Initiativen mobilisieren:Trudering will nicht ungebremst wachsen

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Schneller und häufiger: Im Münchner Osten will die Bahn ihre Züge mit höherer Taktfrequenz passieren lassen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Bürgerversammlung stemmt sich gegen den Ausbau von Bahnanlagen zu Lasten der Anwohner. Nachverdichtungsprojekte sollen auf eine "realistische Dichte" begrenzt werden.

Von Ilona Gerdom

Jacke, Schal, Arme vor der Brust verschränkt: So sitzen die meisten Bürgerinnen und Bürger aus Trudering-Riem am Montagabend bei der Bürgerversammlung (BV). Einerseits, weil es in der Turnhalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums kalt ist. Man könnte die Körperhaltung aber auch als Zeichen der Ablehnung lesen: Vielen bereitet die Nachverdichtung im Viertel Sorgen. Das zeigen zumindest die Anträge des Abends, die sich mit dem fünften Bauabschnitt der Messestadt, der Rahmenplanung Wasserburger Landstraße und den Plänen der Deutschen Bahn (DB) befassen.

Die Bedenken kommen nicht von ungefähr. Der Stadtteil wird in den nächsten Jahren wachsen. Laut dem Bezirksausschuss-Vorsitzenden Stefan Ziegler (CSU) werde bis 2040 mit 35 Prozent mehr Einwohnern gerechnet. Es gelte, "intelligent zu planen". Das sehen die Anwesenden zwar ähnlich, intelligent heißt für sie aber: Weniger ist mehr. So stimmten die Anwesenden zum Beispiel dem Antrag der "Anwohner Interessengemeinschaft Kirchtrudering" zu. Der enthielt gleich mehrere Forderungen im Hinblick auf den fünften Bauabschnitt der Messestadt. Der Sprecher der Initiative, Peter Grünbeck, sprach von einer "realistischen Dichte" und verlangte, dass die Anzahl der Wohneinheiten von 2500 auf 1500 reduziert werde. Statt einer vierspurigen Straße durch das Quartier würden die Bürger zwei Fahrstreifen bevorzugen. Zudem ist ein "sinnvoller Übergang" von Kirchtrudering zur Messestadt erwünscht - also eher niedrige Geschosshöhen.

Die Höhe ist auch bei einem anderen Antrag der Knackpunkt. Dabei geht es um die Rahmenplanung für die Wasserburger Landstraße. Schon bei einem Infoabend im Januar hatten Teilnehmer Hochpunkte kritisiert. Die Forderung in der Bürgerversammlung, im Bereich der sogenannten Truderinger Linse auf ein Haus mit 36 Metern Höhe und neun Stockwerken zu verzichten, kam daher nicht überraschend.

Falls Flächen fehlen, schließt die Bahn Enteignungen nicht aus

Gründe für Abwehrhaltung und grimmige Gesichter lieferte bei dieser - wie auch bei vergangenen Veranstaltungen - die Deutsche Bahn. Einerseits wegen des geplanten Umbaus des Truderinger Bahnhofs, in dessen Folge mehr Züge mit höherer Geschwindigkeit passieren sollen. Denn dafür braucht es Platz. Daher soll nicht nur die Schatzbogenbrücke teilweise abgerissen werden, sondern Gleis und Lärmschutzwand sollen nah an Wohnhäuser rücken. Um an die nötigen Flächen zu kommen, schließt die DB entsprechende Enteignungen offenbar nicht aus. Dagegen wehren sich die Eigentümer. Einer von ihnen forderte die Stadt auf: "Wir brauchen Unterstützung, um nicht der Willkür der Bahn ausgeliefert zu sein." Dem Hilferuf schloss sich die Bürgerinitiative, die sich wegen des Bahnausbaus von Truderinger und Daglfinger Kurve sowie Spange gegründet hat, an: "Helfen Sie uns, diesen Wahnsinn in Grenzen zu halten." Selbst Stefan Ziegler fand: "Was man der Stadt ein Stück weit vorwerfen muss, ist fehlendes Engagement."

Das wollten weder die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) noch Stephan Wolf aus dem Planungsreferat auf sich sitzen lassen. Wolf verwies auf geringe rechtliche Möglichkeiten während der Vorplanung. Man sei auf die Kommunikation der Bahn angewiesen: "Wenn es die nicht gibt, ist es halt einfach schwierig." Dietl betonte, man sei "intensiv am Thema dran". Und versprach zum Abschluss: "Wir werden uns natürlich voll und ganz hinter die Anwohnerinnen und Anwohner stellen."

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