Rotes Kreuz:Gerüstet für die nächsten Krisen

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BRK-Bereitschaftsleiter Christoph Breitfeld und Karen Haensch in der geräumigen Garage. Sie arbeiten jetzt unter viel besseren Bedingungen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Unterschleißheimer BRK-Bereitschaft bezieht ihr neues, großzügiges Haus. Wie wichtig die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer ist, haben sie in den vergangenen Jahren mehrfach unter Beweis gestellt.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Sie waren schnell und wie selbstverständlich zur Stelle. Das war während der Corona-Pandemie so und auch, als nach dem russischen Angriff auf die Ukraine von einem Tag auf den anderen 200 Geflüchtete im Hotel Infinity zu versorgen waren. Christoph Breitfeld und seine Leute von der BRK-Bereitschaft Unterschleißheim fragten nicht lange und kümmerten sich ganz überwiegend ehrenamtlich.

Der Antrieb komme von den sieben Grundwerten des Roten Kreuzes, sagt Breitfeld, das sei seine Bibel. "Menschlichkeit" steht dabei für ihn und die 140 Mitglieder an erster Stelle. Gelebt wird das jetzt in einem neuen, großzügigen Gebäude am Furtweg. Die Rotkreuz-Helfer sind also bestens gerüstet für kommende Katastrophen.

Dabei wurde der Bau schon vor Corona geplant. Die BRK-Bereitschaft verfügt dort über neun Garagen mit entsprechendem Fuhrpark und nutzt fortan darüber zwei Geschosse mit Schulungsräumen, Großküche und Räumen, in denen im Notfall ein Krisenstab tagen kann - oder auch Freiwillige aus der Bevölkerung rekrutiert werden können. "Ich glaube, so was gibt es nirgends noch mal", sagt Christoph Breitfeld wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung bei einem Treffen in der Fahrzeughalle. Das Gebäude, an dem an der Fassade und auch innen das Rotkreuz-Emblem ein wiederkehrendes gestalterisches Symbol ist, sei einzigartig für eine rein ehrenamtliche Truppe.

"So etwas gibt es nirgends": Die Rotkreuz-Helfer in Unterschleißheim sind angetan von ihrem neuen Gebäude, das sie nur BRK-Heim nennen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Stadt Unterschleißheim hat es für gut sechs Millionen Euro hingestellt. Es ist der Ersatz für ein altes Gemäuer, das die Rotkreuzhelfer 1998 von der Stadt übernommen hatten und das früher ein Betriebsgebäude der Isar-Amper-Werke war. Notwendig wurde der Neubau, weil die Garagen zu klein geworden waren.

Während der Pandemie baute die Unterschleißheimer BRK-Bereitschaft auf der Volksfestwiese ein Testzentrum auf, später kam das Impfzentrum dazu. "Ich finde, den ersten Teil der Pandemie haben wir ganz gut hinbekommen", sagt der 48-jährige Breitfeld, wissend, dass nicht alles perfekt war. Aber man habe im Angesicht der Todeszahlen aus China und Italien schnell eine Infrastruktur hochgezogen.

"Man zieht aus jeder Katastrophe Lehren", sagt Bereitschaftsleiter Christoph Breitfeld

Mittlerweile werden die Konzepte geschrieben, um auf ähnliche Herausforderungen in Zukunft besser vorbereitet zu sein. "Man zieht aus jeder Katastrophe Lehren", sagt Breitfeld, sei es das Hochwasser in Dresden 2002 oder die Flut im Ahrtal 2021. Helfer aus Unterschleißheim waren in beiden Fällen im Einsatz.

Breitfeld selbst fuhr kurz nach Kriegsbeginn mit Hilfsgütertransporten in die Ukraine und baute in der Türkei nach dem jüngsten Erdbeben Großzelte auf. Er bringt sich beim Deutschen Roten Kreuz in Berlin bei der internationalen "Krisenvorhaltung" am Flughafen Schönefeld ein. Krisen ließen sich nicht verhindern, sagt der Leiter der Unterschleißheimer BRK-Bereitschaft, aber der Umgang mit ihnen verbessern. Der Krieg in der Ukraine habe beim Bau des Rotkreuz-Heims einiges verändert. "Die Stadt hat in ihren eigenen Katastrophenschutz investiert."

Die Großküche kann im Notfall mehr als 1000 Personen versorgen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bürgermeister Böck (SPD) bezeichnet das neue Haus schon mal als "Leuchtturm". Das klingt gut und steht in dem auf Kreisebene organisierten Katastrophenschutz als Fachbegriff für Gebäude, an denen Menschen in Not Hilfe finden; also wenn der Strom länger ausfällt oder die Versorgung mit Nahrungsmitteln kritisch wird. In der Corona-Pandemie war das ein Thema, als wegen der Kontaktbeschränkungen Mittagstische für Senioren ausfielen. Damals habe man selbst noch nicht helfen können, sagt Ella Kick, 28, die in der BRK-Bereitschaft die Jugendarbeit verantwortet. Inzwischen ist das anders: Das neue BRK-Heim verfügt über eine Großküche, die auf mehr als 1000 Personen ausgelegt ist. In der Garage steht noch eine Feldküche und daneben ein vom Freistaat finanzierter sogenannter GW-San-25-Lkw, der so ausgestattet ist, dass 25 Schwerverletzte eine Stunde lang behandelt werden können.

Ella Kick zeigt auf der Karte im Lageraum des BRK-Heims, wo das Gebäude am Furtweg liegt. (Foto: privat)

Einsatzpläne für Katastrophenfälle werden derzeit vielerorts erstellt. Die Staatsregierung arbeitet an einer entsprechenden Gesetzesnovelle. Unabhängig davon werden besondere Vorkehrungen für die Fußball-Europameisterschaft getroffen, die am 14. Juni in der Fröttmaninger Arena mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland wenige Kilometer von Unterschleißheim entfernt eröffnet wird. Breitfeld plant schon Bereitschaftsdienste. Dieses Sicherheitsnetz spannen Leute wie die 28-jährige Ella Kick ehrenamtlich. Sie organisieren Blutspendetage oder fahren Notdienste. Die Studentin schwärmt vom Miteinander im Team: "Es ist eine Gemeinschaft, die zusammenhält." Breitfelds Stellvertreter Sebastian Schürmann spricht von einer "Familie". Viele Paare hätten sich dort gefunden.

Die BRK-Gruppe in Unterschleißheim blickt auf Jahrzehnte zurück. Sie wurde 1952 gegründet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die BRK-Bereitschaft geht auf das Jahr 1952 zurück. Ein Foto von der Gründungsfeier am 8. Februar zeigt ernst dreinblickende Männer und Frauen mit Schwesternhauben, es ist mit anderen Dokumenten in einer Vitrine im neuen Heim ausgestellt. Der Vorsitzenden wird mit einer Bildergalerie im Treppenhaus gedacht. Im Eingangsbereich zeigt ein großflächiges Gemälde Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes.

Krisenmanagement war zuletzt erforderlich, als im Juli 2021 wegen eines Pumpenschadens im Wasserwerk im Berglwald Tausende Haushalte in Unterschleißheim und Oberschleißheim auf dem Trockenen saßen. 14 Stunden bestand die Notlage. Die Pumpen fielen dann bald darauf erneut aus. Wenn am Samstag das neue Heim feierlich eröffnet wird, werden die BRKler im Lageraum das Szenario durchspielen, dass sogar 78 Stunden kein Wasser in den Leitungen ist. Bald nach der Eröffnung des neuen Hauses laufen außerdem in den Schulungsräumen Kurse an, damit auch die breite Bevölkerung möglichst schnell fit wird in erster Hilfe.

Das neue BRK-Heim am Furtweg 90 in Unterschleißheim wird am Samstag, 13. April, eröffnet. Von 10 bis 12 Uhr läuft ein offizieller Teil mit Reden unter anderem von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU). Dann kann von 14 bis 18 Uhr jeder die Räume besichtigen. Und am Abend feiert das BRK mit Freunden und Vertretern von Vereinen.

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