Corona-Pandemie:Im Café Kosmos darf nicht mehr geimpft werden

Lesezeit: 3 min

Ein Gast zeigt Betreiber Florian Schönhofer seinen Impfnachweis auf dem Smartphone. (Foto: Florian Peljak)

Florian Schönhofer wollte sein Lokal wieder in ein Impfzentrum verwandeln, wie schon im Sommer. Doch diesmal genehmigt ihm die Stadt das nicht. Der Barbesitzer hält das für einen Skandal - und ist nicht bereit aufzugeben.

Interview von Philipp Crone

Florian Schönhofer ist sauer. Nicht darüber, dass er seine Bar nun hat schließen müssen. Musste er zu dem Zeitpunkt Mitte November, als er sich zu diesem Schritt entschloss, nämlich noch nicht. Der 47-jährige Betreiber des Café Kosmos am Hauptbahnhof ist sauer auf die Stadt München und auf die Antwort der Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek auf seine Anfrage. Er wollte wieder ein Impfzentrum aufmachen, wie er es in diesem Jahr schon einmal gemacht hatte. Das aber hat Zurek abgelehnt.

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SZ: Sie haben bereits einmal in Ihrer Bar am Hauptbahnhof ein Impfzentrum eingerichtet. Wie lief das?

Florian Schönhofer: Man braucht einen niedergelassenen Arzt oder einen Betriebsarzt, einen Hygieneplan, erprobte Abläufe, Material, Personal. Das alles hatte ich im Sommer organisiert, und dann durften wir impfen. Unser Betriebsarzt durfte aber nur Menschen aus den entsprechenden Betrieben impfen. Also haben wir im Sommer möglichst viele Kollegen aus dem Nachtleben und der Gastronomie geimpft.

Dann ging die Inzidenz runter, die Auflagen für Bars ebenso, die Impfquote hoch, und Sie haben aus dem Impfzentrum wieder eine Bar gemacht.

Genau. Bis wir gesagt haben: Das ist nicht mehr verantwortbar, ein Barbetrieb in der aktuellen Situation. Zur gleichen Zeit habe ich wieder bei der Stadt angefragt, ob wir wieder als Impfzentrum fungieren können. Es ist ja nach wie vor alles da, jetzt sogar noch Erfahrung vom ersten Mal.

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Wie würde das denn ablaufen bei Ihnen?

Wenn ich eine Erlaubnis bekomme, gehe ich rüber zur Apotheke und habe nächste Woche 60 000 Impfdosen. Die könnten wir dann rund um die Uhr verimpfen. Und zwar wörtlich rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, nicht nach Öffnungszeiten wie in Praxen und Impfzentren. Und dann noch die Lage, direkt am Hauptbahnhof, wenn das nicht ideal ist alles zusammen.

Aber?

Aber ich habe eine böse, weil lapidare Mail von Frau Zurek bekommen, dass ich mich dafür erst einmal gewerberechtlich mit dem Thema auseinandersetzen müsste.

Eine kritische Prüfung der Dinge ist aber bei dem Thema schon angebracht. Es gab im Zusammenhang mit der Pandemie einigen ökonomischen Missbrauch.

Klar, aber wir haben doch schon bewiesen, dass wir gut und seriös arbeiten. Und wenn es dann auch noch heißt: Wir haben in der Stadt ein System, das funktioniert, dann ist das doch Quatsch, wie man gerade sieht. Als es noch keinen Impfstoff gab, okay, da konnte man vom Land oder der Stadt sagen: Lasst uns das mal organisieren. Aber jetzt? Das ist echt ein Skandal.

Wie machen Sie jetzt weiter?

Ich habe 20 Leute in Kurzarbeit, die liebend gerne arbeiten würden. Und ich habe Ärzte und Pfleger. Und dann heißt es bei der Stadt, die sollen in den Impfzentren mithelfen. Oder wir sollen uns einen Träger suchen.

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Warum nicht?

Weil die Träger alle total überlastet sind, kein Personal haben und deshalb nicht einsteigen können. Und weil die Impfzentren nicht rund um die Uhr impfen und auch nicht zentral sind. Wir haben doch riesige Vorteile. Und wir sind Nachtgastronomen, wir arbeiten abends und nachts, wenn alle Zeit hätten, sich impfen zu lassen.

Verdient man da besser als mit der Bar?

Ach, darum geht es mir doch nicht, sonst hätte ich die Bar nicht schon vor den härteren Regeln zugemacht. Ich habe bei der ersten Aktion auch nichts verdient, aber die Ärzte, die bei mir impfen, die müssen natürlich was verdienen. Nein, ich arbeite in der Gastronomie, weil ich mit Menschen zu tun haben möchte, weil ich Menschen ganz grundsätzlich mag und sie mir am Herzen liegen. Aus dem gleichen Grund will ich die jetzt eben auch impfen, ganz einfach.

Klingt nicht, als ob Sie jetzt aufgeben würden.

Auf keinen Fall. Es gibt eine Variante, bei der wir die Bar als Arztpraxis umwidmen müssen, mit Liege und allem. Dann würde es über den Bund laufen und könnte gehen. Das habe ich nämlich auch rausgefunden. Der Bund ist anders drauf als die Stadt. Und wenn man eines aus den vergangenen 20 Monaten gelernt haben sollte, und was auch das Robert-Koch-Institut immer wieder bemängelt, dann doch: Wir müssen aus dieser Starrheit rauskommen, dass Dinge tausendfach genehmigt und geprüft werden müssen. Ich bin eine Initiative aus der Bürgerschaft. Würden wir als städtisches Impfzentrum laufen, würde das sofort helfen. Stattdessen sagt die Stadt mir beiläufig, dass das so nicht geht. Das ärgert total. Soll man doch bei der Stadt die Voraussetzungen schaffen, dass Bürger sich in dieser schweren Krise einbringen können. Aber egal, ich bleibe dran.

Anmerkung der Redaktion: Am Tag nach dem Interview hat das Gesundheitsreferat der Stadt München der Aussage von Florian Schönhofer widersprochen - der Antrag auf Eröffnung eines Impfzentrums im Café Kosmos sei nicht abgelehnt worden, die Behauptung damit falsch. Zur Erklärung des Gesundheitsreferats.

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