Musiktheater:Kurzer Prozess für Wotan und Siegfried

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Sky du Mont fungiert in Unterschleißheim als Gerichtsreporter, der sich mit den "kriminellen" Handlungen von Wagners Helden und Göttern auseinandersetzt. (Foto: Revierfoto/Imago)

In Unterschleißheim kommt Wagners Ring der Nibelungen auf die Bühne - als Gerichtsverhandlung und in nur zwei Stunden. Eine der Hauptrollen spielt Sky du Mont.

Von Udo Watter, Unterschleißheim

Vor dem "Rheingold"-Besuch in der Staatsoper muss der Monaco Franze alias Helmut Fischer noch einiges lernen. "Weia! Waga! Woge, du Welle! Walle zur Wiege! Wagalaweia... Wa Wa Wahnsinn" stöhnt der Stenz. Doch Freund Manni Kopfeck, gespielt von Karl Obermayr, ist unerbittlich und als er die Namen der neun Wallküren abfragen will und der Franze ihm mit den drei Rheintöchtern kommt ("Wellgunde, Woglinde und Floßhilde") statt mit Waltraute, Roßweiße, Schwertleite und Co., da gönnt er dem verzweifelnden Gegenüber ("Manni, ich weiß es nicht") keine Erlösung: "Dann lern's, Depp!"

Ja, lernen, leicht gesagt. Dabei ist "Rheingold" ja nur der Anfang, lächerliche zweieinhalb Stunden lang, mit den anderen drei Teilen "Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung" erstreckt sich Wagners Opern-Tetralogie auf mehr als 15 Stunden. Das Monumentalwerk dauert freilich nicht nur sehr lange - die Götter und die Helden lassen darin auch keine Schandtat aus: ob Wotan, Hagen oder Alberich, selbst Siegfried ist nicht makellos. Es wird gestohlen, verschleppt, erpresst, gemeuchelt, genötigt, entführt, Verträge werden gebrochen oder arglistig umgangen.

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Der "Ring des Nibelungen vor Gericht", der am Samstag, 4. November, im Unterschleißheimer Bürgerhaus gezeigt wird, befasst sich besonders mit diesem kriminellen Aspekt der Sagenwelt. Zudem ist er auf flotte zwei Stunden zusammengeschnurrt. Natürlich lotet die Eigenproduktion der Münchner Firma "Carpe Artem" in ihrer zeitlich bekömmlichen Fassung auch die musikalisch und geistesgeschichtlich-metaphysischen Dimensionen aus. Die Handlung wird jedoch anhand juristischer Fragen und Tatbestände erzählt- und das nicht ohne Ironie.

Dafür steht auch der als Gerichtsreporter fungierende Präsentator: Sky du Mont. Der in Buenos Aires geborene Sohn eines Deutschen und einer Engländerin erinnert in vielen seiner Filme eher an einen südländischen Beau mit blasiertem Charme als an einen blond-germanischen Recken. Charmant darf der mittlerweile 75-Jährige Schauspieler freilich auch in dieser Rolle agieren, als Protagonist und Begleiter einer theatralen Verhandlung, bei der Helden und Göttern ein "höchst vergnüglicher Prozess" gemacht wird, wie es heißt.

In einem Strafprozess käme kaum einer der Akteure ungeschoren davon

Dass in einem ordentlichen Strafprozess kaum einer der Ring-Akteure ungeschoren davon käme, ist klar, und so darf man gespannt sein, wie die Urteile ausfallen. Neben Sky du Mont - zu dessen bekanntesten Rollen die des mit Nicole Kidman tanzenden Verführers in Stanley Kubricks "Eyes Wide Shut" gehört und natürlich die des Gangsters Santa Maria, der in "Der Schuh des Manitou" den Superperforator steppt - ist in Unterschleißheim ein weiterer Künstler in Aktion: Der Kammersänger und bekannte Wagnerinterpret Siegfried Jerusalem wird den beweiskräftigen Indizienkatalog, der sich vor allem aus Videoeinspielungen speist, persönliches Wissen aus erster Hand beifügen - über den Bayreuther Himmel und dessen Protagonisten vor, auf und hinter der Bühne.

Das Publikum lernt dabei den Opern-Zyklus in komprimierter Form kennen: Es wird mit dem Vorspiel aus Rheingold auf den Abend eingestimmt und dann - unterbrochen von den moderierten Gesprächen - sowohl in Rheingold und Walküre als auch in Siegfried und Götterdämmerung mittels Filmeinspielungen eingeführt. Versprochen wird ein "Spiel von Schuld und Sühne", flankiert von Videoeinspielungen aus dem Bayreuther "Jahrhundertring" von Patrice Chéreau aus dem Jahr 1976. Das mutmaßlich fulminante Ende des Abends ist von der Schluss-Szene aus der Götterdämmerung inspiriert. Vieles spricht dafür, dass das Verdikt vom Monaco Franze über die "Rheingold"-Inszenierung in der TV-Serie ("Ein rechter Scheißdreck war's. Altmodisch bis provinziell war's!") in Unterschleißheim keine Gültigkeit haben wird.

"Der Ring des Nibelungen vor Gericht", Samstag, 4. November, Beginn 20 Uhr, Bürgerhaus Unterschleißheim. Karten gibt es online über www.forum-unterschleissheim.de oder www.muenchenticket.de oder im Ticket Shop Unterschleißheim (Telefon 089/31 00 92 00), per E-Mail vorverkauf@ush.bayern.de .

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