Neubau-Projekt in Sendling:Die Stadt sollte die Großmarkthalle nicht aus der Hand geben

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Historisch und bröckelig: die Münchner Großmarkthallen. (Foto: Florian Peljak)

Privatisieren hat sich in vielen Bereichen der Gesellschaft nicht bewährt. Denn manche Dinge sind zu wichtig, als dass Firmen mit Renditeabsichten zwischengeschaltet werden sollten. Das gilt auch für die Versorgung Münchens mit Obst und Gemüse.

Kommentar von Tom Soyer

Der Stadtrat steht am Mittwoch vor einer der ganz großen Weichenstellungen für München: Bleibt der "Bauch der Stadt", die Großmarkthalle, im unmittelbaren Einflussbereich der Stadt, oder entledigt sich die Politik auf eine kurzfristig bequemer erscheinende Weise und nur vermeintlich billig, in Wahrheit aber hochriskant einer ihrer zentralen Aufgaben der Daseinsvorsorge?

Die Doktrin des Privatisierens hat sich in vielen lebenswichtigen Bereichen der Gesellschaft nicht bewährt. Ob Public-Private-Partnership oder Investorenmodelle, immer umgeht die öffentliche Hand Eigenverantwortung, lässt die Allgemeinheit aber einen meist erheblichen Preis dafür bezahlen. Denn Investoren tun, was Investoren eben so tun: Sie schauen auf ihre Rendite (was legitim ist), und die fällt nur dann an, wenn die Stadt München ihre Großmarkthalle nicht selbst baut, sondern das Projekt einem Geldgeber und Geschäftsmann überlässt.

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Dass Ralf Büschl und die Büschl-Gruppe die künftige Großmarkthalle gerne bauen würden, ist verständlich. Weniger verständlich ist, warum die Stadt München der täglichen Versorgung der gesamten Stadt und des Umlandes mit Obst und Gemüse nicht mehr selbst eine Heimstatt bieten, sondern dies partout aus der Hand geben möchte.

Ja, schlimmer noch: Inzwischen wird offenbar auch schon der Sinn einer öffentlichen Ausschreibung dadurch unterlaufen, dass diese Ausschreibung sich nicht um Chancengleichheit schert und maßgeschneiderte Elemente enthält für die Büschl-Gruppe: Die spezielle Wohnbau-Gewerbe-Kombination der bisherigen Büschl-Entwürfe ist da ebenso bereits zugrunde gelegt für Bewerber wie auch eine millionenschwere Ablösungsklausel für die bestehenden Hallen, die genau jenem einen Investor in die Karten spielt.

Ob eine Investorenlösung mit seltsamer Ausschreibung bis 2030 rechtssicher zur neuen Halle führt, ist höchst fraglich - München braucht den neuen Großmarkt aber bis dahin. Höchste Zeit, das Projekt wieder zu einem eigenen der Stadt zu machen. Manche Dinge sind zu wichtig, als dass Menschen mit Renditeabsichten zwischengeschaltet werden sollten. Das ist so beim Trinkwasser, bei der Energieversorgung - und bei Obst und Gemüse für München ebenso.

Hinweis der Redaktion: Das Kommunalreferat legt Wert auf die Feststellung, dass Bewerber für das Großmarkt-Projekt auch andere Konzepte als das der Büschl-Gruppe mit ihrer Wohnbau-Gewerbe-Kombination einreichen können. Das sei auch so im Ausschreibungstext festgehalten. Die Chancengleichheit sei auch dadurch gesichert, dass die Frist für die Teilnahme an der Ausschreibung verdoppelt worden sei. Zudem befindet sich eine "Wertungsmatrix" für eine Vergabe des Auftrags "weder im Entwurfsstadium noch wurde sie vom Stadtrat beschlossen". Das Kommunalreferat weist zudem darauf hin, dass die "millionenschwere Ablösungsklausel" auch für die Büschl-Gruppe fällig würde, sollte sie den Zuschlag erhalten. Die Darstellung des Kommunalreferats deckt sich in diesen Punkten mit Informationen der SZ. Das Kommunalreferat betont zudem, dass durch den Bau des Großmarkts an der Stelle, wo derzeit noch von der Büschl-Gruppe vermietete Hallen stehen, dieser auch ein Einnahmeausfall entstehe, weil sie auf die "Fortführung des Umschlaggeschäfts" verzichten müsse. Diese Angabe ist für die SZ nicht zu überprüfen.

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