Prozess:Erst Liebe, dann Gewalt

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  • Ein 55-Jähriger muss sich vor Gericht verantworten, weil er seine Ex-Partnerin gewürgt haben soll.
  • Die Frau hatte sich zuvor von dem Angeklagten getrennt.
  • Der Mann, der bereits mehrfach im Gefängnis saß, ist nun wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Die große Liebe zu entdecken, das kann heute flugs per Mausklick passieren: Barbara F. ( Name geändert) aus Grasbrunn jedenfalls glaubte, über eine Internet-Datingseite den Partner fürs Leben gefunden zu haben. Thomas D. gab sich als Unternehmensberater aus, der ständig mit neuen Autos ankam und der sein dickes Vermögen im Ausland geparkt hatte.

In Wirklichkeit ist der 55-Jährige ein notorischer Betrüger und Lügner, der mehrfach im Gefängnis saß, "und der Menschen manipuliert und die Schuld immer auf andere schiebt", sagt Barbara F. heute. Als sie Thomas D. im September 2018 endgültig aus ihrem Leben verabschiedete, würgte er sie bis fast zur Bewusstlosigkeit. Wenig später schrieb er ihr eine SMS mit den Worten: "Warum hast Du das getan?"

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Darüber, was Thomas D. an jenem Nachmittag getan hat, soll die zweite Strafkammer am Landgericht München I befinden. Angeklagt ist der Arbeitslose wegen versuchten Totschlags, denn die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, den Tod der Frau billigend in Kauf genommen zu haben. Als die Staatsanwältin die Anklage verliest, schließt der Mann im dunklen Sakko die Augen und tippt in Unternehmer-Manier die Fingerkuppen aufeinander.

Er wirkt angespannt - und genervt. Als Christian Franz, Anwalt von Barbara F., fragt, ob Thomas D. sein richtiger Name sei - er soll sich auch Timotheus D., Tassilo B. oder Rudolf B. genannt haben - blafft er zurück. Auch auf die Frage von Richter Norbert Riedmann, ob er die ganze Zeit in Untersuchungshaft gesessen habe, antwortet er enerviert: "Natürlich". So natürlich, kontert Riedmann, sei das nun mal nicht.

Thomas D. ist kein unattraktiver Mann, er wirkt gepflegt, er gibt an, nach dem Abitur 1986 Jura in Passau studiert zu haben. Bis zum ersten Examen, dann sei er selbst "strafrechtlich in Erscheinung getreten". Was sicher eine juristisch korrekte Beschreibung seiner Verbrecherkarriere darstellt: 13 Einträge sind im Bundeszentralregister aufgelistet, beginnend 1990 mit einer Unterschlagung in Düsseldorf, es folgen Betrug, Diebstahl, Urkundenfälschung, Untreue, Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen. Die Richter konnten gar nicht so schnell urteilen, wie Thomas D. Straftaten beging. Er saß mehrmals im Gefängnis.

Auch im Sommer 2015, als Barbara F. und Thomas D. sich kennenlernten, währte das Glück nicht lange. D. musste eine zweieinhalbjährige Haftstrafe antreten, da er Luxusautos gekauft und nicht bezahlt hatte. "Mir sagte er, es ginge um Steuerhinterziehung", erzählt die 49-Jährige. Und als ein Mann bei ihr auftauchte, und Mietschulden von Thomas D. über 12 000 Euro einforderte, sprang Barbara F. ein. "Thomas sagte, er komme früher frei, wenn die Schulden bezahlt sind." Nach dem Knast zog er bei ihr ein. Während sie arbeiten ging, soll D. angeblich als Berater tätig gewesen sein.

Abends fand sie zu Hause leere Schnapsflaschen. "Es waren immer mehr Lügen da", sagt sie. Deshalb habe sie Schluss gemacht und ihr Geld gefordert. Als klar war, dass er die ständig aufgeschobene Rückzahlung nicht tätigen würde, schrie sie ihn wütend an. "Plötzlich war er hinter mir", sagt sie stockend. Er habe sie von hinten in den Armgriff genommen, bis es vor ihren Augen flimmerte und sie nach unten sackte. Sie konnte ihn noch in den Arm beißen, daraufhin habe er losgelassen und sie konnte fliehen. Thomas D. schweigt zur Tat.

© SZ vom 02.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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