Wirtschaft:Die Rückkehr ins Ruffinihaus

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Noch ist die Sicht auf das Ruffinihaus verdeckt. (Foto: Robert Haas)

Zwanzig Händler ziehen wieder in das sanierte Gebäude. Hier sind die Mieten vergleichsweise gering, ansonsten hätten die kleinen Geschäfte in der Innenstadt keine Chance mehr.

Von Dominik Hutter

Die Kartons für den Vinyl-Bodenbelag liegen herum, Handwerker sind im Einsatz, es riecht nach frischer Farbe. Bei Annette Roeckl herrscht Hochbetrieb. Anfang November will sie im Ruffiniblock in der Altstadt wieder Handschuhe, Taschen und Seidentücher verkaufen. "Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit der Sendlinger Straße weitergeht", sagt sie - die Einkaufsmeile wurde in der Zwischenzeit komplett zur Fußgängerzone umgestaltet.

Roeckl hat mehr als eineinhalb Jahre pausiert. In dieser Zeit haben sich die Bauarbeiter die Räumlichkeiten im Erdgeschoss vorgeknöpft. Haben neue Schaufenster und Eingangstüren montiert, die Wände hergerichtet, Teeküchen und Toiletten eingebaut. Noch sieht es nicht so richtig nach Laden aus, die Inneneinrichtung fehlt. Aber das Weihnachtsgeschäft will die Münchner Traditionsfirma wieder an angestammter Adresse bestreiten.

Bei Annette Roeckl geht's im November wieder los. (Foto: Robert Haas)

Die Händler kehren zurück in das zwischen 1903 und 1905 errichtete Haus mit der auffälligen Fassade, die derzeit freilich noch von Baugerüsten verdeckt ist. Fertig ist die Sanierung der städtischen Immobilie zwar noch längst nicht. In den oberen Etagen, wo einst Büros der Stadtverwaltung und eine Dienstwohnung untergebracht waren, wird noch bis Sommer nächsten Jahres gewerkelt. Aber die neuen Fenster sind schon da, es geht gut voran. "Sehr, sehr schnell" habe man die Arbeiten durchziehen können, freut sich Kommunalreferentin Kristina Frank - gemessen an dem, was oft für städtische Baumaßnahmen veranschlagt werden muss. Im Januar 2018 waren die Ladenmieter ausgezogen, einen Monat später rückten die Bauarbeiter für die Sanierung an. Und jetzt ziehen die 20 Geschäftsleute schon wieder ein.

Viele haben ihre Läden zwischenzeitlich ausgelagert gehabt. Das Kommunalreferat hat dafür Räume in den Arkaden des Stadtmuseums oder in anderen kommunalen Gebäuden zur Verfügung gestellt. Für Optik Messbacher etwa, das Brillengeschäft hat schon seit 1928 seine Adresse im Ruffinihaus. Weniger Umsatz habe man am Stadtmuseum schon gemacht, berichtet Inhaber Walter Drum.

Christine Widmann und Walter Drum freuen sich schon auf die Wiedereröffnung ihres Brillenladens. (Foto: Robert Haas)

Nur: Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn es gar kein Ausweichquartier in unmittelbarer Nähe gegeben hätte. "Das hätte uns die Existenz gekostet." Auch Optik Messbacher soll in der ersten Novemberhälfte wiedereröffnet werden, zwei Läden vom bisherigen Verkaufsraum entfernt. Die neuen Flächen sind etwas größer, Drum und seine Partnerin Christine Widmann freuen sich schon auf die neuen Verkaufsschränke und die neue Werkstatt. Alles soll neu gemacht werden. Und trotzdem optisch an den alten Laden erinnern.

Das Ruffinihaus, das streng genommen aus drei Gebäuden besteht, zählt wie das Erdgeschoss des Neuen Rathauses zu den Adressen, an denen die Stadt zu vergleichsweise günstigen Mieten Ladenflächen anbietet. Damit soll die Mischung erhalten bleiben, im Interesse einer attraktiven Altstadt. Kleine inhabergeführte Geschäfte hätten sonst gegen die Großfilialisten keine Chance mehr - die Ladenmieten in der Münchner Innenstadt zählen zu den höchsten Deutschlands. Im Ruffinihaus werden laut einem Stadtratsbeschluss in etwa halbe Marktmieten verlangt.

Die Sanierung, über die schon seit 2008 diskutiert wurde, soll knapp 35 Millionen Euro kosten und wird von staatlichen Denkmalschutzbehörden bezuschusst. Sie war dringend notwendig gewesen. Der unter dem Namen "Drei Häuser" von dem Architekten Gabriel von Seidl entworfene Komplex war wegen statischen Problemen bereits im Keller abgestützt gewesen, dazu kommen Mängel beim Brandschutz. Acht Läden hat Kommunalreferentin Frank nun nach der Sanierung neu ausgeschrieben - einige der früheren Mieter haben sich nach einem neuen Standort umgesehen, der Juwelier Opel hat seine ursprünglich zugesicherte Rückkehroption nicht gezogen. Ein Laden, der ursprünglich im ersten Stock untergebracht war, wird nicht mehr neu vermietet. In einem der Erdgeschoss-Geschäfte soll es künftig dauerhaft einen Pop-up-Store geben, der vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft organisiert wird.

In den oberen Etagen sollen wieder Büros einziehen. Da das Dachgeschoss ausgebaut und die Dienstwohnung aufgelöst wurde, hat die Verwaltung künftig mehr Platz zur Verfügung. Allerdings hat die CSU-Stadtratsfraktion beantragt, die Räume im ersten Stock vorübergehend der Verwaltung wegzunehmen und für zwei Jahre der Kreativwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Darüber ist noch nicht entscheiden. Frank, die für die CSU 2020 als OB-Kandidatin antritt, hegt aber erklärtermaßen viel Sympathie für diese Idee. Im Ruffinihaus waren bisher das Tourismusamt und Teile des Personalreferats untergebracht gewesen.

Der Block mit direkter Sichtverbindung zum Rathaus hat seinen Namen von einem Turm der ersten Münchner Stadtmauer des 12. Jahrhunderts, der nach der Besitzerfamilie Ruffini benannt war und 1808 abgebrochen wurde. Vor dem heutigen verspielten Bau befand sich ein weitgehend schmuckloses Haus an dieser Stelle.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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