Fast schon sah es so aus, als ob die Amtsrichterin gleich die rote Karte ziehen und Lothar Matthäus ein Fahrverbot aufbrummen würde. Der ehemalige Nationalspieler war erneut bei einem Verkehrsdelikt erwischt worden. Doch sein Anwalt Michael Brand bewahrte den ehemaligen Kicker mit einem juristischen Kniff vor dem Abseits. Vorerst zumindest.
Natürlich war die Presse vor Saal A 30 versammelt, und natürlich erschien Lothar Matthäus nicht persönlich zum Gerichtstermin. Wie sein Anwalt erklärte, habe sein Mandant seinen Sohn an jenem Maimorgen mit dem Auto zur Schule bringen wollen. Über die Königin- und die Ungererstraße, es habe das übliche Verkehrschaos geherrscht. Und nach dem Abbiegen von der Ungerer- nach rechts auf die Leopoldstraße habe Herr Matthäus ein Tempo-30-Schild übersehen. Einmal kurz aufs Gas und schon blitzte die Verkehrsüberwachung auf Höhe der Karl-Theodor-Straße seinen SUV mit 54 Sachen.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Abzüglich der Toleranz war Matthäus also 21 Stundenkilometer zu schnell unterwegs. Macht 115 Euro und einen Punkt in Flensburg. Das Geld müsste ein Fußballkommentator eigentlich aus der Portokasse bezahlen können. Doch Matthäus legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Ums Geld ging es dabei allerdings nicht.
Beharrlichkeitsfahrverbot, so nennt sich das Wortungetüm, das gegen Fahrer verhängt wird, die des Öfteren im Straßenverkehr einschlägig aufgefallen sind. Und Lothar Matthäus ist, seit er wieder in Deutschland weilt, bei der Münchner Polizei kein Unbekannter.
Fünf Eintragungen finden sich im Fahreignungsregister seit 2019, wie die Richterin vortrug. Unter anderem eine Tempoüberschreitung mit Fahrverbot, zweimal Handy am Ohr, und zuletzt zu schnell und mit Handy, was erneut ein Fahrverbot nach sich zog. Sechs Punkte stehen insgesamt in der Flensburger Verkehrssünderkartei unter dem Namen Matthäus. Bei acht Punkten wäre der Lappen weg, doch darum geht es diesmal nicht.
Um das Beharrlichkeitsfahrverbot komme man nicht herum, meint die Richterin, "das ist ja der klassische Fall". Anwalt Brand hingegen ruft "eine Sondersituation" aus. Auf der Ungererstraße sei Herrn Matthäus durch einen vorausfahrenden Lkw das Hinweisschild auf Tempo 30 entgangen. Er habe diese Neuregelung mit der Geschwindigkeitsreduzierung "noch nicht verinnerlicht".
"Das war ja kein Vorsatz", meint der Rechtsanwalt. Er sehe den Geschwindigkeitsverstoß eher "im unteren Bereich der Vorwerfbarkeit". Die Geldbuße, sagt Michael Brand, mag erhöht werden, "verdoppelt oder verdreifacht". Aber das Fahrverbot...
"Die Beschilderung war sehr deutlich", hält die Richterin dagegen. Sie werde die Sache sicher nicht fallen lassen. "Wenn Sie die Staatsanwaltschaft um den Finger wickeln können", meint die Richterin und spielt damit auf den juristischen Dreh an, den Einspruch auf die Rechtsfolgen zu beschränken. Das heißt, es geht jetzt nur noch ums Strafmaß und Michael Brand kann mit einer schriftlichen Begründung noch versuchen, Lothars Lappen zu retten.