Haushalt 2024:Münchens Finanzlage ist "knallhart an der Grenze"

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Der Haushalt für 2024 bewege sich an der Grenze, sagt Kämmerer Christoph Frey (SPD). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Im kommenden Jahr wird der Haushalt der Stadt voraussichtlich nur noch haarscharf genehmigungsfähig sein. Das Problem: Die Ausgaben wachsen schneller als die Einnahmen.

Von Heiner Effern

Die auch an den Finanzen zehrende Pandemie ist endgültig überwunden, die wacklige Kassenlage in München bleibt. Im Jahr 2024 wird die Stadt nach derzeitigem Stand wie in Corona-Zeiten sehr knapp an der Grenze entlang schrammen, an der ihr Haushalt noch genehmigungsfähig ist. Aus dem laufenden Geschäft der Verwaltung erwartet die Kämmerei nur einen Mini-Überschuss von etwa 40 Millionen Euro. Damit alleine kann die Stadt die knapp 100 Millionen Euro für die Tilgung ihrer Darlehen nicht bezahlen.

Eine Kommune muss aber ihren Schuldendienst aus dem Gewinn aufbringen, um weiteres Geld aufnehmen zu können, was München großzügig vorhat. Die Stadt wird diese gesetzliche Vorgabe nur erfüllen können, weil Kämmerer Christoph Frey (SPD) noch einen Rücklauf aus Darlehen bei den Gewinnen verbuchen kann, der München über die Grenze heben wird.

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Der Haushalt für das kommende Jahr bewege sich "knallhart an der Grenze", die Lage sei "kritisch", sagt Kämmerer Frey. Und der Finanzchef der Stadt legt sogleich warnend nach. "Sie wird nicht besser." Derzeit stimmt sein Haus mit den städtischen Referaten letzte Details für die Planung des Jahres 2024 ab, die Eckdaten soll der Stadtrat Ende Juli in der letzten Vollversammlung vor der Sommerpause beschließen. Wegen der angespannten Kassenlage müssen die Referate nicht nur wie vorgesehen einen Sparbeitrag von 110 Millionen Euro leisten, sondern auf eine Summe von 150 Millionen Euro verzichten.

Zu schaffen macht der Stadt das strukturelle Problem, dass die Einnahmen nicht so stark wachsen wie die Ausgaben. Das liegt unter anderem an der deutlich einbrechenden Grunderwerbsteuer. Die Stadt spürt dabei die derzeit geringe Nachfrage, im Moment fallen in München die Immobilienpreise sogar. Ein Garant dafür, dass die Einnahmen mit deutlich über 8,6 Milliarden trotzdem noch ganz leicht steigen, sind nach wie vor die kleinen Firmen und großen Unternehmen in München. Sie werden nach derzeitigem Stand im kommenden Jahr fast 3,5 Milliarden Euro an Gewerbesteuer zahlen.

Investitionen in Schul- oder Wohnungsbau sind nur über neue Schulden zu bezahlen

Die Ausgaben steigen unter anderem wegen der spürbaren Tarifsteigerungen bei den Gehältern der Beschäftigten. Aber auch Einzelposten wie die massive Erhöhung des Stammkapitals für die München Klinik, die derzeit enorme Verluste ausgleichen muss, sorgen für schlechte Zahlen. Dazu ist der Rücklauf einer dreistelligen Millionensumme aus dem Bundeshaushalt für die Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine unklar. "Eigentlich bräuchten wir einen wesentlich höheren Haushaltsüberschuss um einen substantiellen Beitrag zu unseren Investitionen zu leisten. Davon sind wir allerdings weit entfernt", sagt der Kämmerer.

Zu Beginn seiner Amtszeit hat er mal als Ziel ausgegeben, aus dem laufenden Geschäft der städtischen Referate einen jährlichen Gewinn von 400 Millionen Euro zu erzielen. 2024 läuft es auf ein Zehntel davon hinaus. Das heißt aber auch, dass die hohen Investitionen zum Beispiel in den Schul- oder Wohnungsbau oder in die Verkehrsinfrastruktur fast ausschließlich über neue Schulden zu bezahlen sind.

Die hohen Investitionsausgaben gehen zu einem beachtlichen Teil auch auf Beschlüsse der schwarz-roten Vorgängerregierung zurück, die den enormen Sanierungsstau und die Wohnungsnot damit angehen wollte. Nach langen Planungen werden nun die Kosten für die Bauarbeiten fällig. Insgesamt geht die Stadt deshalb davon aus, im kommenden Jahr 1,85 Milliarden Euro Schulden aufzunehmen.

Wie hart an der Grenze der Haushalt im kommenden Jahr angelegt ist, zeigt auch ein Blick auf die Personalkosten. Diese werden bei neuen Stellen gar nicht mehr mit den entsprechenden Mitteln hinterlegt. Dieser Kniff ist nur deshalb möglich, weil auch die Stadt sehr stark unter dem Fachkräftemangel leidet. Im Moment sind enorm viele Stellen genehmigt und finanziert, die aber nicht besetzt werden können. Dieses Geld können die Referate nun flexibel einsetzen und einfach dort jemanden einstellen, wo sie genehmigte Stellen haben und jemanden finden.

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