Gerade erst knapp 100 Tage ist Angela Merkel nicht mehr im Amt, nach der längsten Kanzlerschaft in der Geschichte der Republik. Und doch kommt es einem angesichts der aktuellen Ereignisse wie Jahre vor. Keine idealen Ausgangsbedingungen also für André Hartmann und Annett Siegmund, der Abgetretenen im Hofspielhaus ein satirisches "Good Bye Angie!" nachzurufen und an die, wie es im Untertitel heißt, "Schicksalsjahre einer Kanzlerin" zu erinnern. Dafür zogen sich die beiden allerdings nicht schlecht aus der Affäre.
Wobei man vorausschicken sollte, dass das Duo eigentlich ein Trio ist. Denn die Songs und Texte entstehen im Zusammenspiel mit Fritz Tiller, hauptberuflich Virologe, nebenberuflich Pianist, Komponist und Leiter der Jazzreihe im Hofspielhaus. Wer auch immer die Idee hatte, es ist es jedenfalls clever, das Ganze nicht als Merkel-Revue zu starten, sondern als Probe eines erst noch zu entwickelnden Programms. Das erzeugt eine zweite Ebene, auf der man die Problematik des Unterfangens verhandeln kann. Und so werden "ganz spontan" Lieder erfunden wie etwa der am Schluss wieder aufgegriffene signature song "Angela", sinnigerweise zur Melodie von ABBAs "Waterloo". Oder der "CDU-Tango", natürlich über den klassischen "Kriminaltango" gelegt.
Weniger chronologisch als thematisch rollt die Karriere der Alt-Kanzlerin nochmal ab, von "Kohls Mädchen" über Finanzkrise und "Schicksalsjahr" 2015 bis zu Corona und dem Abgang mit "Für mich soll's rote Rosen regnen". Zwischendurch darf Hartmann seine Lust am Parodieren ausleben, von Schröder bis Söder, und Siegmund bleibt eher noch eine neutrale Stichwortgeberin. Erst direkt vor der Pause, auch das ein cleverer Kniff, wird beschlossen, dass sie fortan macht, was sie so perfekt beherrscht: die Merkel geben.
Entsprechend ausstaffiert, mit dem typischen Singsang und jetzt natürlich mit Raute kommen nun klassische Merkel-Reden, die Adaption von Tim Bendzkos "Muss nur kurz die Welt retten" und Menschelndes von Udo Waltz bis Ehemann Joachim Sauer. An Musik, Mimik und Texten gibt es wenig auszusetzen, das Ganze ist ein Riesenspaß. Nur als Hardcore-Kabarettgänger könnte man einwenden, dass Merkel in einem allzu warmen Licht gezeichnet wird. Vielleicht liegt es an der dramatisch beschleunigten Zeitgeschichte, dass auch bei Merkel so kurz nach ihrem Abgang der Nostalgie-Effekt eingesetzt hat, der schon die problematischen Seiten der Kanzlerschaften eines Konrad Adenauer, Helmut Kohl und selbst eines Helmut Schmid recht schnell (und bis heute) überdeckte.
Weitere Vorstellungen am 27. März, am 3., 7., 28. und 29. April sowie am 5. Mai.