Nachverdichtung in Mittersendling:Anwohner fürchten die Urbanität

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Nachverdichtung schafft auch Probleme - wie hier im Bereich des Distlhofwegs. (Foto: N/A)

Die Nachbarn einer neu entstehenden Wohnanlage sehen den dabei geplanten "lebendigen Quartiersplatz" kritisch. Sie fordern stattdessen Verkehrsberuhigung und eine bessere Aufenthaltsqualität.

Von Jürgen Wolfram

Die Konflikte rund um die stadtweit laufende Nachverdichtung mit dem dringend benötigten Wohnraum reißen nicht ab. Der jüngste Fall spielt in Mittersendling, einem ohnehin dicht bebauten Quartier mit reichlich Verkehrsbelastung. Als die Stadt das Gelände des ehemaligen Fruchtgroßhandels und einer Kleingartenanlage beim S-Bahnhof Mittersendling Ende 2016 zur Bebauung mit 140 Wohnungen freigegeben hat, versprach sie den Anwohnern im gleichen Atemzug einen "lebendigen Quartiersplatz". Wie sich bald herausstellte, hätten's die Leute aus dem Distlhofweg und dem Bauernbräuweg lieber weniger lebendig, dafür deutlich ruhiger.

Denn als unmittelbare Nachbarn des Schienenstrangs fühlen sie sich schon hinreichend durch Bahngeräusche beschallt. Sie haben deshalb eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Steigerung der Aufenthaltsqualität in ihrem Quartier vorgeschlagen, die nun sowohl von der Stadtverwaltung, als auch vom Bezirksausschuss Sendling-Westpark intensiv geprüft werden - zum Teil sehr kleinteilig, aber vergleichsweise konkret und konstruktiv.

Im Bereich des Distlhofwegs und des Bauernbräuwegs fürchtet man zu viel Urbanität. (Foto: Robert Haas)

Die Anregungen der Bewohner, jüngst eingereicht von deren Sprecherin Agnes Stante, reichen von Sitzquadern, um das Parken in einer Kurve zu verhindern, bis zur Errichtung eines Fahrradparkplatzes oder der Pflanzung von Bäumen zur Geschwindigkeitsreduktion. Poller auf dem Gehweg im Bauernbräuweg sollen verhindern, dass dieser befahren oder als Parkplatz missbraucht wird. Ein Halteverbot auf dem Grünstreifen nach der Einmündung in den Distlhofweg wird empfohlen, "um die Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmern zu verbessern". Als "längerfristige Maßnahme" sei zu prüfen, ob die Parkplätze in der Parkbucht vor dem Anwesen Bauernbräuweg 11 in eine Grünfläche umgewandelt werden könnten.

Um die gute Stube des weitgehend fertigen Neubauquartiers wohnlicher zu machen, schwebt den Anwohnern ferner die Aufstellung einer Sitzbank an der Ecke Distlhofweg/Bauernbräuweg ("Sitzrichtung Süden") sowie die Postierung eines Eiswagens oder eines Imbissstandes auf der öffentlichen Fläche Richtung S-Bahn-Unterführung vor. Darüber hinaus sollten Wandflächen im Bereich der Unterführung bemalt werden.

Zumindest ein Teil der Vorschläge hat Aussicht auf Realisierung

Bei einer Besprechung der Anwohner mit Vertretern der Stadtverwaltung und des Bezirksausschusses zeichnete sich ab, dass zumindest für einen Teil der Vorschläge Aussicht auf Realisierung besteht. Zwar sei die Einrichtung eines generell verkehrsberuhigten Bereichs etwa mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 20 Stundenkilometer nicht möglich, weil die dortige Kreuzung zu stark frequentiert werde, unter anderem durch Kunden des bestehenden Ladengeschäfts, hieß es von Behördenseite.

Einigen "Einzelmaßnahmen" zur Erhöhung der Übersichtlichkeit und Wohnlichkeit könne man jedoch nähertreten. So sei der Wegfall von zwei Parkplätzen auf der Westseite des Distlhofwegs denkbar, ebenso wie die Aufstellung von Pollern und Sitzbänken an der Innenkurve des Kreuzungsbereichs. Geprüft werden soll die Verschmälerung der Fahrbahn an zwei Stellen. Die bessere Sichtbarkeit der Tempo-30-Beschilderung wurde gleichfalls als machbares Ziel ausgegeben.

Der Bezirksausschuss Sendling-Westpark hat unlängst eine weitere Gesprächsrunde beschlossen, "um die Situation nochmal zu bewerten". Der Wunsch der Anwohner aus dem Distlhofweg und dem Bauernbräuweg jedenfalls erscheint allen Fraktionen plausibel: Wer in der Nähe eines S-Bahnhofs lebt, der sehnt sich naheliegenderweise nach einem Ruhepol in seinem Wohnquartier.

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