Unterföhring:Malende Mutmacherin

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"Wir Frauen bringen das Leben auf die Welt - niemand sollte uns verletzen." Maria Esther De la Vega empfindet Gewalt als Angriff auf die Schönheit der Welt. (Foto: Catherina Hess)

Die Künstlerin Maria Esther De la Vega kämpft mit dem Pinsel gegen Gewalt an Frauen.

Von Christina Hertel, Unterföhring

Eine Frau im paillettenbestickten Kleid, sie ist schön und sie ist reich. Aber glücklich? Wahrscheinlich eher nicht. Ihr Blick ist gesenkt, ihr Mund mit einem Pflaster beklebt, ihre Arme hinter dem Kopf gefesselt wie bei einer Gefangenen.

De la Vega thematisiert Verletzungen an Körper und Seele

Die Künstlerin Maria Esther De la Vega zeigt dieses Bild in ihrer neuen Ausstellung, die sie diesen Freitag im Unterföhringer Rathaus eröffnet. "Frauen ohne Gewalt" ist das Motto. Es geht um Verletzungen - an Körper und Seele. Und es geht um Abhängigkeiten - materielle und psychische. Auf das Thema ist De la Vega gekommen, weil sie selbst Erfahrungen mit Gewalt in der Partnerschaft gemacht hat. Durch die Ausstellung hofft sie, möglichst vielen Frauen Mut zu machen, nicht länger über die Taten zu schweigen.

"Die Scham ist so groß", sagt De la Vega immer wieder. Sie kommt ursprünglich aus Peru, vor 20 Jahren etwa machte sie Urlaub in Deutschland und blieb. Heute ist sie Ende 50, eine zierliche Frau mit breiten Lachen und großen Lockenkopf. Sympathisch, selbstbewusst. Bestimmt nicht so, wie man sich ein typisches Opfer vorstellt. Und trotzdem hat es sie getroffen.

Die Künstlerin hat selbst Erfahrung mit Gewalt in der Partnerschaft

"Irgendwann muss man einfach sagen: basta." Bis hier hin und nicht weiter. Die Künstlerin hat sich an die Beratungsstelle des Landkreises für Häusliche Gewalt gewandt - ein Schritt, der ihr geholfen hat. Und zu dem sie auch anderen Frauen rät. Eine Therapie hat De la Vega letztlich nicht begonnen. "Ich wusste, ich muss einfach nur malen." Und das hat sie auch getan.

Die Werke, die sie nun im Rathaus ausstellt, zeigen nicht sie selbst, sondern alle möglichen Formen von Gewalt und Unterdrückung. Man sieht arabische Frauen in Burka, westliche Frauen in feinen Kleidern und ein afrikanisches Mädchen. Es liegt mit gespreizten Beinen da, schreiend. Sie blutet, eine andere Hand hält eine Rasierklinge, auch an ihr klebt Blut. Das Mädchen wird gerade Opfer von Genitalverstümmelung. Nicht besonders angenehm anzuschauen. Soll es auch nicht sein. De la Vega will provozieren, die Menschen zum Nachdenken bringen. Und mit Bildern von Blumen und Schmetterlingen stößt man eben keine Debatte an.

Mit ihrer Ausstellung setzt De la Vega auf den ersten Blick allerdings keinen Schwerpunkt. Die Aufmerksamkeit, so scheint es, möchte sie auf alle Arten der Unterdrückung auf dem ganzen Globus lenken. Hat sie sich da nicht etwas viel vorgenommen? Auf den zweiten Blick allerdings, gibt es doch ein Motiv, was sich durch die Ausstellung zieht: Geld, materielle Abhängigkeit von einem Mann.

Nichts lenkt von der teils drastischen Botschaft der Bilder ab

Ein Bild zeigt eine verschleierte Frau, sogar die Augen sind durch ein Gitter versteckt. Ihre Burka ist mit blauen Steinen besetzt - edel sieht das aus. Auf einem anderen Bild ist eine Frau als Marionette mit Gold um Hals und Hand zu sehen. Reich, aber machtlos. Offenbar sind beide Frauen von ihrem Mann abhängig. De la Vega will mit diesen Bildern auch eine Forderung ausdrücken: "Es sollte ein Gesetz geben, das dafür sorgt, dass Frauen und Männer gleich viel verdienen", sagt sie. "Es sollte, es dürfte nicht so sein, dass Frauen, wenn sie mit 50, 60 verlassen werden mittellos dastehen."

Dass es für Unabhängigkeit und Emanzipation letztendlich mehr braucht als Geld, ist De la Vega klar: "Frauen müssen lernen, ihren Willen durchzusetzen." Zumindest aber, so ist es wohl ihr Gedanke, würde das nötige Kleingeld dabei helfen. Positive Seiten zeigt De la Vega allerdings auch: Frauen, auf die Gold herabregnet, Frauen, die entschlossen, die stark aussehen. "Wir Frauen bringen das Leben auf die Welt - niemand sollte uns verletzen."

Aus ästhetischer Sicht sind die Bilder aufs Wesentliche reduziert. Mund, Nasen, Augen, Hände - vieles wird nur angedeutet. Zwar sind einige Werke mit Steinen oder Goldplättchen besetzt, aufwendig gestaltet ist aber keines. Nichts lenkt von dem ab, was die Künstlerin ausdrücken möchte. De la Vega will, dass die Werke bei möglichst vielen Menschen etwas auslösen.

Zum Teil ist ihr das schon gelungen. In ihr Atelier am Unterföhringer Bahnhof kommen Frauen, die von Gewalterfahrungen berichten. "Hinterher geht es ihnen oft besser", sagt De la Vega. Auch sie selbst sei inzwischen wieder glücklich, erklärt sie. Im nächsten Jahr hat die Künstlerin viel vor, unter anderem: eine Reise nach Nairobi, wo sie an einem Mädcheninternat mit Schülerinnen malen will. Aus Maria De la Vegas Sicht ohnehin die beste Form der Therapie.

Maria Esther De la Vega eröffnet ihre Ausstellung "Frauen - ohne Gewalt" am Freitag, 16. Dezember, um 19 Uhr im Rathaus Unterföhring. Dort sind ihre Werke noch bis zum bis 27. Januar zu sehen.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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