München-Rätsel:Das heimliche Spiel vor der ersten Partie

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Das erste Spiel - oder doch nicht? Bayern-Spieler 1972 in Siegerpose. (Foto: dpa)

Von Jakob Wetzel

Das Olympiastadion hat aufregende Zeiten erlebt, zumindest als es noch große Veranstaltungen gab. Im vergangenen Jahr kamen 70 000 Besucher zu einem Konzert von Rammstein in das 260 Meter lange Oval und bestaunten die Pyrotechnik der Berliner Rockmusiker. In den Jahren zuvor gastierten Festivals und sogar Motorsport-Rennen im Olympiapark; mehrere Jahre lang war das Innere des Stadions deswegen asphaltiert.

Mehrfach hat das Stadion Sportgeschichte geschrieben, nicht zuletzt im Fußball: 1997 gewann Borussia Dortmund in München mit einem 3:1 gegen Juventus Turin als erster deutscher Verein die Champions League. Vier Jahre zuvor war bereits das allererste Finale des 1993 neu geschaffenen Wettbewerbs im Olympiastadion ausgetragen worden; Olympique Marseille besiegte damals dank eines Kopfballtors von Basile Boli den AC Mailand mit 1:0. Knapp zwei Jahrzehnte zuvor wurde Westdeutschland im Olympiastadion Fußball-Weltmeister; im Finale am 7. Juli 1974 schlug die Nationalmannschaft die Niederlande mit 2:1. Doch auch den zweiten Siegern von damals brachte das Stadion Glück: 1988 holten die Niederländer in München ihren bisher einzigen internationalen Titel. Sie gewannen im Olympiastadion das Finale der Fußball-Europameisterschaft mit 2:0 gegen die Sowjetunion.

Errichtet worden ist das Stadion für die Olympischen Sommerspiele 1972, die eigentlich "heitere Spiele" werden sollten, aber am elften Tag von einem Terrorangriff auf die israelischen Sportler überschattet wurden. Am 6. September 1972 war das Olympiastadion deshalb Stätte eines Trauerakts, zumindest vorübergehend. Noch am selben Tag wurden die Spiele fortgesetzt; am Abend verloren die westdeutschen Fußballer um Uli Hoeneß und Ottmar Hitzfeld auf dem Rasen des Olympiastadions ein Gruppenspiel gegen Ungarn mit 1:4.

Erste Fußballspiele im Stadion hatte es schon vor den Olympischen Spielen gegeben. Am 28. Juni 1972 spielte erstmals der FC Bayern München im Olympiastadion. Es war eine folgenreiche Partie: Die Bayern waren Tabellenführer der Bundesliga, und nach dem 5:1-Sieg gegen den zweitplatzierten FC Schalke 04 waren sie nicht nur zum dritten Mal deutscher Fußballmeister, sondern dank der 80 000 verkauften Tickets auch schlagartig ihre vorherigen Geldsorgen los.

Noch früher, am 26. Mai 1972, eröffneten die Fußball-Teams Westdeutschlands und der Sowjetunion das Stadion offiziell; die Deutschen gewannen mit 4:1. Doch auch diese beiden Mannschaften waren nicht die ersten, die im Olympiastadion kicken durften. Wer hat das Stadion zwar inoffiziell, aber tatsächlich eingeweiht?

  • A - Stadträte der Münchner SPD und Stadträte der CSU. Die Politiker hatten beste Kontakte in die Olympiagesellschaft, durften deshalb vorab hinein - mussten das aber geheim halten.
  • B - Fußballer des TSV 1860 München. Die Löwen absolvierten vor dem letzten, entscheidenden Spieltag der Regionalliga Süd ein Geheimtraining mitsamt Trainingsspiel im Olympiastadion.
  • C - Hobby-Fußballer des Vereins Münchner Sportjournalisten VMS sowie die Schwabinger Kneipenmannschaft "Säge". Ein Olympia-Funktionär ließ sie spontan ins Stadion.
© SZ vom 06.06.2020 / wet - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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