1000 Worte. Der Autor Michael Krüger spannt in seiner Eloge den Bogen weit, von Martin Luther (der in Schirmers Geburtsstadt Schmalkalden in Thüringen wohnte) bis zu Willy Brandt, Thomas Tuchel und Vicky Leandros. Es ist zu begrüßen, dass Krüger gegen Ende seiner Ausführungen nicht ganz in eine melancholische Weltbetrachtung abdriftet, sondern sich an der Heiterkeit seines Freundes Lothar ("Lutz") orientiert. "Er hat den Kitsch und die Soße ferngehalten von seinen Büchern", auch das ein bleibendes Verdienst. Und nach vielen unvermeidbaren Anekdoten kommt auch irgendwann der Hauptgang, den die Gäste mit größtem Appetit verspeisen, einige bereits im kunstsinnigen Delirium. Lothar Schirmer könnte das jetzt auf seine Art kommentieren: mit seinem legendären Schulterzucken. Kann schon mal passieren!

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