Verkehr der Zukunft:Auf Schienen über die B 471

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Mit den Überlegungen für eine Autobahnparallele im Münchner Osten lebt auch die Idee einer Stadt-Umland-Bahn wieder auf. Sie könnte auf der Trasse der bisherigen Bundesstraße verkehren

Von Bernhard Lohr, Feldkirchen/Haar

Die Bundesstraße 471 steht exemplarisch für die Verkehrsprobleme und Versäumnisse im Landkreis. Wie ein Halbkreis verläuft sie um die Landeshauptstadt. Und wie an einer Perlenkette reihen sich an ihr die Kommunen im Landkreis auf. Staus gehören zur Tagesordnung, ob nun in Oberschleißheim, im Raum Ismaning oder im Osten in Feldkirchen, Haar und Putzbrunn.

Sie zeigen, dass die Straße als wichtigste Tangentialverbindung im Landkreis München überlastet ist. Und dass es überfällig ist, das sternförmig auf München ausgerichtete S-Bahnnetz durch Querverbindungen zu ergänzen. Deshalb lebt die Idee einer Stadt-Umland-Bahn wieder auf, die auf der Trasse der bisherigen B 471 fahren könnte.

Die Vision stammt aus einer gemeinsamen Erklärung der Bürgermeister aus Feldkirchen, Haar, Grasbrunn, Vaterstetten und Putzbrunn. Sie suchen verstärkt die Zusammenarbeit, trafen sich bereits mehrmals und schrieben Briefe an Landrat Christoph Göbel (CSU), in denen sie auf den Bau einer Autobahnparallele pochen, die die stark belastete B 471 im Münchner Osten ersetzen und den Verkehr aus den Ortskernen herausbringen soll.

"Es darf alles gedacht werden."

Doch mit mehr Straßen allein glauben sie das Problem nicht mehr in den Griff zu bekommen. Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sagt, zu Recht bestehe die Sorge, mehr Straßen würden am Ende nur noch mehr Autoverkehr anziehen. Deshalb sei entscheidend, die bisherige B 471 zurückzubauen und für Radverkehr und öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Diese Erkenntnis greifen die Bürgermeister mit ihrem Vorschlag auf, auf der bisherigen Bundesstraße einen Radschnellweg zu schaffen, Expressbusse fahren zu lassen, oder gar eine Stadt-Umland-Bahn. Der Feldkirchner Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) sagt, es müssten dringend Tangentialverbindungen geschaffen werden, um Alternativen zum Auto zu schaffen. Die Trasse der B 471 "wäre ideal". Auch für eine Bahn: "Es darf alles gedacht werden", sagt van der Weck.

Viel konkreter werden die Bürgermeister nicht mit ihrem Vorstoß, und rennen doch im Landratsamt offene Türen ein. Man teile die Ansicht, heißt es aus der Behörde. Und man werde mit der Untersuchung über die Machbarkeit einer Autobahnparallele "zeitgleich die Einbindung tangentialer ÖPNV-Trassen" untersuchen. Insbesondere müssten "schienengebundene Verkehre und Expressbuslinien" betrachtet werden, heißt es auf Anfrage.

Damit rückt eine Stadt-Umland-Bahn, die im Jahr 2004 trotz fortgeschrittener Untersuchungen wegen hoher Kosten und manch anderer Schwierigkeiten für gescheitert erklärt wurde, wieder ein Stück weiter ins Blickfeld. Den großen Wurf erhofft sich heute keiner mehr. Dafür war die Ernüchterung damals zu groß.

Doch schon 2014 bescheinigten der Geschäftsführer des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds, Alexander Freitag, und der Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands (RPV), Christian Breu, der Stadt-Umland-Bahn wegen wachsender Verkehrsprobleme in der Region neue Aktualität. Freitag warb damals dafür, in einer "Bottom-up-Strategie" erst einmal Expressbusse auf bestimmten tangentialen Strecken fahren zu lassen, um dann Abschnitt für Abschnitt einzelne Bahnverbindungen herzustellen und diese irgendwann zu einem Ring zusammenzuführen.

Expressbusse sollen den Anfang machen

Mittlerweile zeigt sich, das genau das ein gangbarer Weg sein könnte. Einige Expressbuslinien wie etwa vom Ostbahnhof nach Brunnthal-Nord existieren. Weitere sind in Vorbereitung. Und mit Blick auf eine tangentiale Verbindung von Garching über Unterschleißheim und Oberschleißheim bis Feldmoching soll nun auch untersucht werden, ob Expressbusse als Vorläufer für eine Stadtbahn verkehren könnten. Bürgermeistern wie Christoph Böck (SPD) in Unterschleißheim schwebt vor, mit einer Tangentiale die U 6 in Garching mit der S- und U-Bahnstation in Feldmoching zu verknüpfen, um so im staugeplagten Norden eine tangentiale Entlastung zu bekommen.

Solche Gedanken hegen freilich die Kollegen im Osten auch, wenn sie auf Expressbusse oder die Stadt-Umland-Bahn hoffen. Und sie stehen mit ihrem Glauben an ein visionäres Bahnprojekt nicht alleine. Andreas Frank ist als Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn Berufsoptimist, was Bahnprojekte angeht. "Wenn man wirklich will, dann geht auch was", sagt er. Solche Stadtbahntrassen könne man städtebaulich schön gestalten, und sie bräuchten auch relativ wenig Platz.

Grünen-Kreisrat Markus Büchler lehnt die von den Bürgermeistern geforderte Autobahnparallele im Münchner Osten zwar ab. Die Überlegungen zu einer Stadt-Umland-Bahn auf der Trasse der B 471 findet er dagegen umso reizvoller. Dort würde sich eine Gelegenheit bieten, sagt Büchler. Er registriere über alle Parteigrenzen hinweg einen breiten Konsens darin, dass die S-Bahnhaltepunkte im Landkreis München tangential verbunden werden müssten. Eine Stadt-Umland-Bahn wäre so eine Verbindung.

© SZ vom 10.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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