Unterhaching:Der Krautgarten wird zum Familiengarten

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Die Unterhachinger Grünen-Vorsitzende Claudia Köhler (vorne mit Angela Heilmeier-Stead und Stefan König) muss eine neue Fläche zum Garteln suchen. (Foto: Angelika Bardehle)

Fünf Jahre lang hat Elfi Diepold den Grünen Ackerflächen zur Bewirtschaftung überlassen. Jetzt sollen Alleinerziehende und Paare mit vielen Kindern zum Zug kommen.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Am Anfang war da nur ein Stück Land, ein brachliegendes Grundstück am Rande von Unterhaching und die Idee der "essbaren Stadt".

Am Ende gab es zwei Tomatenbeauftragte und eine Heilkräuterexpertin, Spezialisten für Kartoffelbeete und eine reiche Ernte für alle Krautgärtner. Fünf Jahre lang haben die Grünen in einem Gemeinschaftsprojekt gegartelt, gegossen, die Schnecken bekämpft und manchmal auch gefeiert. Dies war möglich, weil die Familie Diepold ihnen das Grundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte. Jetzt geht diese Kooperation zu Ende. Nicht etwa, weil man sich uneinig wäre, sondern schlichtweg weil Elfi Diepold dort nun einen parteifreien Familiengarten verwirklichen möchte.

"Der Krautgarten der Grünen am Finsinger Weg wird derzeit von einer Gruppe motivierter Gärtner mit biologischen Mitteln sehr effizient und ordentlich betrieben", sagt Diepold. Das Miteinander auf dem Grundstück sei auch immer reibungslos und einvernehmlich verlaufen. "Mein Mann hat sogar ein kleines stabiles Gartenhaus dort aufgestellt, das den Gärtnern als Geräteschuppen dient." Auf keinen Fall will sie durch ihre Entscheidung, für dieses Gartenprojekt nun selbst die Verantwortung zu übernehmen, Unfrieden säen, betont sie.

Ihre Entscheidung begründet sie mit ihrer ganz persönlichen Einstellung, die weder auf einem wirtschaftlichen Interesse fußt noch einen politischen Hintergrund hat: "Mein Vater Johann Ertl hat auf diesem kleinen Stück Land mit viel harter Arbeit Gemüse gezüchtet. Er hat die Natur, die Menschen, aber vor allem die Kinder geliebt", sagt sie. Diese wunderbaren Vorlieben wolle sie sich nun zum Beispiel nehmen und dafür auch selbst die Verantwortung übernehmen.

So will sie in diesem Frühjahr die zehn etwa 30 Quadratmeter großen Beetflächen kostenlos ausschließlich an kinderreiche Familien oder an Alleinerziehende vergeben, die auf beengtem Wohnraum in Unterhaching leben. Denn durch die Pandemie war es 2020 etwa nicht möglich, soziale Projekte wie das der Förderschule Unterhaching hier fortzuführen. "Unsere Kinder sollen wieder die Möglichkeit erhalten, das Wunder eines Samenkorns zu erkennen und dies zu respektieren", sagt sie. Familien seien die kleinste Zelle der Gesellschaft und könnten auch unter coronabedingten Auflagen ihre Beete bearbeiten. Es gehe nicht um Effizienz, selbst wenn die mit biologischen Mitteln erzielt werde. "Es ist ganz egal, ob die Familien dort zehn Zucchini oder eine Sonnenblume pflanzen", betont sie.

"Ich möchte Kinderlachen auf meinem Acker hören", sagt Elfi Diepold

Die Vergabe der Flächen erfolgt jährlich neu. Gartengeräte und Saatgut müssen selbst mitgebracht werden. Einzige Bedingung, die Diepold an die Nutzung knüpft: Einmal im Jahr sollen die Familien ein gemeinsames kleines Fest organisieren und dazu Gäste wie zum Beispiel ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung einladen. "Ich möchte Kinderlachen auf meinem Acker hören", sagt Elfi Diepold.

Die Grünen wussten, dass die Überlassung des Ackers nicht für immer sein würde. Es gab keine vertragliche Bindung, nur eine mündliche Absprache, und Elfi Diepold ist auch kein Mitglied der Partei. "Es war immer klar, dass das von Jahr zu Jahr neu entschieden wird", sagt die Ortsvorsitzende Claudia Köhler. "Nach einem erfolgreichen Testlauf im ersten Jahr waren wir um jede Saison froh, die das Gemeinschaftsprojekt weiterleben durfte. Das große Grundstück, das Besorgen von Saatgut, eine Hütte für die Gartengeräte, das jährliche Mähen der Blumenwiese - Familie Diepold hat uns immer unterstützt", betont sie. 20 bis 30 Leute haben insgesamt am Krautgarten mitgewirkt.

In der Anfangszeit hatte der Krautgarten auch Geflüchteten, die in den Unterhachinger Traglufthallen untergebracht waren, die Gelegenheit zur Mitarbeit und Selbstversorgung mit Gemüse geboten. "Von ihnen wohnt heute nur noch eine Familie in Unterhaching", weiß Köhler. Die anderen sind entweder in ihr Heimatland zurückgekehrt oder anderswo untergekommen. Die Grünen werden sich nun auf die Suche nach einem anderen Grundstück für die Fortführung ihres Krautgartens machen. "Wir sind offen, ein ähnlichen Projekt an anderer Stelle neu zu starten", sagt Köhler. Erfahrung hätten sie ja nun, "sowohl in der Organisation als auch im Anbau von Gemüse".

Bewerbungen für die Beetflächen am Finsinger Weg können per E-Mail an familiengarten.unterhaching@gmail.com geschickt werden.

© SZ vom 17.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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