Freibad Unterhaching:Das Ende von Bullerbü

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Ihre Tage sind gezählt: Anfang April wird die Wasserwachthütte im Unterhachinger Freibad abgerissen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die alte rote Hütte der Wasserwacht muss noch im April abgerissen werden, weil sie einsturzgefährdet ist. Ob sich Unterhaching einen zeitgemäßen Ersatzbau leisten kann, ist ungewiss.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wenn im Mai im Unterhaching die Freibadsaison beginnt, wird sich der eine oder andere Badegast wohl verwundert fragen: Wo ist eigentlich das rote Häuschen der Wasserwacht geblieben? Es gehörte zum Bad wie der Sprungturm und der Kiosk. Generationen von Unterhachingern haben sich hier Blessuren verarzten lassen und ihre Schwimmabzeichen überreicht bekommen. Bereits im April wird die Hütte abgerissen, die immer ein wenig an Urlaub in Schweden erinnerte. Es ist vorbei mit Bullerbü am Hachinger Bach.

Hundert Jahre alt wäre die Holzhütte heuer geworden. Doch so in etwa war auch ihr Zustand zuletzt. Marode, sagt man dazu, baufällig, einsturzgefährdet. Einst war das die Unterkunft des Bademeisters und zugleich das Kassenhäuschen, später dann der Stützpunkt der Rettungsschwimmer. Dass denen seit Jahren hier die Decke auf den Kopf fällt und die Hütte schon lange vor sich hin gammelt, ist bekannt. Auch dürftige Reparaturarbeiten konnten den Verfall nicht stoppen.

Im Gemeinderat verkündete Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) am Mittwochabend: "Die notwendige statische Überprüfung der bestehenden Wasserwacht-Hütte hat ergeben, dass diese aufgrund massiver Fäulnis an den tragenden Holzbalken und massiver Deckenverformungen von zehn bis 15 Zentimetern nicht mehr standsicher ist." Aus statischer Sicht werde dringend davon abgeraten, die Hütte weiterzunutzen. Sanierungsarbeiten seien unwirtschaftlich.

"Ich hätte das Haus aus historischen Grünen gerne erhalten", sagte Panzer. Bereits 2015 habe es so ausgesehen, dass man abreißen müsse, "ich hatte auch gehofft, dass wir 2024 mit dem Gebäude noch mal hinkommen". Da das nun nicht der Fall ist, habe er mit der Wasserwacht vereinbart, für den Übergang ein Zelt aufzustellen. Die Rettungsschwimmer seien bereits dabei, die Hütte leerzuräumen. Im Umkleidegebäude habe die Schwimmbadleitung Platz geschaffen, um die Materialien der Wasserwacht zu lagern.

In der Hütte ist es nicht nur eng. Es ist auch gefährlich, weil die tragenden Holzbalken verfault sind. (Foto: Sebastian Gabriel)

Wie es dann aber mit den Rettungsschwimmern im Unterhachinger Freibad weitergeht, ist eine komplizierte Angelegenheit und finanziell auch nicht einfach zu stemmen. Es geht dabei vor allem um die Frage: Will Unterhaching nur einen Verein im Schwimmbad, der ehrenamtlich am Beckenrand aushilft und Schwimmkurse gibt? Oder möchte man einem Katastrophenschutzteam eine Heimat geben, das in der Wasserrettung zu den besten in Bayern zählt, top ausgebildet und technisch auf dem neuesten Stand ist?

Um deutlich zu machen, dass ihm die Wasserwacht wichtig ist, verwies der Bürgermeister darauf, dass auch seine Frau Mitglied sei und seine Tochter sich als Rettungsschwimmerin habe ausbilden lassen. Doch sieht er den Verein weiter lediglich als Unterstützung der Schwimmbad-Crew, da die Mitglieder ehrenamtlich tätig seien und nicht in den Schichtdienst integriert werden könnten. Auch eine Superdrohne zur Rettung unter Wasser benötige man in den Unterhachinger Schwimmbecken nicht, findet der Bürgermeister. Für ein Katastrophenschutzteam hingegen benötige man 300 Quadratmeter versiegelte Fläche und die Möglichkeit, mit dem Lkw dorthin zu fahren. "Wir brauchen aber möglichst viel Liegefläche im Schwimmbad. Da habe ich ein Problem", so Panzer.

In Unterhaching übt die Wasserwacht auch den Einsatz von Tauchdrohnen

Emil Salzeder, Gemeinderat von den Neos und selbst Mitglied bei der Wasserwacht, war empört: "Wenn man die Wasserwacht loswerden will, weil wir die Liegewiese brauchen, muss man ihnen sagen: Ihr seid zu teuer." Er verwies in einer Stellungnahme auf etwa 10 000 Ehrenamtsstunden und mehr als 250 Erste-Hilfe-Leistungen pro Jahr. 400 schulische und 200 weitere Anmeldungen für Schwimmkurse gebe es für die anstehende Saison bereits. Über die Vorzüge von Tauchdrohnen für die Einsatzoptimierung bei Hochwasser und im Naturschutz stünden viele Berichte zur Verfügung. Die Wasserwacht erreiche mit dem Training der Drohnen-Pilotinnen und Piloten auch neue junge und digital affine Zielgruppen, so Salzeder.

Vergangenen Sommer hatte der gesamte Gemeinderat einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag für den Neubau der Wachhütte gestellt. Der bayerische Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) hatte bei einem Besuch im Oktober in Unterhaching seine Hilfe zugesagt. Die soll es nun auch geben. Ein Zuschuss von 250 000 Euro würde der Landtag zur Verfügung stellen, am 10. April gibt es dazu einen Termin im Innenministerium. Das Problem dabei: Diese Summe macht nur die Hälfte der Kosten für den Bau eines neuen und zeitgemäßen Wasserwacht-Hauses aus. Die andere Viertelmillion müsste Unterhaching drauflegen, das aber knapp bei Kasse ist und gerade einmal 50 000 Euro für das Vorhaben in den aktuellen Haushalt eingestellt hat. Panzer betonte: "Beantragt ist eine Katastrophenschutz-Einheit. Aber das ist eine freiwillige Leistung."

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