Vierte Pandemie-Welle:Angst vor der roten Ampel

Lesezeit: 2 min

Stand Donnerstag gibt es bayernweit 269 Patienten, die wegen Corona in Intensivbetten liegen. Davon lägen allein 25 Prozent in den Münchner Krankenhäusern, so der Chef des Corona-Krisenstabs Wolfgang Schäuble. Pfleger sind überfordert. (Foto: Florian Peljak)

Die Münchner Krankenhäuser melden immer mehr Corona-Intensivpatienten, laut Gesundheitsreferat sei eine "regionale Sichtweise" auf die Situation nötig. Zudem fehlt es an Personal.

Von Ekaterina Kel, München

Die Münchner Krankenhäuser ächzen unter der Last der vierten Corona-Welle. Das macht der Oberbranddirektor und Chef des Corona-Krisenstabs Wolfgang Schäuble deutlich. Am Donnerstag berichtete er im Gesundheitsausschuss des Stadtrats über die aktuelle Corona- Situation in der Stadt.

Diese ist ambivalent. Auf der einen Seite steigt die Inzidenz nicht mehr rapide an, wir "eiern um die 90er-Marke hin und her", so Schäuble. Am Donnerstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz des Robert-Koch-Instituts bei 86,6. Außerdem liege man nun auch beim R-Wert, der angibt, wie schnell sich das Virus ausbreitet, knapp unter eins; gerade stecken statistisch gesehen 100 Infizierte weitere 98 Menschen an. Doch die Intensivstationen der Krankenhäuser melden laut Schäuble wieder eine starke Belastung. Die für ganz Bayern gültige Krankenhausampel ist aus seiner Sicht etwas speziell, denn sie suggeriere, dass die Stufen Gelb und Rot in Abhängigkeit voneinander stünden. Es könnte jedoch "direkt die rote Stufe anspringen", warnt Schäuble. Bei mehr als 600 Intensivpatienten mit Covid-19 in ganz Bayern wäre dies direkt der Fall. Stand Donnerstag gibt es bayernweit 269 Patienten, die wegen Corona in Intensivbetten liegen. Anfang des Monats waren es noch hundert weniger.

Corona
:Münchens Inzidenz ist höher als gedacht

Weil die Stadt bei der Meldung neuer Corona-Fälle hinterherhinkt, weist das Robert-Koch-Institut seit Tagen ungenaue Werte aus. Der Grund dafür sei ein "kurzfristiger Personalmangel". Welche Auswirkungen das nun hat.

Von Ekaterina Kel

Und München trägt einen Großteil der Last: Allein in den Münchner Krankenhäusern lägen im Moment 25 Prozent aller Covid-Intensivpatienten Bayerns, sagt Schäuble. "Das bringt die Münchner Kapazitäten der Kliniken durchaus in Wallung." Sie müssten wieder den regulären OP-Betrieb einschränken und dadurch auch wieder mit finanziellen Einbußen rechnen.

Auch Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) warnt vor einer Überlastung der Kapazitäten. In Gesprächen hätten sie mehrere Kliniken bereits darauf hingewiesen, dass "eigentlich jetzt schon die rote Ampel steht", sagt sie. Während in kleineren Städten in Bayern noch Ruhe herrsche, nehme man in München viele überregionale Fälle auf, besonders, wenn es komplizierte Verläufe oder Behandlungsmethoden seien. Zurek spricht sich deshalb deutlich für eine "regionale Sichtweise" auf die Situation in den Krankenhäusern aus.

Die bayernweite Ampel decke die Situation nicht ausreichend ab. Außerdem sei der Wunsch nach erneuten Ausgleichszahlungen für freigehaltene Betten in den Klinikrunden thematisiert worden, berichtet Schäuble. Eine zusätzliche Herausforderung: Das Durchschnittsalter der Infizierten liegt laut Zurek in der Stadt mittlerweile bei 38,8 Jahren. Die meisten Infizierten lägen in der Gruppe der 21- bis 40-Jährigen, gefolgt von den 41- bis 60-Jährigen.

Besondere Belastung erleben gerade die Pflegerinnen und Pfleger: In jeder Welle verlören die Kliniken Personal, sagt Schäuble. Dadurch fehle es noch stärker an Betten. Hans Theiss, stellvertretender Vorsitzender der CSU-Fraktion und Intensivmediziner schätzt deshalb auch: "Wenn wir mehr Pflegekräfte hätten, könnten wir aus dem Stand 30 Prozent mehr Intensivkapazitäten betreiben." Dem pflichtet Stefan Jagel, Fraktionsvorsitzender der Linken und gelernter Krankenpfleger, bei. Einig sind sich die beiden auch bei der Frage der Bezahlung. Es müsse mehr Geld geben für die Pflegerinnen und Pfleger in München. Theiss schlägt eine städtische Pflegezulage von 200 Euro monatlich vor, Jagel schwebt da eher der Weg der Gehaltserhöhung über den Tarifvertrag an. Auf jeden Fall könne man nicht auf die große Politik warten und müsse "auf kommunaler Ebene schauen, was wir tun können", so Jagel.

© SZ vom 24.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPost Covid
:Wenn der Corona-Test monatelang positiv bleibt

Eine 23-jährige Münchnerin leidet nach einer Corona-Infektion lange an Lungenproblemen. Ihrem HNO-Spezialisten gibt der Fall Rätsel auf.

Von Jessica Schober

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: