Kabarett:Bemerkelnswert

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Robert Stachel (links) und Peter Hörmanseder machen als "Maschek" Satire und Medienanalyse in einem. (Foto: Alexi Pelekanos/Alexi Pelekanos)

Das österreichische Duo "Maschek" widmet der deutschen Bundeskanzlerin ein Bühnenprogramm. Sein besonderes Stilmittel: die Live-Synchronisation.

Von Oliver Hochkeppel, München

Manche Geschichten vergisst man nicht mehr: Die von "unserem" Papst Benedikt etwa, wie er beim Staatsbesuch von der Alitalia statt nach "Austria" nach "Australia" geflogen wird; wie er dann mit einem Tag Verspätung vom damaligen österreichischen Präsidenten Heinz Fischer in Empfang genommen wird, auf dem Podium seinen Segen zur "Eröffnung der Elektronikmesse" spricht, und Fischer ihn korrigiert: "Elektronikmesse war gestern, heute ist Erotikmesse". Solche falschen Geschichten mit echten Bildern im Kopf zu haben, verdankt man den Österreichern Peter Hörmanseder und Robert Stachel.

Mitte der Neunzigerjahre lernten sie sich an der Universität Wien kennen. Es war damals die Gründerzeit neuer alternativer Radio- und Fernsehsender in Österreich, und die beiden mischten - damals noch zusammen mit ihrem Kommilitonen Ulrich Salamun - als politisch engagierte wie humoristisch orientierte Medien-Menschen bei den Experimenten mit. So entstand " Maschek" . Der aus dem Ungarischen kommende Wiener Ausdruck für "von hinten herum" überschrieb ihre zunehmend verfeinerte Methode, Fundstücke aus dem reichen Nachrichten- und Social-Media-Fundus der Darstellung und Selbstdarstellung von Politikern und Prominenten durch eine eigene Live-Synchronisation zu völlig neuen, ebenso absurden wie (um im Wienerischen zu bleiben) urkomischen Geschichten zu stricken. Und das Ganze, anders als etwa bei angelsächsischen "Mockumentaries", live und mitunter sogar frei improvisiert auf die Bühne zu bringen. Eine neue Kabarettgattung darf man das ruhig nennen, eine alles korrodierende Satire, ebenso lustig wie tiefsinnig bis hin zur unterschwelligen Analyse unserer modernen Mediengesellschaft.

Unter dem Titel "Maschek.spricht.drüber" wurde ihr Treiben ab 2002 erst als vielfach preisgekrönte Bühnenshow im Rabenhoftheater, dann als feste Rubrik in Alfred Dorfers "Donnerstalk" und seit 2012 in Stermann & Grissemanns "Willkommen Österreich" in ihrer Heimat zur Marke. Und weil in Österreich die Figuren und Vorgänge beim großen Nachbarn viel präsenter sind als umgekehrt, hatten Hörmanseder und Stachel oft genug Material im Köcher, um sich auch mal in Deutschland zu präsentieren; mehrfach waren sie sogar einst bei Harald Schmidt zu Gast. Insbesondere Angela Merkel wurde zu einer Art Fixstern ihrer Programme, und so bot es sich an, sie für den "Export" in den Mittelpunkt zu stellen.

Das Programm ist nun ein Abschiedsgeschenk an die Kanzlerin

Schon vor zweieinhalb Jahren bastelten sie also "Maschek macht Merkel" zusammen. "Merkel war auch deshalb die perfekte Figur für uns, weil man wusste, dass und wann sie aufhört. Weil sie aber zugleich zu den wenigen gehört, die nachwirken", sagt Hörmanseder. "Sonst ist es so, dass einer, wenn er zurücktritt, weg ist. Unser Bundeskanzler Faymann zum Beispiel war in der Stunde seines Rücktritts für uns tot, schon am selben Tag, an dem wir gespielt haben, war er dem Publikum egal. Es geht also auch um eine seltene Konstanz: Merkel, Putin und Maschek - die sind geblieben. Alle anderen kommen und gehen."

Eine Kontinuität, die im Programm schon zum Einstieg ausgespielt wird, quasi in Dauerschleife fährt Merkel da in Staatskarossen vor. Stachel, der ein Jahr lang in Berlin lebte und die Merkel seit jeher spricht und "betreut", weiß aber auch um die Veränderungen: "Anfangs war sie noch viel mehr als Ossi angelegt, hat sich dann aber immer mehr davon entfernt und wie viele unserer Figuren ein Eigenleben entwickelt. Jetzt ist es halt 'meine' Merkel. Wenn davon Rückschlüsse auf die Echte gezogen werden, bin ich nicht mehr dafür verantwortlich."

Schon im September 2019 hatte das Programm im Wiener Stadtsaal Premiere, im Frühjahr 2020 sollte es dann nach Deutschland gehen. Corona aber hatte etwas dagegen und macht aus der München-Premiere am Mittwoch, 1. September, beim Eulenspiegel Flying Circus im Innenhof des Deutschen Museums nun ein Abschiedsgeschenk an die Kanzlerin. Zumal im Programm zwischen den Zeilen - oft finden sich bei Maschek die verblüffendsten Wahrheiten auf einer zweiten Ebene - Wohlwollen zu erkennen ist. Oder, wie Hörmanseder sagt: "Man kann im Einzelnen von ihr halten, was man will, aber - und das sieht man hier auch bei ihren Begegnungen mit den amerikanischen Präsidenten - Merkel hat einen moralischen Grundanstand. Und ist inzwischen einer der letzten Felsen gegen lauter Verrückte."

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