Landgericht München:Der Freistaat haftet nicht bei zu hoher Miete

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2017 hat das Landgericht die bayerische Verordnung zur Mietpreisbremse für nichtig erklärt. (Foto: Catherina Hess)
  • Ein Rechtsdienstleistungsunternehmen hat gegen den Freistaat Bayern geklagt, weil zwei Münchner Mieter mehr als die ortsübliche Miete bezahlt haben.
  • Der Kläger berief sich auf die gescheiterte Mietpreisbremse. Weil diese schlecht konzipiert gewesen sei, hätten die Mieter nun Ansprüche gegen den Staat.
  • Das sah das Landgericht München nun anders, der Kläger will aber in Berufung gehen.

Von Stephan Handel

Die Mietpreisbremse, so sie denn in Bayern gelten würde, soll dem Wohl der Allgemeinheit, also aller Bürger dienen - und genau aus diesem Grund kann sich ein einzelner Mieter nicht beim Staat schadlos halten, wenn er zu viel Miete bezahlt hat. Zu diesem Ergebnis kommt ein Urteil des Landgerichts München. In dem Verfahren war der Freistaat Bayern auf Amtshaftung verklagt worden.

Kläger war ein Berliner Rechtsdienstleistungsunternehmen, weil die eigentlichen Betroffenen, zwei Münchner Mieter, ihre Forderungen an das Unternehmen abgetreten haben. Es ging um eine Wohnung in Harlaching, knapp 70 Quadratmeter, Nettomiete 1085 Euro. Daraus ergibt sich eine Quadratmeter-Miete von etwa 15,50 Euro. Laut Mietspiegel, so die Kläger, habe die ortsübliche Vergleichsmiete aber nur 10,98 Euro betragen. Eigentlich der typische Fall für die Mietpreisbremse, die ja genau das verhindern soll: Mieterhöhungen bei Neuverträgen über das ortsübliche Maß hinaus.

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Allerdings hat das Landgericht im Jahr 2017 die bayerische Verordnung zur Mietpreisbremse für nichtig, also ungültig erklärt. Darauf beriefen sich nun die Kläger: Die Staatsregierung und die Beamten in den Ministerien, die die unzureichende Verordnung ausgearbeitet haben, hätten nicht sorgfältig gearbeitet. Deshalb sei es nun nicht möglich, gegenüber dem Vermieter die überhöhte Miete geltend zu machen. Dadurch sei ein Schaden entstanden - konkret: etwas mehr als 700 Euro zu viel bezahlter Miete -, für den nun der Freistaat zu haften habe.

Das sah die 15. Zivilkammer des Landgerichts in seinem Urteil anders, die Klage wurde abgewiesen. Es sei demnach so, dass Gesetzgebungs-Gremien Aufgaben der Allgemeinheit wahrnehmen. Und weil somit beim Erlass von Verordnungen immer alle gemeint seien, könnten sich einzelne Bürger nicht darauf berufen, von einer bestimmten Verordnung in ihren Rechten geschädigt worden zu sein.

Ausnahmen von dieser Regel gibt es nur bei Verordnungen, die von vornherein auf einen bestimmten Personenkreis gerichtet sind, zum Beispiel bei Bebauungsplänen, die von ihrer Natur her nur die Leute betreffen, die im Bereich des Bebauungsplans Grundstücke besitzen, bauen wollen oder sonst irgendwelche Rechte innehaben. Das aber, so das Landgericht, sei bei der Mietpreisbremse nicht der Fall: Von den 20 größten Städten Bayerns fallen 15 mit insgesamt rund 3,3 Millionen Einwohnern unter die Kriterien der Mieterschutzverordnung. "Es fehlt daher", so das Urteil, "eine Einengung des Kreises der Betroffenen und eine Individualisierung der Rechtsadressaten."

Rechtsanwalt Daniel Halmer ist Gründer und Geschäftsführer der Berliner Firma "wenigermiete.de", die die Klage angestrengt hat. Er sagt, der Spruch des Landgerichts sei "kein Fehlurteil": "Wir befinden uns auf juristischem Neuland, man kann die Sache so und so sehen." Deshalb sei höchstrichterliche Rechtssprechung erforderlich - diese wird Halmer nun zunächst in der Berufung beim Oberlandesgericht suchen, sodann wird die Angelegenheit so oder so anschließend wohl auch noch den Bundesgerichtshof beschäftigen. (AZ: 15 O 19893/17)

© SZ vom 22.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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