Immobilienmarkt in München:Kauf mein Haus!

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230 Wohnungen und Platz für hundert weitere: Das Hohenzollernkarree in Schwabing ist eines der Objekte, die in diesem Jahr von der Stadt gekauft wurden. (Foto: Robert Haas)

Die Stadt befindet sich in einer kuriosen Situation: Ihr werden mehr Immobilien zum Kauf angeboten, als sie bewältigen kann. Eine gute Nachricht für den Wohnungsmarkt ist das allerdings nicht.

Von René Hofmann

Der Stadt München liegen aktuell Angebote vor, rund 2500 bestehende Wohnungen zu kaufen. Die Zahl nannte Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) am Donnerstagabend bei einer Podiumsdiskussion im Literaturhaus. "Der Markt hat sich komplett gedreht, hin zu einem Markt, in dem wir einen absoluten Angebotsüberhang wahrnehmen", so Frank, die seit 2018 an der Spitze des Referats steht, das die Immobilienankäufe vorbereitet.

Während bis 2021 sehr selten Angebote kamen (Frank: "Das konnte man an zwei Händen abzählen."), habe sich die Situation seitdem "komplett gewandelt". Die steigenden Zinsen haben den Markt verändert. Eigentümer und Investoren finden kaum noch Interessenten für ihre Projekte, die sie verkaufen wollen, manchmal auch verkaufen müssen. Das treibt sie zur Stadt - und die kommt mit dem Prüfen gar nicht nach.

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Weil es jahrelang kaum etwas zu prüfen gab, sind dafür im Kommunalreferat lediglich zwei Stellen vorgesehen. Mehr als sechs Objekte lassen sich da kaum parallel betrachten. Für das kommende Jahr ist eine Aufstockung vorgesehen: um eine Stelle. "Wir sehen uns einem so großen Angebotsüberhang gegenüber, dass wir dem mit den personellen Kapazitäten und den finanziellen Möglichkeiten, den der Stadtsäckel bietet, gar nicht gerecht werden können", konstatiert Frank.

Seit 2022 hat die Stadt per Direktkauf zehn Objekte gekauft, in denen zusammengerechnet 900 Wohnungen Platz finden. Dafür gab sie 461 Millionen Euro aus. Die letzten großen Ankäufe waren das Hohenzollenkarree in Schwabing mit 230 Wohnungen (und Raum für hundert weitere) und eine Anlage an der Zietenstraße in Milbertshofen mit 325 Wohnungen.

Im Frühjahr lagen dem Kommunalreferat etwa 60 Kaufangebote für Objekte vor, inzwischen sind es schon 80. "Erst letzte Woche ist eine große Wohnanlage mit mehr als 300 Wohneinheiten dazugekommen", sagt Frank: "Wir haben in großen Dimensionen Angebote vorliegen." In so großen, dass die Objekte priorisiert werden. Vor allem die Größe ist dabei relevant.

Der Angebotsboom bei den sogenannten "freihändigen Ankäufen" steht im Kontrast zum Rückgang der Objekte, die durch das Vorkaufsrecht der Stadt erworben wurden. Das Vorkaufsrecht ermöglichte es den Kommunen, Immobilien in schützenswerten Lagen zu erwerben, nach denen für diese beim Notar Kaufverträge abgeschlossen worden waren.

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Seit das Bundesverwaltungsgericht dies für nicht rechtmäßig erklärte und verfügte, dass das Vorkaufsrecht nur für weitgehend leerstehende Immobilien gelte, erwarb München im vergangenen Jahr per Vorkaufsrecht lediglich drei Mietshäuser, in denen sich zusammen 52 Wohnungen befinden. Bei 51 Immobiliengeschäften, bei denen es um 726 Wohnungen ging, hatte die Stadt wegen des Spruchs des Bundesverwaltungsgerichts keinen Zugriff mehr.

Zusammenaddiert habe die Landeshauptstadt in den vergangenen fünf Jahren 800 Millionen Euro ausgegeben, um Bestandswohnungen zu erwerben. "Das kann sich nur eine Stadt wie München leisten", so Frank.

Zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt trägt der Eifer, bestehende Wohnungen zu kaufen, nur bedingt bei. Um den Bedarf an neuem Wohnraum zu decken, der sich aus der städtischen Bevölkerungsprognose ergibt, müssten jedes Jahr rund 5000 Wohnungen entstehen. Das rechnete Helmut Thiele vor, der langjährige Vorsitzende des Gutachterausschusses der Stadt. Laut der Prognose wird die Stadt bis 2040 auf 1,82 Millionen Einwohner anwachsen.

Angesichts dessen, dass die Fälle, in denen Baurecht geschaffen wurde, seit 2018 drastisch rückläufig sind (damals waren es knapp 7000 Fälle, 2021, auch wegen Corona, nur noch 228, im vergangenen Jahr waren es dann wieder knapp 4000) und die Verkäufe von Grundstücken, auf denen neue Mietwohnungen entstehen könnten, im ersten Halbjahr 2023 um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sind, lässt sich prognostizieren, wie stark der Druck auf den Wohnungsmarkt in den nächsten Jahren vermutlich zunehmen wird - und wo am meisten: auf dem Mietmarkt.

Weil der Immobilienkauf wegen der gestiegenen Zinsen auch Besserverdienern nicht mehr so leicht fällt, schauen diese sich bei den Mietangeboten um - was die Preise für diese weiter steigen lässt. Beim Immobilienmakler Aigner, der die Diskussionsrunde veranstaltete, haben sich die Mietanfragen seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt.

Zum Thema "Mieten in München - Wer soll das noch bezahlen?" veranstaltet die Süddeutsche Zeitung am 23. Oktober einen "SZ im Dialog". Von 19 Uhr bis 20.30 Uhr diskutieren im SZ-Hochhaus an der Hultschiner Straße 8 Verena Dietl (SPD), Dritte Bürgermeisterin der Stadt München, Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund München, und Gima-Vorstandsmitglied Ariane Groß. Anmeldung hier .

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