Ausstellung:Viele Gesichter

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Der Latex-Künstler Electric Adam verbindet Kubismus und Fetischismus. (Foto: Damien Frost)

Wie unterschiedlich Masken in der Kunst, der Mode und im Design sein können, zeigt die Schau "Fashion for Bank Robbers" im Maximiliansforum.

Von Sofia Pavlu

Sie hat etwas auf, das aussieht wie ein Helm. Nur sieht sie nichts, weil das Ding ihren ganzen Kopf umschlingt. Langsam und vorsichtig tastet sie ihr Gesicht ab. Ob vorne, an der Seite oder hinten, überall sind kleine Augen, Nasen und Münder. In unterschiedlichen Farben. Ihre Alter-Egos, wie die finnische Künstlerin Mammu Rauhala es nennt, starren in die Kamera.

Das Video läuft in der Ausstellung "Fashion for Bank Robbers" , die derzeit im Maximiliansforum zu sehen ist. Im Dauer-Loop taucht Bild- und Videomaterial von etwa 240 Künstlerinnen und Künstlern auf, das sich mit dem derzeit so populären Thema "Maske" beschäftigt. In diesem Fall aber in einer erfreulicheren Art und Weise. Dass die Masken-Interpretationen nur audiovisuell aufbereitet sind, ermöglicht den Zuschauern dafür eine große Variation an Eindrücken. Wer zufällig die Unterführung zwischen Maximilianstraße und Altstadtring passiert, den lockt schon die sibyllenhafte Musik an, dort im Untergrund ein wenig zu verweilen. Kuratiert wurde das Projekt von Schmuckkünstlerin und Maskenmacherin Carina Shoshtary. Seit 2018 bespielt sie die gleichnamige Instagram-Seite "Fashion for bank robbers", wählt dafür geeignete Arbeiten anderer Kreativer aus und bietet so zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform. Nun stellt die Münchnerin die Masken-Vielfalt erstmals außerhalb der Instagram-Bubble vor.

Als ihr das Maximiliansforum anbot, eine Ausstellung zu planen, habe sie sofort zugesagt, denn hier könne man nicht wie auf Instagram einfach weiterwischen: "Die einzelnen Bilder bleiben recht lange stehen, und so ist das im Kontrast zu Instagram eine langsamere, aber auch intensivere Art die Bilder zu betrachten", sagt Shoshtary. Große Leinwände wirken nicht nur einem flüchtigen Konsum auf sozialen Netzwerken entgegen, sondern bieten den Augen auch mal mehr an als nur einen Smartphone-Bildschirm.

Hinzu kommen kreative und oft aufwändig produzierte Kurzfilme und Videos sowie Interviews und Zitate der Künstler. Was versuchen sie mit ihren Masken auszudrücken? Für die kanadisch-japanische Künstlerin Miya Turnbull geht es vor allem um "Die Schönheit gegen das Groteske (Eine Verwischung der Grenzen) und die Dualität der ,bi-racial'-Identität und des Dazwischen-Seins", so ihr Zitat. Turnbull kreiert meist dreidimensionale Selbstporträts, die teils von Stirn bis Kinn entzweigehen oder sich zu schälen scheinen. So versucht sie die menschliche Identität zu erforschen. Denn zwei oder sogar mehreren ethnischen Gruppierungen anzugehören, erzeugt einen Zwiespalt, der sich (bei Turnbulls Masken) buchstäblich um eine Sinnsuche reißt. In der "Fashion for Bank Robbers-Community" mit inzwischen mehr als 300 000 Followern (darunter Modemagazine wie 032c aus Berlin) findet sie einen idealen "Safe Place".

Ein Latex-Anzug wird zur Ganzkörpermaske

"Nur einige wenige machen wirklich ausschließlich Masken. Oft habe ich den Eindruck, dass die Arbeit zur Maske wird, wenn die Künstlerinnen und Künstler ihre Grenzen ausloten und sprengen möchten. Dann kann beispielsweise Make-up zur Maske werden. Oder Haare. Oder Schmuck", sagt Carina Shoshtary. Oder eben zu tragbarer Kunst. Denn viele der Künstlerinnen und Künstler befreien ihre Masken von der typischen Vorstellung, nur fürs Gesicht zu sein, und erweitern ihren Radius auf den gesamten Körper. Bestes Beispiel ist das Werk von Latex-Künstler "Electric Adam" - er schlüpft in einen eng anliegenden Latex-Anzug in pink-türkis. Passend dazu schmückt ein Vakuumwürfel, aus der Fetischszene bekannt, seinen Kopf. Nach eigenen Angaben des Künstlers soll das Ganze durch seinen Atem aufrecht erhalten werden.

Von skurril bis avantgardistisch, von modischen Darstellungen bis Kostümierungen - die Ausstellung zeigt die unterschiedlichen Herangehensweisen von Fotografen, Bildhauerinnen, Drag-Queens und Drag-Kings, Make-up-Artists und weiteren Kreativen an das Thema "Maske". Doch so vielfältig die Abbildungen hier sind, "mein Traum ist, irgendwann eine Ausstellung zu verwirklichen, bei der auch die Masken selbst gezeigt werden", betont Shoshtary.

Fashion for Bank Robbers, Maximiliansforum , Unterführung Maximilianstr./Ecke Altstadtring, bis 16. Okt

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