Immobilienmarkt in München:Wo die Mieten sinken

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Die Ladengeschäfte in der Innenstadt sind im vergangenen halben Jahr um 20 Prozent günstiger geworden. Das liegt nicht nur an der Pandemie.

Von Sebastian Krass

Drastisch sinkende Mieten in München - das klingt erst einmal wie ein Paradox. Aber tatsächlich gibt es einen Bereich des Immobilienmarkts, auf den das zutrifft, und zwar die Ladenmieten in der Münchner Innenstadt. Um etwa 20 Prozent seien sie im vergangenen halben Jahr teilweise zurückgegangen, meldete kürzlich das Marktforschungsinstitut des Maklerverbands IVD. "Wir beobachten einen deutlichen Drift nach unten", sagt Stephan Kippes, Leiter des Instituts.

Er betont zwar, dass es sich angesichts des kurzen Zeitraums und einer überschaubaren Anzahl von Vertragsabschlüssen "um Schlaglichter handelt, noch nicht um eine verfestigte Marktentwicklung". Aber eine generelle Aussage wagt Stephan Kippes doch: "Die Zeiten, in denen Vermieter nicht viel mehr machen mussten als ihre Kontonummer zur Verfügung zu stellen, sind vorbei, und das ist vielleicht auch nicht schlecht so."

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Nach den Zahlen des Marktforschungsinstituts des IVD betrug der Spitzenwert für die Miete eines 80-Quadratmeter-Geschäfts mit fünf Metern Front an der Kaufingerstraße vor einem Jahr noch 410 Euro pro Quadratmeter, was mehr als 30 000 Euro Monatsmiete bedeutet. Im Herbst 2020 waren es 370 Euro, im Frühjahr 2021 noch 300 Euro.

Thorsten Sondermann vom Maklerhaus Comfort sieht den Trend nach unten auch: "Bei 20 Prozent Rückgang gehe ich mit." Allerdings würde er dabei nicht vom vergangenen halben Jahr, sondern eher vom Vergleich über ein Jahr hinweg oder auch seit Beginn der Corona-Pandemie sprechen. In der Spitze habe es in diesem Zeitraum sogar einen Rückgang der Miete von 35 Prozent gegeben, sagt Sondermann. Um welches Geschäft es sich dabei handelt, sagt er mit Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht. Vor allem Vermieter haben Angst vor Nachahmereffekten: Wenn sich herumspricht, dass beim Mietpreis viel Luft nach unten ist, wollen das plötzlich alle.

Und ganz einheitlich ist der Trend offenbar auch nicht. Claudia Reischl, die für die Immobiliensparte des Bankhauses BNP Paribas Handelsflächen vermarktet, berichtet etwa, dass im Jahr 2020 in der Theatinerstraße auch ein Vertrag "mit der Wunschmiete" des Vermieters abgeschlossen wurde - und dass es sich generell nach wie vor um "gute Mietpreise" handele. Schließlich war das Ausgangsniveau vor der Corona-Krise schwindelerregend. Die enorm frequentierten Fußgängerzonen in der Münchner Innenstadt und die Nobel-Einkaufsmeile an der Maximilianstraße verhießen entsprechende Umsätze oder zumindest wertvolle Markenpräsenz. Eine große Rolle dabei spielten konsumfreudige Besucherinnen und Besucher aus anderen Teilen der Erde.

Ist es also der Corona-Effekt, der den Rückgang erklärt? Ja und nein. Die Ausgangsbeschränkungen und der nach wie vor weitgehend fehlende Tourismus haben Handel und Gastronomie natürlich schwer getroffen und sicher auch dazu geführt, dass Ladenflächen aufgegeben wurden. Prominente Beispiel für Schließungen in diesem Zeitraum waren Abercrombie & Fitch in der "Hofstatt" an der Sendlinger Straße, Sport Münzinger am Marienplatz oder die pleite gegangene Steakhauskette Maredo, die am Rindermarkt eine Filiale hatte. Auch die Laufschuhkette Runner's Point ist verschwunden. Aber die meisten Unternehmen, die ins Schlingern gekommen sind, hätten auch schon vor Corona massive wirtschaftliche Probleme gehabt, sagt Thorsten Sondermann. Die Pandemie war in dieser Lesart eine Art Brandbeschleuniger.

Dass internationale Mode-Giganten wie H&M und Zara ebenfalls Filialen schließen, sei eine strategische Entscheidung, die allenfalls bedingt mit Corona zu tun habe, glaubt Sondermann. In der oft beschworenen Verknüpfung von Online-Handel und Präsenzgeschäft "haben die einfach gemerkt, dass drei oder vier Filialen direkt beieinander zu viel sind, und geben deshalb Mietfläche auf". Es gibt aber auch Firmen, die neu auftauchen. Die Bekleidungsfirma Canada Goose habe kürzlich ein Geschäft an der Theatinerstraße angemietet, berichtet Sondermann. Zudem seien verschiedene Anbieter von Elektroautos auf der Suche nach Showrooms in der Innenstadt, auch wegen der IAA.

Längere Leerstände von Ladenflächen, darin sind sich die Immobilienexperten einig, sind zumindest in den besten Lagen der Münchner Innenstadt nicht zu erwarten. Aber, so der Tenor, die Vermieter müssten sich künftig mehr Mühe geben, wenn sie hohe Mieten erzielen wollen - zum Beispiel mal auf eigene Kosten renovieren, was sie sich bisher oft sparen konnten, weil sich auch so jemand fand. "Unabdingbar" sei zudem, wie das IVD-Institut in einem Marktbericht schreibt, "eine 'Pandemieklausel', die im Falle einer Pandemie die Aussetzung der Miete ermöglicht".

© SZ vom 25.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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