Sanierung nicht vor 2023:Glasetagen ohne Kuschelaufsatz

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Verbindung aus Alt und Neu: der Entwurf für die Sanierung des alten Moosacher Bahnhofsgebäudes. (Foto: Visualisierung: Grauwald/Stenger 2 Architekten und Partner)

Dem Umbau des ehemaligen Bahnhofsgebäudes in Moosach steht nichts mehr im Weg. Die Stadtgestaltungskommission stimmt den Plänen zu. Für den Bezirksausschuss verliert der Bau damit aber seinen geschichtsträchtigen Kontext.

Von Anita Naujokat

Es ist der Versuch, das Alte mit dem Neuen zu verbinden. Nach dem abgelaufenen Vorbescheid von 2015 und zwischenzeitlichen Anpassungen hält die Stadtgestaltungskommission den neuen Entwurf zum Umbau des ehemaligen Bahnhofsgebäudes in Moosach einhellig für gelungen. Im Moosacher Bezirksausschuss stieß auch dieser Vorschlag indes auf Ablehnung. Der Bauantrag sieht nun vor, das Satteldach abzutragen und das dreigeschossige Haus durch zwei zusätzliche, industriell anmutende gläserne Etagen für Büro- und Verwaltungsnutzung zu ergänzen.

Der Wohnungsbestand im ersten und zweiten Stock soll unangetastet bleiben, ebenso der Kiosk im Erdgeschoss und, zumindest mittelfristig, das noch von der Bahn aktiv betriebene Stellwerk im Inneren an der Gleisseite. In der ehemaligen Schalterhalle will sich die Bauherrin, die M Capital GmbH, ein Büro einrichten. An der Westseite ist ein Außenaufzug vorgesehen. Auch die ursprüngliche Ziegelfassade, die die Eigentümerin wieder aus dem Putz hervorholen ließ, soll erhalten bleiben.

1892 entstanden, ist das Gebäude mit der Adresse Bunzlauer Straße 1 zwar kein Denkmal, aber eng mit der Geschichte und Entwicklung des Stadtteils Moosach verbunden. Erst durch die Bahn, die das Gebäude 2007 verkaufte, siedelten sich Firmen wie Rathgeber an. Einst der einzige mehrgeschossige Solitär weit und breit, hat es diese Funktion durch Neubauten rechts und links längst verloren. In den Neunzigerjahren noch maßstabsbildend für den Ort, sei er nur mehr ein kleines Fragment zwischen dem Einkaufszentrum Meile Moosach, dem Harry's-Home-Hotel und dem Leto Motel. Dadurch habe das Gebäude eine komplette Umkehr des Maßstabs erfahren, sagte Entwurfsplaner Markus Stenger vom Münchner Büro Stenger 2 Architekten und Partner. Jetzt erhalte es eine neue Wertigkeit, die auch einen Erkennungseffekt habe.

Der alte Bahnhof Moosach ist ein bekanntes Gebäude im Viertel. (Foto: Corinna Guthknecht)

Ganz anders sieht das der Bezirksausschuss, der bereits in der Vergangenheit alle Pläne abgelehnt hatte. Auch wenn sich das Umfeld geändert habe, sei es noch das einzig übriggebliebene Gebäude einer bedeutenden Vergangenheit, sagte der Vorsitzende Wolfgang Kuhn (SPD). Das Lokalgremium vermisse einen adäquaten Umgang mit dem geschichtsträchtigen Gebäude, weil es durch die Aufstockung seine Gestalt verlöre. Zusammen mit der denkmalgeschützten Rathgeber-Villa und der südlichen Bahnhofsgaststätte bilde es einen Dreiklang, der historisch belegt sei. Dann könne man es auch gleich abreißen und ersetzen lassen.

Einen Abriss aber wollte die Stadtgestaltungskommission nicht einmal in Erwägung ziehen. Im Gegenteil. Die ortsansässige Stadträtin Julia Schönfeld-Knor (SPD) äußerte sich über den Entwurf "sehr begeistert". Entstanden sei ein "supergut überarbeitetes Spannungsfeld", das Gebäude gewinne wieder seinen Solitär-Charakter zurück. Architekt Peter Brückner sprach von einer "superschönen Lösung", die ortsbildprägend und als "historische Intarsie" noch ablesbar sei. Heimatpfleger Bernhard Landbrecht sieht in den Plänen "eine enorme Steigerung des Bestandes" und einen zukunftsfähigen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit.

Eine "Zangengeburt", aber mit fast "poetischer Qualität"

Der Anregung von Stadträtin Brigitte Wolf (Linke), auch im vierten Obergeschoss auf Ziegel zu setzen, widersprach Architekt Christoph Sattler. Der Reiz liege doch auch im Spannungsverhältnis und der Widersprüchlichkeit. So habe es fast "poetische Qualität". Und laut dem planenden Architekten Stenger könne kein "Kuschelaufsatz" draufgesattelt werden: Die Ergänzung "muss elementare Kraft haben". Er versicherte am Dienstag, noch einmal die Hand zum Bezirksausschuss ausstrecken zu wollen - auch was die Nutzung angehe.

Cornelius Mager, Chef der Münchner Lokalbaukommission (LBK), die das Projekt schon immer für genehmigungsfähig gehalten hatte, fiel ein Stein vom Herzen. "Das war eine Zangengeburt", seufzte er. Mit dem Umbau, dem nach dem zustimmenden Votum der Kommission nun auch die LBK zustimmen dürfte, ist frühestens im kommenden Jahr zu rechnen.

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