Isar:Stadtrat erlaubt das Sonnen oben ohne

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An heißen Sommertagen wie in dieser Woche herrscht an der Isar Hochbetrieb. Ob die Münchner sich bald auch auf Flößen im Fluss sonnen können, lässt die Stadt prüfen. (Foto: Alexander Pohl/imago)
  • Der Stadtrat will eine Variante des Isarflussbades prüfen, bei der dreieckige Flöße ins Wasser gelassen werden sollen.
  • Diese Variante gilt laut ihren Erfindern als vergleichsweise günstig: 1,2 Millionen statt der 36 Millionen für ein "richtiges" Flussbad.
  • Außerdem beschließt der Stadtrat, Frauen nun ausdrücklich zu erlauben, sich an der Isar oben ohne zu sonnen.

Von Dominik Hutter

Eintauchen in die Isar - das machen viele Leute jetzt schon, ganz ohne Bademeister oder Strandkiosk. Ob sie das auch noch per Hechtsprung von einem Floß aus tun können, soll die Verwaltung nun zumindest prüfen. Die Vollversammlung des Stadtrats sprach sich am Mittwoch mehrheitlich für einen Antrag der FDP aus, die vom Verein "Isarlust" mit seinem Vorsitzenden Benjamin David und dem Sportverein MTV München vorgeschlagenen "River Islands" genauer unter die Lupe zu nehmen.

Es geht um dreieckige, jeweils 150 Quadratmeter große Flöße, die auf Höhe des Deutschen Museums ins Wasser gelassen werden sollen. Diese Variante gilt laut ihren Erfindern als vergleichsweise günstig: 1,2 Millionen statt der 36 Millionen für ein "richtiges" Flussbad.

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Die FDP verhinderte damit, dass das heftig umstrittene Isarflussbad abschließend aus den Planungen verschwindet. Denn im zuständigen Fachausschuss vor einigen Wochen war das Bad durch ein Versehen der Grünen aus den Umgestaltungsplänen für den nördlichen Abschnitt der Isar gekegelt worden. Der Beschluss musste aber noch vom Plenum bestätigt werden, und die FDP nutzte dies, die bisher gar nicht offiziell im Rathaus aufgeschlagenen Floß-Pläne in die Büros der Verwaltung einzubringen.

FDP-Fraktionschef Michael Mattar, der Millionenkosten für ein nur wenige Wochen nutzbares Flussbad verhindern will, ist "weiterhin skeptisch", erklärte er am Rande der Stadtratssitzung. Man könne auch immer noch Nein sagen. Aber prüfen lasse wolle man das Ganze schon. CSU, Grüne und Rosa Liste sahen das genau so.

Ganz anders der Rest des Stadtrats. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl erklärte die Idee für "hochgefährlich" und empörte sich über Aussagen des Sportvereins MTV, man könne auf dem Flussabschnitt Schwimmkurse für Kinder anbieten. Eine solche Aussage sei schon fast justitiabel - angesichts eines Fließgewässers mit hohen Kaimauern und ohne gesicherte Ausstiege.

Es sei völlig undenkbar, eine Bademöglichkeit zu schaffen, ohne stromabwärts eine Sicherheitsbegrenzung einzurichten. Reissl erinnerte zudem an die aktuelle Debatte, Kommunen für Badeunfälle zur Rechenschaft zu ziehen, falls sie Zugangsmöglichkeiten zum Wasser anbieten. Und: Aktuell habe die Isar 16,5 Grad.

Ähnlich sah es ÖDP-Kollege Tobias Ruff. Die eigentlich zwingenden Voraussetzungen, nämlich gleichzeitig eine akzeptable Wassertemperatur von mindestens 17 Grad sowie eine mäßige Fließgeschwindigkeit, sei in diesem Jahr noch kein einziges Mal erreicht worden. Die Flöße müssten bei Hochwasser innerhalb weniger Stunden aus der Isar geholt werden, wozu ein entsprechender Kranwagen bereitstehen müsste. Denn sie seien starker Strömung, in der obendrein Baumstämme mitschwimmen, keinesfalls gewachsen.

Und allzu oft sei die Keimbelastung in der Isar enorm - vor allem bei starkem Regen, wenn Abwässer ungeklärt in die Isar laufen. Um zu Hause in der Badewanne eine solche Belastung zu simulieren, müsse man schon eine komplette Klospülung hineinlaufen lassen. Auch Johann Altmann (Bayernpartei) findet die Isarflöße unverantwortlich. Die Gegner der Flöße waren so empört, dass sie mit ihrem Nein gleich auch die gesamten Aufwertungspläne für die nördliche Isar ablehnten (die aber insgesamt eine Mehrheit erhielten).

Keine Chance mehr haben künftig Sicherheitsdienste, Frauen an der Isar - wie kürzlich geschehen - zum Anlegen ihrer Bikini-Oberteile aufzufordern. Der Stadtrat präzisierte mit breiter Mehrheit die Badeverordnung: Nun müssen lediglich die "primären Geschlechtsmerkmale" bedeckt werden. Bislang war Badekleidung ganz allgemein vorgeschrieben, ein dehnbarer Begriff.

Ein Vorstoß der ÖDP, die Verordnung ganz zu streichen und somit überall Nacktbaden zuzulassen, erhielt keine Mehrheit. Kreisverwaltungsreferat Thomas Böhle riet davon auch dringend ab. Denn dann sei wegen Belästigung der Allgemeinheit eine Beschwerde- und Klageflut zu erwarten, also ein "Riesen-Verwaltungsaufwand". Auch SPD-Mann Reissl empfahl, derartige Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Völlig unbekleidete Menschen seien nun einmal nicht für jeden tolerabel.

Baureferentin Rosemarie Hingerl sprach von einem "Fehler" des von der Stadt beauftragten Sicherheitsdienstes, der eigentlich nur gegen Belästigungen wie etwa Grillen zuständig sei. Allerdings sei die Situation bei dem Vorfall am Wochenende laut Polizei keineswegs aufgeregt gewesen, sondern eher wie eine Diskussionsrunde abgelaufen. Ohnehin warnte Referent Böhle, die Kirche im Dorf zu lassen. Ärger mit diesem Verordnungspassus gebe es nahezu nie. "Wir reden über einen Vorgang, der singulär ist."

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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