Wohnungsbau:Günstig wohnen über dem Discounter

Lesezeit: 2 min

Auf den Dächern von Aldi und Lidl könnte man Wohnraum schaffen, finden die Grünen. (Foto: lks)

Die Grünen wollen, dass der Platz über flachen Gewerbebauten im Landkreis künftig besser genutzt wird.

Von Stefan Galler, Landkreis

Der Wohnungsmangel und die immer weiter steigenden Miet- und Immobilienpreise zählen zu den drängendsten Problemen, die den Ballungsraum München belasten. Dementsprechend suchen auch der Landkreis München und dessen Verwaltung nach Möglichkeiten, vor allem bezahlbaren Wohnraum zu generieren. In den vergangenen Monaten rückten nicht zuletzt die oftmals in Flachbauweise konstruierten Gewerbebauten der großen Discounter in den Fokus der Planungen: Warum nicht Wohnungen auf die großflächigen Supermärkte bauen und damit diesen verschenkten Platz sinnvoll nutzen? Die Kreistagsfraktion der Grünen greift diese Idee nun auf und fordert in einem Antrag, eine Übersicht zu erstellen mit siedlungsnahen Flächen im Landkreis, die nur mit flachen Gewerbebauten und Parkplatzflächen belegt sind und die aufgrund ihrer Lage für eine Aufstockung mit Wohnraum geeignet sein könnten.

Laut Markus Büchler, stellvertretender Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag, geht es hier im ersten Schritt tatsächlich nur um eine Bestandsaufnahme: "Es ist ja klar, dass niemand gezwungen werden kann, einem solchen Projekt zuzustimmen. Es soll eher eine Anregung an betroffene Gemeinden sein, die solche Gebäude auf ihrem Gebiet haben, an die Betreiber oder Grundstückseigentümer heranzutreten", sagt Büchler und betont, dass die Planungshoheit der Gemeinden selbstverständlich nicht angetastet werden dürfe.

Falls sich die Gemeinden eine solche Lösung vorstellen können und auch der jeweilige Grundstückseigentümer dem Projekt positiv gegenübersteht, könnte dann nach Vorstellung der Grünen die Wohnungsbaugesellschaft München-Land auf den Plan treten. "Es würde sich natürlich anbieten, wenn hier die landkreiseigene Gesellschaft tätig werden würde", so Büchler.

Im ersten Schritt geht es um eine Bestandsaufnahme

Zunächst einmal gehe es vor allem darum, sich einen Überblick über den Bestand zu verschaffen. "Das sollte mit überschaubarem Aufwand möglich sein", sagt Büchler, "die Daten müssten der Verwaltung vorliegen, im Zweifelsfall kann man solche Flachbauten ja auch anhand von Luftbildern leicht identifizieren."

Die Grünen steigen mit ihrer Initiative in eine aktuell bereits auf Hochtouren laufende Diskussion ein. Kritiker bezweifeln schon länger, dass die Versiegelung großer Flächen in Ballungsräumen durch flache Gebäude heutzutage noch tragbar ist. Und sogar der Aldi-Konzern selbst hat mittlerweile diesbezüglich eine neue Sicht der Dinge: In Berlin etwa sollen insgesamt 32 bestehende Filialen nach und nach abgerissen und neu gebaut werden - mit insgesamt etwa 2000 günstigen Wohnungen in den oberen Stockwerken.

Davon profitieren alle: Das Unternehmen kann in die Jahre gekommene Märkte abreißen und wieder aufbauen - größer und moderner. Die Baugenehmigungen für diese größeren Flächen gibt es jedoch nur, wenn Aldi gleichzeitig Wohnungen errichtet. Und die Mietpreise sollen zehn Euro für den Quadratmeter nicht übersteigen. Ein Konzept, von dem dann auch die Stadt profitiert.

Den Wert der Gebäude steigern

In München hat man ein platzsparendes Wohnbauprojekt bereits realisiert: Beim Dantebad wurde über einem Parkplatz ein Gebäude in Holzsystembauweise errichtet. So entstanden 100 Wohnungen auf vier Etagen in bester Lage. "So etwas lässt sich deutlich schneller und billiger realisieren, als etwa unter die Wohnanlage eine Tiefgarage zu graben", sagt Büchler.

Gut, wenn sich Grundstückseigentümer zu solchen innovativen Lösungen durchringen können. In Unterschleißheim ist ein ähnliches Konzept von Aldi abgelehnt worden. Der dortige Stadtrat hatte im Februar angeregt, die dortige Filiale an der Carl-von-Linde-Straße mit Wohnungen zu überbauen. "Die Beeinträchtigungen in der Bauphase sind nicht von der Hand zu weisen", sagt Markus Büchler. Andererseits könnten die Unternehmen, die den Weg gehen und Wohnraum schaffen, durch die Miete Einnahmen generieren und grundsätzlich den Wert ihrer Gebäude steigern. Ganz abgesehen von steuerlichen Vorteilen und all den Zuschüssen, die etwa der Freistaat in die Wohnungsbauförderung steckt.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: