"Luxon":Fast schrottreifer Panoramawaggon zu Luxuszug umgebaut

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Für 40000 Euro hat die Firma Rail Adventure den alten Waggon gekauft - und dann für ein paar Millionen umgebaut. (Foto: Catherina Hess)

Wer mit dem Luxon reist, muss sich an keine Fahrpläne halten und darf während der Zugfahrt erstklassige Menüs genießen. Die Tickets haben jedoch ihren Preis.

Von Franz Kotteder

Das Dumme am Zugfahren ist ja: Wo's hingeht und wann's losgehen soll, kann man sich nur bedingt aussuchen. Wen das vom Verreisen abhält, für den gibt es eine Alternative: den Salonwagen Luxon. "Lux", das lateinische Wort für Licht, steht dabei für die Panoramafenster des Wagens und für Luxus, "on" für Waggon. Bis zu 22 Fahrgäste können sich den Luxuszug mieten, für Reisen in ganz Europa - überall dort, wo die Gleisnetze unsere Spurweiten haben. Von den üblichen Fahrplänen ist man weitgehend unabhängig. Der Spritztour nach Venedig, Nizza oder Stockholm steht also wenig entgegen - vorausgesetzt, man ist solvent: Denn unter 11 000 Euro kann man den Luxuszug leider nicht buchen.

Am Mittwoch wurde der Luxon, ein Gemeinschaftsprojekt von Rail Adventure und Geisel Privathotels, erstmals präsentiert. Rail Adventure ist ein Münchner Unternehmen, das vor allem für die Bahnindustrie in der Logistik tätig ist, Testfahrten und Überführungen durchführt. Die beiden Geschäftsführer Alex Dworaczek und Jörg Schurig sind auch Eisenbahnverrückte: Wieso hätten sie sonst 2011 den beinahe schrottreifen Panoramawaggon des TEE Rheingold aus dem Jahr 1963 für 40 000 Euro kaufen sollen und ihn dann 95 Monate lang für ein paar Millionen Euro in gut 100 000 Arbeitsstunden umbauen lassen, um den Luxuszug Luxon daraus zu machen? Dworaczek sagt: "Der Umbau war günstiger als ein Neubau, eine völlig neue Genehmigung wäre heute unbezahlbar."

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In einem anderen als einem inhabergeführten Unternehmen wie Rail Adventure wäre so ein Abenteuer wahrscheinlich dennoch nicht genehmigt worden. So aber taten sich Dworacek und Schurig mit der Hoteliersfamilie Geisel zusammen, die für Luxushotels wie Königshof, Excelsior und Anna-Hotel stehen und für gehobene Gastronomie wie den Werneckhof. Erstklassige Menüs aus diesem Restaurant gibt es künftig also auch auf Schienen.

Für die Küche verantwortlich ist der Münchner Sternekoch Tohru Nakamura. (Foto: Catherina Hess)

Werneckhof-Küchenchef Tohru Nakamura, im Guide Michelin ausgezeichnet mit zwei Sternen, zeichnet auch für die Gastronomie des Luxon verantwortlich. "Wir haben in unserem Team ja alle keine Erfahrung in Sachen Mitropa", sagt er, auf die Speisewagengesellschaft der Bahn anspielend. Beeindruckt ist er von der Küche unter dem Panoramarestaurant des Waggons: "Der Stauraum ist unglaublich, den hätte ich im Werneckhof auch gerne." Allzu filigrane Gerichte, sagt er, müsse man leider vermeiden, die funktionierten wegen der Bewegung auf den Schienen nicht.

Bis zu siebengängige Menüs sind im Luxuszug allerdings dennoch möglich, sowie allerlei andere Annehmlichkeiten, bis hin zu einer Modelleisenbahnanlage auf der geschlechtergetrennten Zugtoilette. Die beiden Partner Rail Adventure und Geisel hoffen nun, dass diese lange vergessene Art des Reisens jenseits von Staatschefs wie dereinst Konrad Adenauer oder heute Kim Jong-un wieder neue Freunde gewinnt. Von der Testfahrt für die Presse lässt sich jedenfalls berichten: Wenn man nicht auf den Preis achten muss, ist es eine echte Alternative zum ICE.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war zu lesen, mit dem "Luxon" könne man auch nach Davos fahren. Das ist falsch. Die Gleise dort haben eine andere Spurweite.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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