Einkaufen in der Innenstadt:Erlebnis statt nur Shopping

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Um das zukünftige Potenzial der Münchner Innenstadt geht es in einer Studie, die das Referat für Arbeit und Wirtschaft in Auftrag gegeben hatte. (Foto: Florian Peljak)

München hat laut einer Studie im bundesweiten Vergleich besonders gute Chancen auf einen gelungenen Wandel im Zentrum. Doch es gilt, viele Interessen zu beachten.

Von Alfred Dürr

Trotz Benko-Pleite, der ungewissen Zukunft von Großbaustellen im Zentrum und zahlreicher leer stehender Geschäfte rund um die Fußgängerzone braucht man sich keine allzu großen Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft der Münchner Innenstadt zu machen. Das ist die Kernbotschaft einer neuen Studie des Instituts für Handelsforschung (Köln) und der Agentur Stadt+Handel (Hamburg), die das Referat für Arbeit und Wirtschaft in Auftrag gegeben hat. Am Donnerstag wurde diese vor ausgewählten Vertretern und Vertreterinnen aus Stadt und Handel vorgestellt.

Schon vor Corona und dem Ukraine-Krieg hatte sich abgezeichnet, dass sich die Struktur der Innenstädte deutlich verändert: Aus reinen Shopping-Meilen sollen Erlebnisorte werden. Große Bauprojekte, neue Fußgängerzonen und mehr Grün - der Wandel in der City ist in vollem Gang. Dabei sei die Ausgangslage in München sehr gut, heißt es in der Studie. Alle ökonomischen und arbeitsmarktpolitischen Zeichen stünden aktuell auf Grün. Im deutschlandweiten Vergleich nimmt die Innenstadt den Spitzenplatz ein. Geprägt nicht nur von einheimischen Passanten und Besuchern aus dem Umland, sondern auch von kauffreudigen Kunden unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten.

Anders als bei vielen deutschen Innenstädten bestimmen in München noch langjährig ansässige Traditionsbetriebe oder Familienunternehmen das Bild der City. Die Studie kommt zu dem Fazit: Das Münchner Zentrum ist bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt und wird besser als irgendeine andere Innenstadt in Deutschland bewertet.

Das heißt nicht, dass sich München auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Nur den Konsum zu befriedigen, reicht nicht mehr. Straßen und Plätze sollten so gestaltet sein, dass man sich dort gerne aufhält. Noch immer gibt es "Schattenlagen", die etwas heller strahlen könnten. Bestes Beispiel ist der Georg-Kronawitter-Platz im rückwärtigen Bereich der Fußgängerzone. Wenn es hier gelingt, so die Studie, einen attraktiven neuen Ort zu schaffen, wirke sich das positiv auf die gesamte Innenstadt aus.

Der Wandel im Zentrum schreitet voran. Bekannte Bauten, wie der C&A-Komplex an der Fußgängerzone oder der Kaufhof am Stachus, werden neue Nutzungen bekommen. Aber Veränderungen brauchen oft eine sehr lange Zeit. Der Georg-Kronawitter-Platz ist auch hier wieder ein Paradebeispiel. Seit Jahrzehnten wird über die Gestaltung debattiert. Länger noch geht es beim Max-Joseph-Platz vor der Oper und der Residenz. Jetzt hat man sich auf die Bepflanzung der Steinfläche geeinigt. Das zu erreichen, war schwer genug.

Eine autofreie Innenstadt? "Ein Unding"

Aber wenn es darum geht, auch in andere Zonen des Zentrums ein paar mehr Bäume zu bringen, stößt man auf Schwierigkeiten, wie Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer berichtet. Im Zug von Standortuntersuchungen höre man schon erste kritische Stimmen der Geschäftsbetreiber. Tina Haller von Inselkammer-Immobilien und für den Umbau des C&A-Hauses zuständig, wünscht sich mehr innovative Bau- und Nutzungskonzepte. Da könne man etwa von Berlin lernen. Wolfgang Puff vom Handelsverband Bayern legt Wert auf eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt. Sie völlig autofrei zu machen, sei ein Unding. Immerhin hat der Stadtrat gerade den Testbetrieb von elektrisch betriebenen Mikrobussen und E-Rikschas beschlossen. Ein bestes Beispiel dafür, heißt es in der Studie, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im Echtbetrieb auszuprobieren.

Mehr Aufenthaltsqualität im Zentrum, das heißt für Eva Schömann vom Hotel Sofitel Munich Bayerpost mehr Kultur auf Straßen und Plätzen. Großkonzerte in Riem seien das Eine, doch auch in der Innenstadt sollten Events angeboten werden. Das sieht der Kulturveranstalter Till Hofmann genauso. Zudem fordert er dauerhafte und bezahlbare Räume für kreative Initiativen, statt kurzfristiger Zwischennutzungen.

Tradition und Veränderung - diese Balance müsse in der Innenstadt gehalten werden, sagt der Wirt Gregor Lemke (Augustiner am Dom). Die Besucher der Altstadt legten auf diese Mischung wert und würden es sicher auch genießen, wenn sie zur warmen Jahreszeit abends länger draußen vor den Gaststätten sitzen könnten. Nicht zuletzt müsse man auch an die Interessen der Kinder und Jugendlichen denken, sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk, zum Beispiel durch den Bau von Spielplätzen.

Wolfgang Fischer vertritt die Interessen der Innenstadt-Händler. "Wir müssen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen", sagt er. Allerdings gelte auch, dass Veränderungen nötig seien, um die hohe Qualität der Innenstadt zu bewahren.

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