Eigenbedarfskündigung:Streit um Wohnung im Glockenbachviertel - Senioren dürfen bleiben

Musterfeststellungsklage zu Mieterhöhungen

Das Ehepaar darf nun in seiner Wohnung bleiben (Symbolbild).

(Foto: dpa)

Der Vermieter hatte das Anwesen mit mehr als 15 Wohnungen und Gewerbeeinheiten geerbt - und wollte selbst in die Wohnung des älteren Ehepaars einziehen. Doch das Gericht überzeugte die Begründung nicht.

Von Stephan Handel

Seit fast 45 Jahren wohnt ein Münchner Ehepaar, mittlerweile Rentner, in einer Drei-Zimmer-Wohnung im Glockenbachviertel. Dann aber kam der Vermieter mit der schrecklichsten Keule, die einem Vermieter zur Verfügung steht: Kündigung wegen Eigenbedarf. Die Mieter ließen es auf eine Klage ankommen - mit Erfolg: Das Amtsgericht entschied gegen den Eigentümer, auch die Berufung wurde zurückgewiesen, das Rentnerehepaar kann in der Wohnung bleiben.

Der Vermieter hatte das gesamte Anwesen mit mehr als 15 Wohnungen und Gewerbeeinheiten im Jahr 2015 geerbt. Im Frühjahr 2019 sprach er die Kündigung aus: Er brauche die Wohnung für sich und seine Frau, weil sie von Fürstenfeldbruck nach München ziehen wollten. Er sei kurz zuvor überraschend arbeitslos geworden und wolle die Suche nach einer neuen Stelle auf die Stadt München ausdehnen. Außerdem sei es für die Betreuung und Verwaltung des Anwesens besser, wenn er selber am Ort sei.

Vor Gericht erklärte der Kläger, als ärztlicher Gutachter finde er an seinem bisherigen Wohnort keine Arbeit. In München gebe es eine größere Auswahl an möglichen Arbeitgebern. Die Wohnung der Beklagten habe einen Kachelofen und sei sehr hell und schön geschnitten, weswegen man sich für diese Wohnung entschieden habe. Seine Frau, als Zeugin gehört, sagte, sie wolle sich gerne von dem Haus in Fürstenfeldbruck auf eine kleinere Drei-Zimmer-Wohnung beschränken: Der viele Besitz sei letztlich nur Ballast.

Die Beklagten trugen vor, sehr mit dem Viertel verbunden zu sein. Man habe sich bereits nach Ersatzwohnraum umgesehen. Mieten von 2000 Euro könnten sie sich aber als Rentner nicht leisten.

Im Urteil führte die Amtsrichterin aus: "Es kann objektiv nicht als vernünftig betrachtet werden, allein für die Suche einer Arbeit, für die nur eine Handvoll Arbeitgeber zur Auswahl stehen, einen Umzug vorzunehmen. Denn dies bietet allein für den kürzeren Weg zu Bewerbungsgesprächen einen Vorteil, der jedoch in keinerlei Verhältnis zum Aufwand eines Umzugs steht." Für nachvollziehbar hält die Richterin das Argument, der Vermieter wolle in seinem Objekt wohnen, zumal dort auch umfangreiche Baumaßnahmen anstünden: "Allein, eine volle, für eine entsprechende Verurteilung ausreichende Überzeugung konnte sich das Gericht nicht bilden." (AZ:423 C 5615/20)

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