München:Rollen statt reden

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Ob mit Skateboards, BMX-Rädern oder Scootern: Im Waldperlacher Skate-Park verstehen sich die Jugendlichen auch ohne viele Worte. Was zählt, sind riskante Sprünge und raffinierte Kunststücke

Von Corbinian Wildmeister

Der Frühling zeigt sich in den ersten Tagen der Osterferien kurz von seiner besten Seite. Die Sonne strahlt, und die jungen Besucher der Skate-Anlage "Im Gefilde" in Waldperlach stürzen sich waghalsig in den wellenförmigen Beton-Pool. Kein Wunder, dass da kaum Zeit zum Reden bleibt. Kommuniziert wird hier und in dieser Altersklasse vor allem nonverbal. Wer die riskanteren Sprünge und raffinierteren Kunststücke beherrscht, beweist sein Können und genießt die Anerkennung der anderen. Die Jüngsten sind gerade mal zwölf Jahre alt - an Mut mangelt es ihnen deswegen aber nicht. Mit hoher Geschwindigkeit surfen sie, ganz wie die Älteren, auf ihren Skateboards, BMX-Rädern und Scootern - für Außenstehende verwegen anzusehen - durch die mit Graffiti verzierte Bahn. Auf ein gewisses Maß an Sicherheit wird dennoch nicht verzichtet, fast alle tragen einen Helm.

Nicht alle, die dort auf Rollen unterwegs sind, kennen sich, viele begegnen sich zum ersten Mal. Doch durch die gemeinsame Leidenschaft fürs Tempo und Artistik kommen alle schnell miteinander in Kontakt. "Heute bin ich erst zum zweiten Mal hier", erzählt Moritz; außer seinem Freund Max, der mitgekommen ist, kennt er kaum jemanden, der wie er Skateboard fährt: "Die meisten fahren Longboard oder Scooter." Regelmäßig wechseln sich Max und Moritz an Skateboard und Roller ab - und haben beides gekonnt im Griff.

Der Skate-Park in Waldperlach liegt hinter einer Lärmschutzwand direkt an der Putzbrunner Straße. 2011 wurde die Anlage im Auftrag des Baureferates errichtet und ist heute einer von 34 Skate-Plätzen in München. Bei der Planung des Geländes hatte die Stadt gezielt das Gespräch mit der Skater-Szene gesucht, um ihren besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden - sicherlich ist auch das ein Grund dafür, warum diese "Flow-Anlage" auch nach Jahren immer noch so beliebt ist.

Minh Tran gehört zu den ältesten, die an diesem sonnigen Nachmittag den Skate-Park im Münchner Südosten besuchen. Seit zwei Jahren kommt der 23-Jährige regelmäßig: "Die Anlage im Gefilde ist schon so etwas wie die Heimat der Skater aus der Umgebung. Bei gutem Wetter kommen am Wochenende rund 20 bis 30 Leute an den Skate-Platz. Manche schauen dann auch nur zu und unterhalten sich."

Doch an diesem Tag ist Minh nicht zum Skaten da. Er sammelt mit seinem Tablet-PC Unterschriften für eine Online-Petition. Zusammen mit der Initiative "Young City Movements", einer Gruppe junger Erwachsener aus dem Umfeld des nahegelegenen Kinder- und Jugendtreffs "Come In", setzt er sich dafür ein, dass die Skateanlage "Im Gefilde" zukünftig am Abend ausgeleuchtet wird - dann könnte das Gelände auch genutzt werden, wenn es längst dunkel ist. Vor allem im Herbst und Frühjahr, wenn die Sonne früh untergeht, ist das für viele ein Problem. Unter dem Titel "Light at Skatenight" hatte die Gruppe schon zweimal für Licht in den Abendstunden gesorgt. Die Aktion mit einer mobilen Flutlichtanlage habe gezeigt, dass großer Bedarf für eine Ausleuchtung des Geländes bestehe.

Auch der 16 Jahre alte Kim Hagman war bei diesen beiden Aktionstagen dabei und will die Petition nun gerne unterstützen. Er wohnt in Neubiberg, gerade mal zehn Minuten von der Anlage entfernt, und kommt oft mit seinen Freunden her. "Dieser Park ist besonders beliebt bei Scooter-Fahrern, denn wegen der vielen Rundungen kann man mit dem Roller nirgendwo hängen bleiben", beschreibt der Jugendliche den Reiz.

Von Seiten der meist etwas älteren Skateboarder kommt es, so erzählt Kim, allerdings häufig zu Anfeindungen gegen die Roller-Fraktion. Er selbst versteht sich zwar gut mit ihnen - er ist früher selbst geskatet -, aber das Phänomen kennt er auch von anderen Orten; eine Erfahrung, die die anderen Anwesenden ebenfalls immer wieder gemacht haben. Sogar im Internet ist der Streit ein Thema.

"Ganz geil aber viele Scooter kids", schreibt ein Nutzer als Rezension auf der Internetplattform Google, die Rechtschreibung hoffentlich nur in der Eile ignorierend. Heikel ist die Lage auch, weil ein Schild am Eingang die Nutzung der Anlage mit dem Roller eigentlich verbietet. Ein Verbot, das offenbar nicht eingehalten wird. Doch das ist nur kurz Gesprächsthema an diesem Nachmittag. Vielmehr geht es wieder um den Sport - und die Kommunikation durch rasante Bewegung.

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© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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