Lärmschutz an der A995:Seriös kalkuliert, aber unvollständig

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Das günstige Angebot einer Firma für eine Lärmschutzwand an der A 995 bei Unterhaching bezieht sich auf die reinen Baukosten.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Das Angebot klang verlockend: Zu einem Komplettpreis von 2,4 Millionen Euro sollte die Lärmschutzwand entlang der Giesinger Autobahn bei Unterhaching zu haben sein. Diese Kalkulation, die die Lärmschutzinitiative um Catia Hilgart ins Gespräch gebracht und deren Überprüfung die CSU-Fraktion im Gemeinderat beantragt hatte, hielt dem kritischen Check des Gutachters allerdings so nicht stand.

Robert Müller vom Ingenieurbüro Mayr kam beim Addieren der Kosten für ein solchen Projekt auf insgesamt fast acht Millionen Euro. Damit käme das Bauwerk die Gemeinde, die den Lärmschutz selbst zahlen müsste, nur unwesentlich billiger als ein bereits abgelehnter hohe Wall, der acht bis zehn Millionen kosten sollte.

Der Gutachter betonte in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend ausdrücklich, dass das vorliegende Angebot der Firma Rau Geosysteme seriös kalkuliert sei. Auch dürfe man ein solches System, das aus befüllten Stahlkörben besteht und begrünt wird, mittlerweile nach guten Erfahrungen in Nordbayern entlang der Autobahn errichten. Allerdings hatte das Angebot laut Gutachter nur die Baukosten enthalten und einen Großteil der Projektkosten, die noch hinzukommen, nicht oder in zu geringem Umfang berücksichtigt.

"Der Wall ist nicht tragfähig", sagte der Gutachter

Fest steht nach einer Untersuchung des bestehenden drei Meter hohen Walls, auf dem die Wand nach Vorstellungen der Lärmschutzinitiative errichtet werden soll, dass dieser dafür nicht geeignet ist. Die Bodensondierung hatte ergeben, dass zwei Drittel des Walls neu aufgebaut werden müsste, sollte das Bauwerk hier platziert werden. Die Verwurzelungen durch die Vegetation sei enorm, der Humus zu weich. "Der Wall ist nicht tragfähig", sagte Müller, man könne ihn nicht einmal mit einem Bagger befahren. Um den Wall entsprechend zu optimieren, müsste die Gemeinde allein 480 000 Euro in die Hand nehmen.

Richtig teuer käme Unterhaching auch die Verkehrsregelung auf der A 995 während der Bauzeit. Zwar hat die Autobahndirektion bereits signalisiert, dass eine solche Wand nun doch von Autobahnseite aus errichtet werden dürfte. Die verkehrsleitenden Maßnahmen allerdings muss die Gemeinde zahlen, und da reichten 50 000 Euro wie im vorgelegten Angebot bei weitem nicht aus. Schließlich müssten die gelben Markierungen immer wieder erneuert werden, so der Gutachter. 175 000 Euro hat er hierfür eingerechnet.

Hinzu käme aber auch noch ein Pflegeweg von Unterhachinger Ortsseite aus, für dessen Einrichtung Rodungen vorgenommen werden müssten. Auch Kosten für Fluchtwegtüren und die Bewässerung gilt es einzukalkulieren. Ebenfalls nicht mitgerechnet wurden in dem Angebot die Auswirkungen auf die bestehenden Lärmschutzwände auf den Brücken. Erhöht man nämlich den alten Wall und setzt eine Wand darauf, liegt man in diesem Bereich höher und der Schall sucht sich seinen Weg etwa durch die Isartalstraße. Man müsste also auch den Schallschutz auf den Autobahnbrücken entsprechend ertüchtigen.

Für Bau und Planung einer Lärmschutzwand rechnet Müller insgesamt mit 5,2 Millionen Euro, hinzu komme der Unterhalt, etwa 2,3 Millionen für 50 Jahre. Auch die damalige Kostenschätzung für einen Wall hält er für realistisch, da große Mengen an Erdmassen bewegt werden müssten.

Die Lärmschutzinitiative ist mit dem Ergebnis der Überprüfung erwartungsgemäß nicht zufrieden. Sprecherin Hilgart teilte mit: "So geht man eigentlich nur vor, wenn man ein Projekt ablehnen will. Als ob noch nirgendwo eine Lärmschutzwand aufgestellt worden wäre. Nur in Unterhaching geht es anscheinend nicht, obwohl wir schon vorher eine Lärmschutzwand hatten."

Wie Unterhaching nun weiter mit dem Thema umgeht, steht noch nicht fest. "Wir sollten uns in den stillen Tagen Gedanken darüber machen", findet Peter Hupfauer (FDP). Franz Felzmann (CSU) sagte: "Wir sind deutlich billiger geworden." Nun müsse man prüfen, ob es eine noch billigere Lösung gebe.

Die Idee der Rathausverwaltung, durch einen Waldumbau einen höheren Lärmschutz entlang der A 995 zu erreichen, wurde inzwischen zu den Akten gelegt. Es würden keinerlei Maßnahmen ergriffen, in den Gehölzbestand einzugreifen, teilte Rathaussprecher Simon Hötzl in der Sitzung mit. Das Rathaus hatte die Verhandlungen mit den Staatsforsten nicht weiter geführt, nachdem zahlreiche Bürger eine Petition im Landtag gegen diesen Vorschlag eingereicht hatten.

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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