Ein SZ-Kostenprobenkritiker hatte die Speisekarte in dem Lokal in der Löwengrube mal als "orientalische Gemischtwaren" bezeichnet. Was in der Küche des vegetarischen Restaurants Kismet bei einer Lebensmittelkontrolle so kreuchte und fleuchte, das dürften die Gäste mit eher gemischten Gefühlen registrieren: Laut einem Strafbefehl gegen Gastronomin Sandra Forster huschten Kakerlaken hinter der Kühltruhe, die Böden waren mit Mäusekot verunreinigt, ein schimmelähnlicher Befall lag an der Eiswürfelmaschine und einiges mehr. Wegen Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz muss die 49-Jährige, die als alleinige Geschäftsführerin fungiert, nun 3200 Euro Strafe zahlen.
Staatsanwalt Johannes Füßl verliest vor dem Amtsgericht den mehrseitigen Strafbefehl gegen Sandra Forster und begleitet jeden einzelnen Punkt mit dem Satz: "Hätten normal empfindliche Verbraucher und Verbraucherinnen Kenntnis über den hygienischen Zustand der Betriebsstätte, würden diese mit Ekel und Widerwillen reagieren." Im Lager- und Vorbereitungsraum etwa stand eine Eiswürfelmaschine, die im Innenbereich "massiv durch schimmelähnliche Beläge verunreinigt war".
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Der Mäusekot zog sich durch den Lagerraum, einen Nebenraum mit Tiefkühltruhe, wo sich Kakerlaken eingenistet hatten. Sogar in der Schmutzwäsche fanden die Kontrolleure Mäusehinterlassenschaften. Im Kühlraum, wo offene Lebensmittel lagerten, waren Decke sowie Ventilatorengitter mit einem "schimmelähnlichen Belag" verunreinigt. Und im Lagerraum mit Hebeanlage stand das Wasser "und es war ein starker Geruch nach Fäkalien im Keller wahrnehmbar", so Staatsanwalt Füßl. An der Theke fand sich ein Schneidebrett mit verfärbten Ritzen, durch die Ablagerungen darin hätten Lebensmittel kontaminiert werden können. Und auch im großen Gastraum müssen die Gäste laut dem Protokoll Besuch von kleinen Nagern gehabt haben.
"Das ist doch amtsbekannt, dass es in der Innenstadt ein massives Mäuse- und Rattenproblem gibt", sagt Andreas Müller, der Anwalt der Gastronomin. Sandra Forster selbst wurde vom persönlichen Erscheinen entbunden. Ihr war - nach etlichen Bußgeldbescheiden vorab - nach einer Kontrolle im Februar 2023 ein Strafbefehl übersandt worden. Darin hatte die Staatsanwaltschaft 80 Tagessätze zu je 40 Euro festgelegt. Forster legte Einspruch dagegen ein, deshalb kam es nun zur Verhandlung vor Gericht.
Anwalt Müller versucht noch, die Beanstandungen zu relativieren. Seit 2018 würde regelmäßig der Kammerjäger kommen, "aber das mit den Mäusen ist in der Innenstadt ein Kampf gegen Windmühlen". Kakerlaken könnten auch mal mit Frischware eingeschleppt werden, und ob das an der Eismaschine nun tatsächlich gefährlicher Schimmel war . . . Seine Mandantin wolle keinen Freispruch, "den kann es nicht geben". Aber eine Einstellung gegen Geldauflage.
Sandra Forster betreibt in München das Blitz, ein Restaurant mit Club auf der Museumsinsel, Bar und Restaurant Charlie sowie das Ausbildungsrestaurant Roeckl. Ihr Einkommen hat die Staatsanwaltschaft - auch coronabedingt - rückwirkend auf 1200 Euro netto im Monat geschätzt. "Das ist schon sehr defensiv", sagt Füßl. Außerdem müsse man die Häufigkeit der Bußgeldbescheide sehen - und das Bild an Verunreinigungen, "das zieht sich durch sämtliche Räume". Wieso, fragt der Staatsanwalt, "wird der Mäusekot nicht täglich beseitigt?"
Am Ende zieht Anwalt Müller den Einspruch zurück. Somit ist der Strafbefehl rechtskräftig.