Flughafen München:Skilanglauf im Juli

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Kommt er, oder kommt er nicht? Der Koffertransport wird zum Glücksspiel, auch - wie hier - am Münchner Flughafen. (Foto: Marco Einfeldt)

3000 Gepäckstücke lagerten zuletzt am Flughafen, darunter die Koffer einer Schülerin. Schon ihr Rückflug war ein Abenteuer.

Glosse von René Hofmann

Der Münchner Flughafen kommt nicht aus den Schlagzeilen. In dieser Woche strich die Lufthansa weitere Flüge, weil das (noch) vorhandene Personal nicht mehr hinterherkommt. Selbst offiziell ist von "prekären Verhältnissen" die Rede, auch beim Koffertransport. 3000 Gepäckstücke lagerten bei der jüngsten Zählung in MUC. "Mit leichtem Gepäck reisen", das klingt oft verlockend. Ohne Gepäck ankommen, kann aber zum Horror werden, weshalb hier beispielhaft die Geschichte einer Gymnasiastin aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen erzählt werden soll.

Um Flugzeuge macht ihre ganze Familie normalerweise einen Bogen, aus ökologischen Gründen. Nun aber stand eine wirklich große Reise an. Ein halbes Auslandsschuljahr für die Tochter in Québec/Kanada. Im Winter wird es dort richtig kalt, der Schnee türmt sich oft so hoch, dass die Langlaufskier mitten in der Stadt ausgeführt werden können. Entsprechend üppig fiel das Gepäck aus, als es losging im Januar. Um sich auf dem Heimweg nicht unnötig zu belasten, packte die schlaue Teenagerin, als der Frühling nach Québec kam, ihre Winterjacken in Kartons und schickte sie schon mal zurück in die Heimat.

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Vor einigen Wochen stand nun die Rückreise an. Es wurde ein denkwürdiger Trip. Kurzfristige Flugstreichungen, umständliches Umsteigen, 30 Stunden Reisezeit statt der geplanten zwölf und als das Laufband an der Gepäckausgabe in München schließlich zum Stehen kam, war keiner der drei aufgegebenen Koffer da. Nacht war's, das Neonlicht schien helle und auf die Schnelle war keine Hilfe zu finden, weil der Schalter für Reklamationen nicht mehr besetzt war.

Der Teil der Geschichte, der von komplizierten Online-Formularen und mehrstündigen Warteschleifen handelt, von Weiterleitungen ins Ausland, Bandansagen und der wieder- und wiederkehrenden Floskel "sorry for the inconvenience", der angeblichen - letztlich aber unbestätigt gebliebenen - Sichtung eines Koffers in einem weit entfernten Airport, sei hier abgekürzt und gleich die Pointe verraten. In ihren Winterjacken sitzt die Schülerin noch immer am warmen Alpenrand und wartet auf ihre komplette Sommergarderobe. Nur eines der aufgegeben Gepäckstücke hat die Familie dank eigener Detektivarbeit am Münchner Flughafen inzwischen finden können: die Box mit den Langlaufski.

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