München:1500 Lastwagen pro Stunde

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Auf der A 99 häufen sich die Umfälle mit Lkw. Die Polizei nennt als häufigste Ursache rücksichtsloses Fahren

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Sechs Unfälle in den vergangenen zwei Wochen, sechs Mal fast die gleiche Meldung: Lastwagen prallen auf der A 99 am Stauende in einen anderen Lkw. Mal bei Ottobrunn, mal bei Kirchheim, das letzte Mal bei Grasbrunn, am Donnerstagnachmittag. Ein Kleintransporter fährt ungebremst auf einen Sattelzug. Der Fahrer wird so schwer eingeklemmt und verletzt, dass er noch am Unfallort stirbt. Wo liegen die Ursachen für die vielen Lkw-Unfälle auf der A 99?

"Natürlich treibt einen das um", sagt Johann Schmid, der bei der Autobahndirektion Südbayern die Abteilung Betrieb und Verkehr leitet. Der achtspurige Ausbau der A 99 sei eine Extremsituation. Trotzdem seien viele Verkehrsteilnehmer uneinsichtig, gerade bei den Lastwagenfahrern sei die Aufmerksamkeit oft nicht so, wie sie sein sollte, sagt Schmid. "Wir stellen schon so viele Schilder hin wie möglich - irgendwann sind einem die Hände gebunden." Aus seiner Sicht ereignen sich die Unfälle jedenfalls nicht, weil die Baustelle zu schlecht gemanagt oder unzureichend beschildert werde. Schließlich hätten sich die Unfälle immer an anderen Stellen auf der Zulaufstrecke zur Baustelle hin ereignet - entweder weil das Stauende übersehen oder das Überholverbot missachtet wurde. Dieses aufzuheben, würde aus Schmids Sicht nichts ändern. Vielmehr sei es nötig, um bei einem Notfall eine Rettungsgasse bilden zu können. "Das Problem ist, dass in dem Bereich zu viele Lkw fahren - deshalb baut man die Autobahn ja auch aus."

Ähnlich sieht das Richard Kutscherauer, der die Autobahnpolizei in Hohenbrunn leitet. Die Unfälle, sagt er, hätten die Lastwagenfahrer jedes Mal selbst verschuldet und sie hätten so auch woanders passieren können. Dass es auf der A 99 im Osten von München häufiger zu Unfällen kommt als anderswo, liegt ihm zufolge daran, dass dort die Verkehrsbelastung besonders hoch ist. Pro Stunde würden teilweise bis zu 1500 Lastwagen über die Autobahn fahren, an manchen Tagen bis zu 9000 in eine Fahrtrichtung. Das sei eine massive Belastung. Zum Vergleich führt der Hauptkommissar Österreich an: Dort würden im Schnitt nur 250 bis 300 Lkw in der Stunde über die Autobahnen fahren. "Je weniger Verkehr es gibt, desto flüssiger kann er fließen und desto weniger Unfälle gibt es."

Ein Problem sei, dass die Lastwagenfahrer das Überholverbot häufig nicht einhielten und sich dann, wenn sich die Fahrspuren verengten, doch auf die rechte Spur drängten - was wiederum zu noch mehr Stau führe. Der Verkehr, so Kutscherauer, würde flüssiger laufen, wenn sich alle an die Regeln hielten. Weil das nicht passiere, setzen er und sein Team verstärkt auf Kontrollen. Drei bis vier Streifen seien an drei Tagen in der Woche nur damit beschäftigt, Verstöße gegen das Überholverbot zu verfolgen. Kollegen aus Erding unterstützen dabei, weil sein eigenes Personal nicht ausreiche. Überhaupt sei der geringe Personalstand ein Problem. 35 Polizisten arbeiten in seiner Dienststelle, 50 waren es mal. Dabei gebe es immer mehr Verkehr und Unfälle. 2017 seien es 40 Prozent mehr als im Durchschnitt der zehn Jahre zuvor gewesen.

Auch Robert Paul, Kommandant der Hohenbrunner Feuerwehr, die am Donnerstag im Einsatz war, glaubt nicht, dass die Unfälle hätten vermieden werden können. "Bei den vielen Staus müssen die Fahrer einfach noch aufmerksamer sein", sagt er.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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