Au/Haidhausen:Aufregende Stunden

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Jörg Spengler ist neuer Chef des Bezirksausschusses Au-Haidhausen. (Foto: Privat)

Jörg Spengler setzt sich in Kampfabstimmung gegen die eigene Parteikollegin klar durch

Von Patrik Stäbler, Au/Haidhausen

Dass hinter Jörg Spengler "24 aufregende Stunden" liegen, wie er später einräumt, sieht man ihm in diesem Moment nicht an. Mit ruhiger Stimme stellt sich der Sprecher des Grünen-Ortsverbands Au-Haidhausen bei der konstituierenden Sitzung des Bezirksausschusses (BA) vor - als Kandidat für den Vorsitz des Stadtteilgremiums. Noch bis Dienstag hat der Realschullehrer geglaubt, dass er der einzige Bewerber sein wird, sagt er später. Denn nicht nur habe er im Vorfeld eine fraktionsinterne Abstimmung gegen seine Parteikollegin Ulrike Goldstein gewonnen, sondern auch mit den anderen Parteien sei die Wahl abgesprochen gewesen. Dann aber, so erzählt es Spengler, habe Goldstein bei einem Treffen der Fraktionssprecher am Vorabend verkündet, dass sie gegen ihn kandidieren werde. "Da bin ich fast vom Stuhl gefallen", sagt der 45-Jährige, der sich bei der Wahl jedoch klar durchsetzt: Mit 20 von 27 Stimmen wird Spengler zum neuen Vorsitzenden gewählt.

Etwas anders hört sich die Vorgeschichte bei Ulrike Goldstein an. Ihr zufolge hat sie innerhalb der Partei schon am 20. April eine Kampfkandidatur angekündigt. Und auch Spengler, sagt sie, "hätte das wissen müssen". Als Grund verweist die 43-jährige Anwältin darauf, dass der Ortsverband sie vor der Wahl einstimmig zur Spitzenkandidatin gekürt habe. Und: "Ich hatte das beste Wahlergebnis." In ihrer Bewerbungsrede in der Sitzung lobt Goldstein die Arbeit der bisherigen Vorsitzenden Adelheid Dietz-Will (SPD), die nach 20 Jahren als BA-Chefin nicht mehr kandidiert hat. Sie sei "eine super Ansprechpartnerin für die Bürger" gewesen, sagt Goldstein, "und das möchte ich so weitermachen". Allein die Mehrheit im Gremium will das nicht: Bloß vier Stimmen erhält sie. Goldsteins "Alleingang", so Spengler, sei "eine ungute Geschichte". Wie sich der Zwist auf die künftige Arbeit der Fraktion auswirken wird? "Die Frage ist noch nicht gelöst. Da werden wir uns nächste Woche zusammensetzen", sagt der neue BA-Chef. Derweil antwortet Goldstein auf dieselbe Frage: "Wir waren schon in der letzten Amtsperiode eine gespaltene Fraktion und sind es jetzt wieder. Damals haben wir es geschafft, die Fraktion zu einen - und das werden wir auch diesmal tun." Mit Blick auf den neuen Vorstand verteilt sie eine Spitze in Richtung ihres Parteikollegen: "Es ist schade, dass unter einem Vorsitzenden der Grünen ein Vorstand aus fünf Männern und nur einer Frau gewählt wurde." So bestimmte das Gremium Lena Sterzer (SPD) und Andreas Micksch (CSU) zu Spenglers Stellvertretern; dazu gehören dem Vorstand die Beisitzer Christian Werner (FDP) und Jürgen Fischer (Linke) sowie Kassier Franz Klug (Grüne) an.

Zwar sind alle Fraktionen in der Führungsriege vertreten, dennoch stellen die Grünen mit 13 Vertretern nunmehr fast die Hälfte des Gremiums. Hinfortgespült hat die grüne Welle vor allem SPD und CSU, die jeweils bloß noch fünf statt bisher neun und sieben Mandate innehaben. Doch im Gremium ist es nicht nur grüner, sondern auch bunter geworden: Neben zwei Vertretern der Linken gehört dem Gremium mit Felix Pinkow-Margerie auch ein Politiker von Freien Wählern/ÖDP an, der mit Christian Werner (FDP) die Fraktion "Au-Haidhauser Mitte" bildet.

© SZ vom 08.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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