30 Jahre Rosa Liste:Sie verteidigen die Vielfalt Münchens

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Die schwul-lesbische Wählerinitiative Rosa Liste feiert 30-jähriges Bestehen - und auch die eigene Arbeit. Nach der Kommunalwahl 2020 will sie wieder mitregieren.

Von Tom Soyer, München

30 Jahre lang gibt es die schwul-lesbische Wählerinitiative "Rosa Liste" bereits, und mit etwas Glück will die Interessenvertretung der Queer-Community in München bei der Kommunalwahl im März wieder aus der Oppositions- in die Mitregierungsrolle wechseln. Spitzenkandidat Thomas Niederbühl, der die Rosa Liste seit 1996 als europaweit erster offen schwuler Stadtrat einer schwul-lesbischen Wählerliste vertritt, hofft, dass es wieder zu einem Rathausbündnis gemeinsam mit Grünen und SPD reicht, und dass seine Liste dann vielleicht sogar mit zwei Ratssitzen belohnt wird für die erfolgreiche Arbeit.

Das würde politisch passen, sagte Niederbühl bei einer Jubelfeier zum 30-jährigen Bestehen am Freitagabend im "Diversity Café" an der Blumenstraße, einem Jugend-Treffpunkt der Community. Inhaltlich stehe die Rosa Liste den Grünen am nächsten, weshalb sie die Bürgermeister-Kandidatur Katrin Habenschadens (Grüne) unterstütze. "Aber wir machen auch keinen Wahlkampf gegen Dieter Reiter", denn der setze die weltoffene, aufgeschlossene Politik des früheren SPD-Oberbürgermeisters Christian Ude fort und zeige Wertschätzung für die LGBTI-Gemeinde, so Niederbühl. Allerdings mischt sich in den Jubel über das Erreichte auch einige Skepsis, ob es im März für Grün-Rot-Rosa überhaupt reichen könnte.

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Wie sich überhaupt zum Stolz auf Errungenschaften immer auch Sorge und Vorsicht gesellen. Seit 2017 gibt es die Ehe für gleichgeschlechtliche Partner - lange gefordert von der Rosa Liste - es gibt die ausgezeichnete Infrastruktur für Schwule und Lesben in München bis hin zu einer städtischen Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensformen. Aber, so heißt es im Wahlprogramm der Rosa Liste: "Je lesben-, schwulen-, trans*- und inter*-freundlicher das Klima in der Stadt einerseits wird, desto mehr versuchen uns andererseits starke Strömungen der neuen Rechten in Politik und Gesellschaft in Grenzen zu verweisen." Von dort drohe neuerliche Diskriminierung.

Dennoch hat Thomas Niederbühl die Geburtstags-Himbeersahnetorte zusammen mit seinen 1989er-Weggefährten Bernd Müller und Albrecht Müller mit einem sehr zufriedenen Blick angeschnitten: "Wir blicken auf 30 Jahre unglaubliche Erfolgsgeschichte, wir haben die beste städtisch finanzierte Infrastruktur für die LGBTI-Szene, die es in der ganzen Republik gibt", und es sei viel für diskriminierungsfreie Gleichberechtigung und Teilhabe erreicht. Es gebe das Jugendzentrum "Diversity", die Schwulen-Beratungsstelle Sub, die Lesben-Beratungsstelle LeTra, Projekte in der "rosa Altenarbeit", eine Trans*Inter*Beratungsstelle, und in der Müllerstraße entstehe ein neues Lesbenzentrum.

Aber das sei alles hart erkämpft, ergänzte Stadtratskandidatin Stephanie Gerlach, und es müsse weiter darum gekämpft werden, dass das alles Bestand habe. Eine starke Vertretung im Bezirksausschuss 2 (Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt) mit insgesamt drei Sitzen und Andreas Klose (Rosa Liste) als BA-Vorsitzendem war dafür bisher ebenso die Basis wie Thomas Niederbühls Stadtratsmandat. Für März kandidieren Niederbühl und Klose auf den ersten beiden Plätzen, gefolgt von Wolfgang Scheel, Michael Behrendt, Marion Hölczl, Stephanie Gerlach und Sabine Holm.

Beim Rückblick auf die Erfolgsgeschichte der Rosa Liste erinnerten einige auch an die Achtzigerjahre, an die "Aids-Krise"zu Zeiten von Innenstaatssekretär Peter Gauweiler (CSU), an Razzien und Diskriminierung durch die Polizei, die heimlich "rosa Listen" über Homosexuelle führte. Homophobe Übergriffe gebe es leider immer noch, aber München sei jetzt, drei Jahrzehnte später, ungleich liberaler. Diese Münchner Vielfalt mit Gleichberechtigung für queere und andere Minderheiten will die Rosa Liste verteidigen.

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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