Kommunalwahl in München:Wie der Job, so die Partei

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Wer in den Stadtrat kommt, entscheidet sich am 15. März. (Foto: Florian Peljak)

Lokführer, Barkeeper, ein ehemaliger Tierparkdirektor und ganz viel Nachhaltigkeit: Die Berufsangaben der Stadtratskandidaten sind vielfältig - und passen auffällig gut zur jeweiligen politischen Zugehörigkeit.

Von Dominik Hutter, München

Wohl dem, der sich mit einer prägnanten Berufsbezeichnung schmücken darf. Fachreferent Medizinalcannabis beispielsweise - Micha Greif kandidiert auf Platz 42 der grünen Stadtratsliste. Marina Lessig, SPD-Kandidatin auf Rang 40, ist Hochzeitsrednerin. Aber auch einen Barkeeper, einen Baggerfahrer, einen stellvertretenden Tierparkdirektor im Ruhestand, einen Lokomotivführer und einen Landesdirektor a. D. zieht es ins Münchner Rathaus.

Berufe sind ganz wichtig bei der Auswahl der Kreuzchen, das ist bekannt - und so wird aus einem grünbewegten Ingenieur ganz schnell ein Umweltingenieur, der Journalist spezialisiert sich als Umweltjournalist. Eine Imkerin ist natürlich nicht einfach eine stinknormale Imkerin, sondern Bio-Imkerin. Und wem Versicherungsangestellter oder Bankberater nicht passt, nennt sich eben Aktuar - das ist jemand, der finanzielle Risiken bei Versicherungen, Geldanlagen und Bausparverträgen berechnet.

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Mangelnde berufliche Vielfalt kann man dem Kandidatenfeld für die Münchner Stadtratswahl nicht vorwerfen. Speziell die Grünen fallen dabei auf: Es gibt mit Sibylle Stöhr, der Bezirksausschuss-Chefin der Schwanthalerhöhe, eine Bergwanderführerin, Mona Fuchs ist Klimaschutzkoordinatorin, Beppo Brem Nachhaltigkeitsmanager und René Hanschke Nachhaltigkeitsberater. Falsch ist das zumeist nicht, das Kreisverwaltungsreferat prüft die Angaben durchaus nach. Nur fällt halt schon sehr auf, wie perfekt die Berufsangaben oft zur Partei passen.

Oft decken die Angaben einfach nur einen Teil der ausgeübten Tätigkeiten ab. Oder eine Ausbildung. Der Krankenpfleger David Süß etwa, Platz 36 der Grünen-Liste, dürfte vielen Münchnern eher als Betreiber des Clubs "Harry Klein" bekannt sein. Der Nachhaltigkeitsmanager Beppo Brem (Platz 22) ist im Hauptberuf im Controlling der Olympiapark GmbH für die European Championships beschäftigt und dort für Personal, Verwaltung, Finanzen und eben Nachhaltigkeit zuständig. Obendrein ist er Kreischef im Bayerischen Landessportverband und war früher Vorsitzender der Münchner Grünen.

Auf den Listen verbergen sich übrigens gleich mehrere, teils auch noch amtierende Parteivordere: Die Studentin Jamila Schäfer, gut versteckt auf Platz 73, ist trotz ihrer erst 26 Jahre stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen. Der Rechtsanwalt Fritz Roth ist Vorsitzender des FDP-Stadtverbands München (Rang 3) und der Solarunternehmer Thomas Prudlo (Platz 30) München-Chef der ÖDP. Der Rechtsanwalt Jerzy Montag (Position 76) war von 1998 bis 2002 Landeschef der Grünen und bis 2013 Bundestagsabgeordneter.

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Beim Hausarzt Stephan Pilsinger (Platz 58 bei der CSU) steht zusätzlich MdB auf dem Stimmzettel, er ist aktuell Bundestagsabgeordneter. Wie auch Daniel Föst (FDP, Platz 23), bei dem die Parlamentstätigkeit auch die Berufsangabe ist. Explizit als Landtagsabgeordnete ausgezeichnet sind der frühere Bürgermeister Hep Monatzeder (Platz 66 bei den Grünen), die Sozialpädagogin Gülseren Demirel (Platz 69 bei den Grünen) und Julika Sandt (FDP, Platz 33).

Bei vielen von diesen Kandidaten, speziell denen auf den hinteren Plätzen, kann man getrost davon ausgehen, dass sich ihr Interesse für einen Wechsel in den Stadtrat in Grenzen hält. Monatzeder und Demirel etwa sind erst nach der Landtagswahl 2018 freiwillig aus dem Rathaus ausgeschieden. Hildebrecht Braun (FDP, Platz 46) war bereits von 1988 bis 1994 Stadtrat in München (danach Bundestagsabgeordneter bis 2002), Mechthild von Walter saß bis Ende 2009 bereits für die ÖDP im Rathaus (Listenplatz 75). Joachim Lorenz, auf Rang 50 der Grünen-Liste, ging 2015 als städtischer Referent für Umwelt und Gesundheit in den Ruhestand - er war erstmals 1984 mit der ersten Grünen-Fraktion ins Rathaus eingezogen.

Interessant ist auch, wer nicht auf den Listen steht: Wolfgang Wiehle, der Oberbürgermeisterkandidat der AfD, hat offenkundig keine allzu ausgeprägten kommunalpolitischen Ambitionen, er taucht gar nicht erst auf der Liste seiner Partei auf. Der Bundestagsabgeordnete (seit 2017) war bis 2002 im Münchner Stadtrat, damals noch für die CSU.

Manche Kandidaten sind 1935 geboren - andere erst 66 Jahre später

Auch vom Alter her bieten die Kandidatenlisten ein breites Spektrum - zwischen dem Geburtsjahr des ältesten und dem der jüngsten Kandidaten liegen 66 Jahre. Diverse Stadtratskandidaten wurden noch in den 1930er Jahren geboren. Listen-Senior ist der für die FDP auf Rang 65 kandidierende Unternehmer Joachim-Alexander Güthe, der Jahrgang 1935 ist. Gefolgt vom Stadtplaner Chellaney Bhagwandas (Geburtsjahr 1936, Platz 79 bei der SPD).

Der jüngste Jahrgang, der zur Wahl steht, ist 2001. Ihm gehören an: Der Student Değer Baran (Platz 74 Freie Wähler), die Auszubildende Nina Reinhardstätter (Platz 76 Freie Wähler), der Auszubildende Pamuk Tamer (Platz 19 Fair), die Studentin Isabella Regler (Platz 33 München-Liste) und der Schüler Manuel Niederer (Platz 7 Volt). Es entspricht dem Klischee, dass bei Volt und der Spaßpartei "Die Partei" besonders viele jüngere Kandidaten auftauchen, während die Bayernpartei wie auch die rechtsradikale Bürgerinitiative Ausländerstopp eine größere Kandidaten-Auswahl aus den 1940er Jahren bieten.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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