Gemeindefinanzen:Die Party ist vorbei

Lesezeit: 3 min

Die Feierlaune ist in Unterhaching nach Jahren satter Gewerbesteuereinnahmen vorerst verflogen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Unterhaching muss zwölf Millionen Euro an Gewerbesteuern an zwei Firmen aus der Lebensmittel- und der Immobilienbranche zurückzahlen. Für den Haushalt 2023 sieht es ebenfalls düster aus.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Das Loch im Unterhachinger Gemeindehaushalt ist vor allem auf die Gewerbesteuer-Rückzahlung an ein einziges Unternehmen zurückzuführen. Das erklärte die Rathausverwaltung am Mittwochabend in der Gemeinderatssitzung und bezifferte die Einnahmenausfälle auf insgesamt zwölf Millionen Euro. Zwei Millionen davon entfallen auf eine weitere Firma. Welche großen Steuerzahler da seit 2020 - im Nachhinein betrachtet - zu viel überwiesen haben, darüber bewahrt das Rathaus Stillschweigen. Rathaussprecher Simon Hötzl deutet aber an, um welche Branchen es sich handelt: "Unterhachings Wirtschaft ist gut in Lebensmitteln und Immobilien, das war gut in Corona und hat jetzt auch Risiken."

Das nun finanziell klamme Unterhaching, immerhin zweitgrößte Kommune im Landkreis München, ist ein Beispiel dafür, wie eine Gemeinde gut durch die Pandemie gekommen ist und dann mit Beginn der Energiekrise den großen Einbruch erlebt. Bereits vergangene Woche hat der Haupt- und Finanzausschuss eine Haushaltssperre erlassen, um die Ausgaben möglichst gering zu halten. Auswirkungen hat die finanziell angespannte Situation vor allem auf den Haushalt 2023. Die Verhandlungen darüber haben bereits am späten Mittwochabend in einer nichtöffentlichen Sitzung begonnen. Sie werden sich noch länger hinziehen und sie werden schwierig wie schon lange nicht mehr. "Einen zweistelligen Millionen-Betrag als Rücklauf, den müssen wir verarbeiten, das können wir nicht so ohne Weiteres", sagte Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) im Vorfeld.

"Es ist nicht eine einmalige Situation, sondern eine Wirtschaftslage"

Im Jahr 2010 hatte Unterhaching zuletzt den Gürtel ziemlich eng schnallen müssen: 25 Prozent weniger Einnahmen gab es damals, jetzt sind zum Ende dieses Monats ein Drittel der 2022 einkalkulierten Gewerbesteuereinnahmen weg und es sieht nicht danach aus, als wäre eine Verbesserung der Situation in Sicht. Hohe Ausgaben für Dienstleistungsverträge, Bewirtschaftungskosten in den gemeindlichen Liegenschaften, erwartbar hohe Tarifabschlüsse und massive Verwerfungen auf dem Energiesektor lassen kaum Gutes erahnen. "Es ist nicht eine einmalige Situation, sondern eine Wirtschaftslage", sagte Panzer. Einnahmen und Ausgaben haben sich so weit auseinander entwickelt, dass ein Ausgleich des Verwaltungshaushalts nicht mehr möglich ist. Die Lücke beträgt hier voraussichtlich acht Millionen Euro und muss mit Geld aus den allgemeinen Rücklagen gestopft werden. Das könnte laut der Rathausverwaltung knapp reichen. Dann aber wäre der Sparstrumpf auch leer.

Panzer erinnert sich noch genau daran, wie er beim Neujahrsempfang vor zwölf Jahren von der Gemeinde als Jumbojet gesprochen hatte, dessen Flügel gestutzt wurden. "Jetzt müssen wir wieder den Sinkflug einleiten", sagte er am Mittwochabend. Den Vorwurf, dass er früher hätte reagieren müssen, weist er zurück. "Wir haben den Haushalt nach bestem Wissen und Gewissen aufgestellt", betonte er vor dem Gemeinderat. Seit 30 Jahren werde dieser in Unterhaching einstimmig angenommen. Im Jahresverlauf gebe es immer Veränderungen. "Es war nicht vorhersehbar, dass wir Steuern in der Form zurückgeben müssen und auch nicht, dass die Kosten so ansteigen."

"Wenn man aus einem Kartenhaus eine Karte herauszieht, kommt es ins Wanken"

Zwar waren die Flügel des Unterhachinger Jumbojets in den Jahren nach 2010 wieder gewachsen bis hin zu Rekordhaushalten von mehr als 100 Millionen Euro und Gewerbesteuereinnahmen von jährlich mehr als 30 Millionen. Allerdings wurde das Geld nicht auf die hohe Kante gelegt, sondern investiert. "Das ist eben der Nachteil: Wenn man aus einem Kartenhaus eine Karte herauszieht, kommt es ins Wanken", so der Bürgermeister. Wie schlimm es sei, auf einer Skala von eins bis fünf, hatte Michael Durach (CSU) in der Finanzausschusssitzung wissen wollen. "Es ist Stufe fünf", weiß er inzwischen, "und das bedeutet Krise." Jetzt müssten alle zusammenhelfen und Entscheidungen treffen. Auch Emil Salzeder von der Neo-Fraktion mahnte gemeinsames Handeln an. "Wir waren alle dabei, als wir Party gemacht haben und geprasst, als gebe es kein Morgen." Mit spitzem Bleistift müsse man jetzt unprätentiöse Arbeit machen.

Die Haushaltssperre bedeutet zwar, dass dennoch alle vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt werden und Beschlüsse weiterhin gelten. Allerdings werden sie mit Blick auf 2023 noch mal geprüft. "Der Anbau an die Schule läuft ganz normal", sagte der Bürgermeister, "aber wenn wir beschlossen hätten, 2025 einen Flughafen zu bauen und noch nicht angefangen hätten, würden wir jetzt nicht damit anfangen." Man müsse sich zusammensetzen, eine Lösung finden, nicht in Parteipolitik verfallen. Es gehe auch nicht um Panikmache. "Wir müssen klar überlegen: Wie machen wir weiter?", so Panzer.

Auf der Ausgabenseite werden vor allem die freiwilligen Leistungen der Gemeinde auf den Prüfstand gestellt, die Zuschüsse und Förderungen, sowie die Konsolidierung des Immobilienbestandes. Claudia Köhler von den Grünen machte bereits vor Beginn der Haushaltsberatungen deutlich: "Wir wollen unsere roten Linien gleich klar sagen: Beim Sparen bei Kindern, bei Bildung, im sozialen Bereich sind wir keinesfalls dabei."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSpielvereinigung Unterhaching
:Stadion-Ablöse geht in die Verlängerung

Auch zwei Jahre nach dem Deal mit der Gemeinde ist der Verkauf nicht umgesetzt und die Spielvereinigung immer noch nur Pächter und nicht Besitzer. Die Verhandlungen gestalten sich schwierig.

Von Stefan Galler und Iris Hilberth

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: