Flüchtlingshilfe:Neue Auflage empört Ehrenamtliche

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Ehrenamtliche, die direkt mit Flüchtlingen zu tun haben, brauchen künftig ein erweitertes Führungszeugnis, auch wenn es sich um Erwachsene handelt. (Foto: Claus Schunk)

Wer mit Flüchtlingen gleich welchen Alters zu tun hat, soll dem Landratsamt ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Die Helferkreise in Grasbrunn und Feldkirchen kritisieren das als unnötige bürokratische Hürde.

Von Franziska Dürmeier

Bisher mussten Asylhelfer im Landkreis München nur dann ein Führungszeugnis vorlegen, wenn sie mit Minderjährigen in direktem Kontakt stehen. Künftig wird von allen Helfern, die unmittelbar mit Flüchtlingen zu tun haben, ein erweitertes Führungszeugnis verlangt, unabhängig davon, ob die Betreuten minderjährig sind oder nicht. Das teilte Elif Yildizoglu, Koordinatorin des Landratsamtes für die Helferkreise, den Kommunen und Ehrenamtlichen unlängst mit. Eine Vorgehensweise, die woanders nicht neu ist, die Stadt München fordert von Helfern standardmäßig ein solches Zeugnis. Und auch in der freien Wohlfahrtspflege, etwa bei der Awo oder Caritas, ist das Prozedere üblich.

Einige Helferkreise akzeptieren die Regelung, andere weigern sich

Die Neuregelung trifft jedoch nicht in allen Gemeinden auf Verständnis. Während die Helferkreise in Ottobrunn/Hohenbrunn, Putzbrunn, Aschheim, Unterschleißheim und Neubiberg die Vorgabe akzeptieren, wird etwa in Feldkirchen und Grasbrunn/Vaterstetten Kritik laut. In den dortigen Helferkreisen wurden noch keine Zeugnisse eingefordert. Man halte das nicht für nötig, sagte die Leiterin des Helferkreises Grasbrunn/Vaterstetten, Renate Grunow-Cerwinski. Sie kläre die Sache derzeit mit dem Landratsamt ab.

Die Feldkirchner Gemeindeverwaltung äußert derweil die Befürchtung, dass manche Ehrenamtliche ihre Tätigkeit überdenken könnten. Wie Geschäftsleiter Heinz-Josef Reiser in der jüngsten Gemeinderatssitzung sagte, entstehe der Eindruck, dass statt einer Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Bürger ein zusätzlicher verwaltungstechnischer Mehraufwand verursacht werde. "Was ist, wenn jemand sagt, ich beantrage es nicht, weil ich das nicht einsehe", so Reiser, "dann müsste man sagen: Du darfst nicht helfen." Auch datenschutzrechtlich bereite ihm diese Regelung "Bauchschmerzen", sagte Reiser.

"Jetzt wird uns noch ein Stein in den Weg gelegt"

Michaela Strathmann, Leiterin des Asylhelferkreises in Feldkirchen, sieht die Vorgehensweise des Landratsamtes ebenfalls kritisch. "Jetzt wird uns noch ein Stein in den Weg gelegt", sagt sie. Als Ehrenamtliche ist für Strathmann die Zeit knapp, in ihrer Initiative sind etwa 150 Helfer tätig, durch die Neuregelung entstünden nun noch mehr Arbeit und Bürokratie - "und die wird wieder auf den Helferkreis abgewälzt", sagt sie. Zumal sich in Feldkirchen aktuell lediglich zwölf Asylbewerber befänden, die alle volljährig seien. Fünf davon seien inzwischen anerkannt. Der Aufwand sei also nicht verhältnismäßig, sagt Strathmann.

Aktuell gibt es im Feldkirchner Helferkreis auch Überlegungen, diesen vorübergehend ruhen zu lassen, bis wieder neue Asylbewerber in der Gemeinde eintreffen. Für die Betreuung der minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge in der evangelischen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung in Feldkirchen ist die Innere Mission zuständig.

Es geht um den Schutz der Asylbewerber und die Absicherung der Ehrenamtlichen

Auch die gesetzliche Grundlage für die Neuregelung im Landkreis wurde in Feldkirchen hinterfragt. Die existiert, wie das Landratsamt erklärt, nur für die Betreuung von Minderjährigen. Eine Sprecherin erläutert, dass es sich dabei auch um eine Empfehlung und Aufforderung handle, nicht um eine Pflicht. Für alle Asylbewerberunterkünfte im Landkreis, die von einem Träger der freien Wohlfahrtspflege betreut werden, lägen entsprechende Zeugnisse vor. "Dem möchte sich nun auch der Landkreis München anschließen", so die Sprecherin. "Dies soll insbesondere dazu beitragen, das Ehrenamt im Landkreis einheitlich und transparent zu gestalten. Zum anderen soll so auch eine Professionalisierung des Ehrenamtes beim Thema Asyl angestrebt werden." Es gehe um den Schutz der Asylbewerber sowie eine Absicherung der Ehrenamtlichen selbst, heißt es.

Die Feldkirchner SPD-Gemeinderätin Verena Claudi verteidigte die Neuregelung. Es handele sich doch nur um eine Aufklärungssache, die auch andere Einrichtungen verfolgen würden, sagte Claudi. "Normalerweise meldet sich deshalb keiner ab." Karl Stocker vom Helferkreis Ottobrunn/Hohenbrunn und Putzbrunn sieht auch kein Problem. Oft sei es nur ein kurzer Weg in die Behörde, sagt er, Kosten entstünden nicht. Auch die Helferkreise in Aschheim und Neubiberg haben Verständnis. In Neubiberg, wo laut Helferkreisleiter Norbert Büker mehr als 300 Ehrenamtliche aktiv sind, lasse man die Helfer sogar zusätzlich Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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