Mariahilfplatz:Das Herz der Au

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Fast alles dreht sich bei der Bürgerversammlung um den Mariahilfplatz. Für die einen ist dort schon heute mit den Dulten und Märkten zu viel Getümmel, die anderen wünschen sich noch mehr Veranstaltungen.

Von Patrik Stäbler, Au/Haidhausen

Vor bald 20 Jahren gab es einen Riesenzirkus am Mariahilfplatz - freilich nur im übertragenen Sinne. Denn nachdem Pläne für ein Gastspiel des Circus Roncalli auf dieser zentralen Fläche in der Au bekannt geworden waren, liefen etliche Anwohnerinnen und Anwohner Sturm gegen das Vorhaben - mit Erfolg. Die Zelte wurden letztlich nicht im Schatten der Mariahilfkirche aufgeschlagen, sondern an der Arnulfstraße.

Fast zwei Jahrzehnte später sind Zirkus und Mariahilfplatz erneut aufeinandergetroffen - bei der Bürgerversammlung für den Stadtbezirk Au/Haidhausen. Sie fand diesmal pandemiebedingt im Circus Krone statt, wo sich trotz der Anfahrt und des widrigen Wetters fast 150 Besucherinnen und Besucher einfanden. Die meisten von ihnen trieb vornehmlich ein Thema um, das auch das dominierende bei den Wortmeldungen in der Manege war - nämlich der Mariahilfplatz. Gut ein Drittel aller 38 Bürgeranträge drehte sich um die Frage, ob dort, im Herzen der Au, weitere Veranstaltungen neben den jährlich drei Dulten sowie dem Bauern- und Wochenmarkt erlaubt werden sollen. Befürworterinnen einer Öffnung meldeten sich dabei ebenso zu Wort wie Kritiker, und auch bei den anschließenden Abstimmungen zeigte sich kein klares Bild: Antrag für Antrag hob stets circa die Hälfte der Anwesenden ihre Stimmkarte, um sich gegen weitere Veranstaltungen auf dem Mariahilfplatz auszusprechen - während die andere Hälfte ebendies per Votum befürwortete.

Ähnlich uneinheitlich sind die Meinungen im Bezirksausschuss (BA), wo vor allem die Grünen für eine Belebung des Platzes plädieren; SPD und CSU dagegen wollen am Status quo festhalten. Zuletzt hatte das Gremium beschlossen, eine Einwohnerversammlung abzuhalten, damit die Menschen aus der Unteren Au dort ihre Meinung kundtun können. Wobei BA-Chef Jörg Spengler (Grüne) in seinen Eingangsworten im Circus Krone betonte: "Die Zukunft des Mariahilfplatzes wird weder heute noch in der Einwohnerversammlung entschieden." Vielmehr obliege dies dem städtischen Wirtschaftsreferat, das alle Veranstaltungsanfragen prüfe und bewerte. Dabei arbeitet die Behörde aber eng mit dem BA zusammen, und dieser wiederum wolle bei den Versammlungen "die Eindrücke aufnehmen", so Spengler. Entsprechend mühten sich die Antragstellerinnen und Antragsteller um Überzeugungsarbeit. Eine Bürgerin warb etwa dafür, den Mariahilfplatz zur Adventszeit für den Märchenbazar des Vereins Wannda freizugeben. "Ein Kirchplatz sollte ein Zentrum des Lebens darstellen und nicht die meiste Zeit des Jahres mit Leere erfüllt sein", sagte die Frau, deren Antrag mit knapper Mehrheit angenommen wurde.

Ganz anders bewerteten die Situation mehrere Anwohnerinnen, die sich zu Wort meldeten. Ihnen zufolge wird der Mariahilfplatz stark genutzt, nicht zuletzt von Kindern und Jugendlichen. "Das ist eine Insel der Freiheit, die wirklich eine Einzigartigkeit hat", sagte eine Frau. Weitere Antragsteller verwiesen auf die bestehende Belastung während der Dulten in Form von Müll, Lärm und Menschenmassen. Eine Bürgerin warnte gar vor einem "Party-Korridor" vom Gärtnerplatz über die Corneliusbrücke bis zum Mariahilfplatz. Würde man diesen für Veranstaltungen öffnen, "dann haben wir bald auch einen Hotspot und eine unkontrollierbare Situation wie am Gärtnerplatz".

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Eine solche herrscht laut mehreren Anwohnern auch an der Isar, etwa an der Reichenbach- und Wittelsbacherbrücke sowie in den Maximiliansanlagen. Zwar hatte Peter Schiller, der Chef der Polizeiinspektion 21, in seinem Bericht hervorgehoben, dass die Einsatzkräfte in dem Gebiet bereits verstärkt wurden und an "besonders stark frequentierten Tagen" auch Unterstützung von anderen Inspektionen erhalten. In der Bürgerversammlung jedoch wurden dennoch Klagen laut über die "Partyzone Isar" sowie den einhergehenden Müll und Lärm. Große Unterstützung fand derweil ein Antrag auf den barrierefreien Ausbau des Pestalozzi-Gymnasiums samt Errichtung eines Aufzugs - eine Forderung, die der BA seit Jahrzehnten vergeblich erhebt. Ebenfalls angenommen wurden Bürgeranträge zur Ausweisung der Eduard-Schmid-Straße als Fahrradstraße, zur Verlegung der Taxiparkplätze vor dem Klinikum Rechts der Isar sowie zu einer Temporeduzierung und einem eigenen Radweg am Gebsattelberg.

Zudem regte ein Bürger zusätzliche Sitzgelegenheiten am Mariahilfplatz an. Hierauf erwiderte ein Vertreter des Rathauses, dass dies infolge eines BA-Antrags schon geplant sei. "Da geht's nur noch um Details, aber die Sitzgelegenheiten werden bald kommen", sagte er. Allein den Streit um die künftige Nutzung des Areals wird dies kaum befrieden. Vielmehr dürfte es auch in der Einwohnerversammlung im Herbst hoch hergehen - ebenso wie in der folgenden Sitzung des Bezirksausschusses, der dann über zwei bereits vorliegende Anträge für Weihnachtsmärkte auf dem zentralen Platz in der Au zu entscheiden haben wird. Der Zirkus rund um den Mariahilfplatz, er wird also vorerst andauern.

© SZ vom 10.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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