Frauen in der Politik:Unbeugsam für Gleichberechtigung

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Tanja Gernet von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) in Unterföhring hat den Antrag initiiert. (Foto: Stephan Rumpf)

Christine Bayer, Tanja Gernet und Julia Priese kämpfen in Unterföhring für Gleichberechtigung in der Politik und gegen Diskriminierung von Frauen.

Von Florian Weber, Unterföhring

"Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte." Mit diesem Zitat von Käte Strobel, der Grande Dame der bayerischen SPD, endet der Film "Die Unbeugsamen", der die Geschichte von Politikerinnen zu Zeiten der Bonner Republik erzählt. Als Pionierinnen wurden sie von ihren Kollegen oftmals wenig ernst genommen und kämpften gegen sexuelle Diskriminierung.

"Gleich als ich denn Film gesehen habe, wusste ich, den will ich in Unterföhring zeigen", erzählt Tanja Gernet (SPD). Sie ist die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF) Unterföhring. "Denn all das, was der Film aufzeigt gibt es auch heute noch", sagt Gernet. "Auf kommunaler Ebene wird man als Frau häufig belächelt." Sprüche wie "Ich setze auf Qualität statt Parität" habe sie schon von vielen Männern gehört. Darauf müsse aufmerksam gemacht werden, deswegen wollte Gernet die Idee, den Film in Unterföhring zu zeigen, verwirklichen, was sie vergangene Woche auch tat, etwa 100 Interessierte kamen. "Allerdings nicht im Namen der SPD, sondern im Namen der Frauen", so Gernet. Deswegen wandte sie sich an Christine Bayer (CDU), Vorsitzende der Frauen Union Unterföhring, und Julia Priese (Grüne), Ortssprecherin der Grünen. Von der Idee, den Abend gemeinsam zu veranstalten, waren beide sofort begeistert.

Und nicht nur die beiden, auch viele Unterföhringerinnen und wenige Unterföhringer waren angetan. "Dass so viele Leute zu diesem Abend kommen würden, hätten wir nicht gedacht", verkündete Gernet sichtlich gerührt von der Bühne des Bürgerhauses. Zum Empfang war im Foyer ein Verkaufstisch der ansässigen Buchhandlung aufgebaut. Namen wir Simone de Beauvoir, Hannah Arendt und Margarete Stokowski zierten die Bucheinbände. Sekt wurde ausgeschenkt. Gernet, Bayer und Priese liefen umher - begrüßten, winkten und strahlten. Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas verliehen sie der Veranstaltung eine gewisse Heiterkeit. "Mit Veranstaltungen wie dieser möchte ich junge Leute für Politik begeistern", sagte Priese. "Und auch Frauen Spaß daran vermitteln."

Beitragen dazu sollten auch Ruth Müller, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag und Claudia Köhler, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen im Maximilianeum. Im Anschluss an den Film diskutierten die beiden Landtagsabgeordneten über den Status quo: Wie ist die Stellung von Frauen in der Politik? Anekdotenreich berichteten sie von ihren Erfahrungen aus dem Landtag - teils witzig, teils ernsthaft. Und machten darauf aufmerksam, dass der Kampf für die gerechte Beteiligung von Frauen in der Politik noch lange nicht am Ziel und deswegen fortzusetzen sei.

Dies solle auch auf kommunaler Ebene geschehen. Deswegen gründeten Gernet, Bayer und Priese für diese Veranstaltung erstmals eine überparteiliche Allianz für Unterföhring. "Es wird dem Ort guttun, wenn wir uns parteiübergreifend vernetzen", sagte Priese. Es gehe darum, als Frauen aufzutreten und sichtbar zu sein, fügte Bayer hinzu. Markige Sprüche wie die, von denen Tanja Gernet berichtete, habe sie zwar noch nie erlebt, im Sinne der Frauen Politik zu machen sei für sie trotzdem einen "Herzenssache", sagte Bayer.

Unterföhring sei dabei aber durchaus gut aufgestellt, führte Bayer aus. Ihre Partei, die CSU, sei im Gemeinderat paritätisch vertreten und die Aufteilung des gesamten Gemeinderats würde zeigen, dass in Unterföhring Frauen in der Politik ausreichend repräsentiert seien.

In der Tat wird die CSU im Unterföhringer Gemeinderat von Manfred Axenbeck, Marianne Rader, Lorenz Ilmberger und Claudia Leitner vertreten. Also von zwei Frauen und zwei Männern. Im gesamten Gemeinderat sitzen 13 Männer und elf Frauen. Die Frauenquote liegt damit bei 46 Prozent und deutlich über dem Bundedurchschnitt. 2019 lag dieser in Stadt- und Gemeinderäten bei 27 Prozent, wie eine Untersuchung der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie ermittelt hatte.

Dies sei erfreulich, sagte Priese, allerdings sei auch in Unterföhring noch einiges zu tun. Sie verweist auf die Bürgermeister der Gemeinde: Andreas Kemmelmeyer, Manuel Prieler und Johannes Mecke. "Wenn wir schon drei haben, kann es nicht sein, dass es drei Männer sind", sagte Priese.

Und auch ein Blick in die Geschichte offenbart: Eine Erste Bürgermeisterin hatte Unterföhring noch nie. Doch diese mangelnde Repräsentation von Frauen in kommunalen Spitzenämtern ist Unterföhring nicht eigen. Bundesweit waren 2019 nur acht Prozent aller Ortsobersten Bürgermeisterinnen. Und auch zu einer Bürgermeister-Dienstbesprechung der Rathauschefs im Landkreis München könnte beinahe mit einem im generische Maskulinum verfassten Schreiben geladen werden. Mit Mindy Konwitschny (Höhenkirchen-Siegertbrunn), Susanna Tausendfreund (Pullach) und Babara Bogner (Sauerlach) stehen nur drei der 29 Kommunen des gesamten Landkreises Bürgermeisterinnen vor.

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