Patentamt:Ein Haus voller Erfindungen

Patentamt: Freie Erfinder auf dem Rückzug

Das Schild am Eingang zum Deutschen Patent-und Markenamt in der Zweibrückenstraße.

(Foto: dpa)

Das Deutsche Patent- und Markenamt wird 70 Jahre alt. Manche Anmeldung dort schrieb schon Geschichte.

Von Kathrin Aldenhoff

Die Erfindungen, mit denen Veronika Kleißl jeden Tag zu tun hat, kommen nicht aus einer Garage. Sie werden nicht von Hobbytüftlern gemacht, nicht von Erfindern, die jahrelang zu Hause im Keller vor sich hin basteln. Aber die Erfindungen, die sie jeden Morgen auf ihrem Schreibtisch hat, könnten vielen Menschen helfen. "Es ist spannend zu sehen, was sich in der Forschung tut. Und ich sehe es als eine der Ersten", sagt die 41-Jährige. Nur darüber sprechen darf sie noch nicht. Diese Erfindungen sind noch geheim.

Veronika Kleißl ist eine von etwa 1000 Prüferinnen und Prüfern, die für das Deutsche Patent- und Markenamt in München arbeiten. Sie arbeitet im Bereich Medizintechnik - dieses Fach hat sie studiert. Ein Universitätsstudium ist Voraussetzung, um Prüfer zu werden. Es gibt 37 Patentabteilungen: für Getriebe zum Beispiel, für Pharmazie und Kosmetik, für Landfahrzeuge. Und in jeder Abteilung arbeiten Spezialisten.

Veronika Kleißl hat im Bereich Magnetresonanztomographie (MRT) promoviert, hat in der Forschung und Entwicklung gearbeitet. Und prüft nun seit fast acht Jahren die Erfindungen ihrer früheren Kollegen. Vorausgesetzt, deren Forschungseinrichtungen oder Unternehmen melden sie für ein Patent an.

Damit ein Patent erteilt wird, muss eine Erfindung neu sein. Das heißt, auf der ganzen Welt darf es so etwas noch nicht geben. Außerdem muss eine erfinderische Leistung dahinterstecken, die Idee darf also nicht zu naheliegend sein. Und die Erfindung muss gewerblich anwendbar sein. Ob die neue Erfindung funktioniert, das prüft Veronika Kleißl nicht. Ihr Arbeitsplatz ist kein Labor, es ist ein Büro im siebten Stock eines Hochhauses, mit Blick auf die Türme der Frauenkirche. Auf ihrem Schreibtisch steht ein Computer mit zwei Bildschirmen. Mit diesem Rechner hat sie Zugang zu Datenbanken aus der ganzen Welt.

Patentamt: Dr. Veronika Kleißl ist Patentprüferin im Deutschen Patent- und Markenamt.

Dr. Veronika Kleißl ist Patentprüferin im Deutschen Patent- und Markenamt.

(Foto: Robert Haas)

Werner von Siemens war der erste Prüfer

Bis zu zwei Tage hat sie Zeit, um zu verstehen, was die Erfindung ausmacht und sich über den Stand der Technik zu informieren. Um Patentdokumente aus den USA und Asien, Fachzeitschriften zu durchsuchen, um zu prüfen, ob das, was bei ihr angemeldet wurde, wirklich eine neue Erfindung ist. Oder ob es dieses spezielle Verfahren zum Beispiel in einem MRT in Japan vielleicht schon genau so gibt. Dann würde sie kein Patent erteilen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt ist seit 70 Jahren in München: Am 1. Oktober 1949 wurde es hier nach einer Pause nach dem Zweiten Weltkrieg wiedereröffnet. Deutschlands erstes Patentamt wurde aber schon vor mehr als 140 Jahren gegründet, im Jahr 1877. Der erste Prüfer des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin war Werner von Siemens, der sich schon Jahre zuvor für ein deutsches Patentgesetz eingesetzt hatte. Seine Personalakte lagert im Magazin im Keller des Deutschen Patent- und Markenamtes in der Zweibrückenstraße.

Nicht aus allen Erfindungen werden weltweite Erfolgsmodelle

In speziell temperierten Kammern des Magazins stehen auch Patentschriften aus den ersten Jahren des Patentamtes. 1878 erfand ein gewisser Philipp Wenzel in Mainz einen "Brenner aus feuerfestem gebrannten Thon für Petroleum", ein Julius Kuntze erfand in Hamburg eine Vorrichtung zum Schneiden von Tapeten. Und Adolf Rambold erfand 1944 in Viersen den Teebeutel.

In Deutschland werden immer mehr Patente angemeldet, im vergangenen Jahr waren es 67 895. Von diesen Anmeldungen erhielten 16 368 ein Patent. Neun Prozent aller Patentanmeldungen kommen aus der Region München, und von den Münchner Anmeldungen kamen die meisten von BMW, Siemens und Infineon. Etwa 70 Prozent, also zwei Drittel der Anmeldungen aus München, kamen aus den Bereichen Maschinenbau und Elektrotechnik.

Wenn Kleißl Zweifel hat, ob eine Erfindung wirklich neu ist, lädt sie den Anmelder zu einer Anhörung ein. Manchmal ist auch der Erfinder dabei. "Wenn ich mit dem Erfinder selbst spreche, macht das oft einen Unterschied", sagt sie. "Manchmal kommt etwas in der technisch-juristischen Sprache nicht ganz rüber." Gegen den Beschluss können Patentanmelder Beschwerde einreichen - dann entscheidet das Bundespatentgericht.

Das Patentamt schützt auch sogenannte Gebrauchsmuster, also kleine Patente, sowie Marken und Designs. Der Pumuckl ist zum Beispiel als Marke eingetragen, neben Dallmayr, Käfer, BMW oder Sixt kommt auch er aus München. Eine Marke könne ewig leben, so die Sprecherin. Wenn die Inhaber die Gebühren dafür zahlen.

Derzeit hat das Deutsche Patent- und Markenamt, wie es seit 1998 heißt, einen Bestand von fast 815 600 Marken. Die ältesten Marken in München sind die Brauereien: 1894 wurden die Marken angemeldet, damals noch beim Kaiserlichen Patentamt. Vorher waren Löwenbräu, Hacker-Pschorr und Spaten aber auch schon beim Amtsgericht angemeldet, das bis zum Jahr 1894 dafür zuständig war.

Nicht alle Marken werden berühmt, nicht aus allen Erfindungen werden weltweite Erfolgsmodelle. "Man kann das tollste Patent in der Tasche haben", sagt Kleißl. "Wenn niemand Interesse daran hat, nützt es nichts." Oft ist es so: Wenn eine Erfindung bedeutsam ist, dann spürt Veronika Kleißl das, wenn sie sie vor sich hat.

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