Trotz hoher Austrittszahlen:Katholische Kirche erzielt zweistelligen Millionen-Gewinn

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Die Erzdiözese München und Freising ist eine der reichsten im ganzen Land. (Foto: Stephan Rumpf)

Obwohl immer weniger Menschen Kirchensteuer zahlen, erwirtschaftet die Münchner Erzdiözese einen deutlichen Überschuss. Wie kann das sein?

Von Andrea Schlaier

Der katholischen Kirche laufen die Schäfchen in Scharen davon - und das nicht erst seit der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens im Januar. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs gehen an ihr nicht spurlos vorüber. Und trotzdem: Gegen alle Erwartungen hat die Erzdiözese München und Freising im Haushaltsjahr 2021 einen Überschuss erwirtschaftet. Statt der zunächst befürchteten zwölf Millionen Euro Miese, stehen nun unterm Strich 17 Millionen Euro auf der Guthaben-Seite.

Das war bei der Präsentation des Geschäftsberichts am Donnerstag gleichwohl kein Anlass zum Übermut für Stephanie Herrmann, Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats: "Auch wenn die Einnahmen im vergangenen Jahr noch nicht in dem Maß zurückgegangen sind, wie wir erwartet haben, müssen und wollen wir uns mit den veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die ja deutlich wahrnehmbar sind, auseinandersetzen."

Stephanie Herrmann, Amtschefin der Erzdiözese München und Freising, spricht bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahresabschlusses 2021 und des Haushalts 2022. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Die Überraschung auch für den Erzbischöflichen Finanzdirektor Markus Reif: Trotz hoher Austrittszahlen sind die Einnahmen bei der Kirchensteuer mit 647 Millionen Euro 2021 fast genauso hoch wie noch im Jahr zuvor. Woran das liegt? "Das kann man nicht wirklich erklären", sagt Reif. Am ehesten noch damit, dass viele Menschen hier "offensichtlich gut verdient haben". Die Kirchensteuer ist an die Höhe der Lohn- und Einkommenssteuer gekoppelt. Traditionell ist dieser Einnahmeposten die tragende Säule im Haushalt der Diözese.

Insgesamt hat die Erzdiözese im vergangenen Jahr 884 Millionen Euro (2020: 864 Millionen) eingenommen. 130 Millionen davon stammen aus öffentlichen Zuschüssen, allein 63 Millionen überweist der Staat für den Betrieb von kirchlichen Schulen, 13 Millionen für den Religionsunterricht an staatlichen Schulen. Auch diese Quelle wird voraussichtlich nicht gleichbleibend weiter sprudeln. "Wir sind natürlich bereit für Ablösungen", sagt Reif und verweist auf die Pläne der Ampel-Koalition, noch in dieser Legislaturperiode neue Rahmenbedingungen für diesen Finanztransfer zu schaffen.

Der Erzbischöfliche Finanzdirektor Markus Reif. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Größter Brocken bei den Ausgaben der Erzdiözese ist auch 2021 das Personal. Von insgesamt 871 Millionen Euro Kosten entfielen 335 Millionen auf die Beschäftigten (2020: knapp 342 Millionen). "Seelsorge und Bildung", erklärt Reif, "sind personalintensive Bereiche." Ein Personalabbauprogramm um Geld zu sparen gebe es bisher aber nicht, so Amtschefin Herrmann. Allerdings prüfe eine Kommission, welche vakanten Stellen tatsächlich erneut besetzt werden müssten.

Die Bilanzsumme lag Ende 2021 bei rund 3,75 Milliarden Euro, 30 Millionen mehr als noch im Jahr zuvor. Das Vermögen der Erzdiözese, eine der reichsten im ganzen Land, umfasst Sachanlagen im Wert von 1,47 Milliarden Euro. Den Löwenanteil mit 1,1 Milliarden Euro machen dabei Grundstücke aus, bebaute und unbebaute. Die Kirche besitzt zudem Finanzanlagen, diese seien allerdings um gut 50 Millionen Euro gesunken auf nun 1,39 Milliarden.

Auch wenn das vergangene Jahr überraschend gut lief, die Aussicht auf den laufenden Haushalt 2022 trägt andere Vorzeichen: "Hier gibt es ganz klar eine negative Entwicklung", sagt Reif. Man rechne mit einem Verlust von 32 Millionen Euro. Kalkuliert wird mit rund 25 Millionen Euro weniger Einnahmen durch die Kirchensteuer und höheren Kosten durch die Inflation. Herrmann verweist zudem auf "massive Kostensteigerungen im Bauunterhalt". 2022 fließt viel Geld in die Umgestaltung des Diözesanmuseums am Domberg in Freising (9,1 Millionen), den Neubau der Franziskus-Grundschule in Haidhausen (7,6 Millionen) und den Neubau eines Mietwohnhauses in der Hiltenspergerstraße in München (6,3 Millionen).

Die Erzdiözese will die finanziell immer angespanntere Situation durch einen "Gesamtstrategieprozess" in den Griff kriegen und bestimmte kirchliche Angebote im Zweifel auch streichen. Es sei noch nicht klar, welche das seien, sagt Herrmann. Auch der Verzicht auf Immobilien - etwa 7000 sind im Besitz der Erzdiözese - steht im Raum. Welche das sind, werde noch untersucht. Für die Umnutzung sakraler Gebäude sei man ohnehin offen.

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