Taufkirchen:Versöhnung und Protest beim Neujahrsempfang

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Prost! Landratsstellvertreter Christoph Nadler von den Grünen und Taufkirchens parteifreier Bürgermeister Ullrich Sander haben ihre persönlichen Animositäten begraben. (Foto: Claus Schunk)

Bürgermeister Ullrich Sander und Landratsstellvertreter Christoph Nadler legen im Kultur- und Kongresszentrum ihren Streit endgültig bei. In Sanders Rede geht es dann um weniger harmonische Dinge.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Kaum hat es auf der Bühne Männer geregnet, zieht auch unten im Saal des Taufkirchner Kultur- und Kongresszentrums ein Sturm auf - und zwar aufs Büfett. Dass dieses nach der Darbietung von "It's Raining Men" durch den Frauenchor "Canta, libera!" eine so große Anziehungskraft ausübt, ist nur wenig erstaunlich. Schließlich haben sich die gut 250 Gäste beim Neujahrsempfang der Gemeinde lange gedulden müssen. Nicht, dass Bürgermeister Ullrich Sander bei seiner Rede unbotmäßig überzogen hätte. Aber die vorangegangene Begrüßung hat sich doch ziemlich in die Länge gezogen, weshalb dieser Neujahrsempfang mit knapp einer halben Stunde Verspätung begann.

Grund hierfür ist ein fast schon royal anmutendes Defilee, das vom Treppenaufgang im Foyer bis zum Eingang des Festsaals reicht, wo der Bürgermeister und seine Ehefrau Ruth Sander sämtliche Gäste einzeln mit Handschlag und einem kurzen Schwatz begrüßen. Freundlich empfangen wird dort auch der Grüne Christoph Nadler - jener Stellvertreter des Landrats, den der von der CSU nominierte parteifreie Sander aufgrund persönlicher Animositäten zunächst nicht zum Neujahrsempfang eingeladen hatte, obwohl er am Ort wohnt. Daraufhin hatten die Taufkirchner Grünen empört angekündigt, der Veranstaltung aus Protest fernzubleiben, sodass kurzzeitig eine Gästelisten-Affäre drohte. Doch schon wenige Tage später begruben die beiden Politiker ihren Streit, sodass Sander nun also Nadler am Saaleingang breit grinsend und mit einem warmen Handschlag begrüßt.

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Das unschöne Vorgeplänkel der Veranstaltung hat dem Bürgermeister womöglich als Inspiration für seine Rede an diesem Abend gedient, denn sie dreht sich vor allem um das Thema Protest. So lobt Ullrich Sander ausdrücklich die "berechtigten" Demonstrationen der Landwirtinnen und Landwirte. "Ich kann es nur gutheißen, wenn sich Bürger in Deutschland laut aussprechen", sagt er - einerseits. Andererseits finde er es "bedauerlich", so drückt er sich aus, dass die Bauerndemonstrationen zuletzt in den Hintergrund getreten seien angesichts "einer Protestwelle, die auch nicht ignoriert werden kann" - nämlich Hunderttausende Menschen, die im ganzen Bundesgebiet gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind. "Man merkt", so Sander, "dass ein Ruck durchs Land geht."

Die Gäste mussten sich diesmal lange gedulden, bis das Büfett eröffnet wurde. (Foto: Claus Schunk)

Und auch in Taufkirchen hat sich zuletzt Protest geregt - und zwar gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete am Postweg. Dass sich hier vor allem Anwohnende lautstark zu Wort gemeldet haben, erinnere ihn ans "Sankt-Florian-Prinzip", sagt der Bürgermeister. Also: "Überall, nur nicht vor meiner Haustür." Schließlich könne er sich nicht erinnern, so Sander, "dass sich diese Menschen damals gegen eine Unterkunft hinter der Realschule gewendet hätten". Im Zusammenhang mit den Plänen für einen Containerbau auf den ehemaligen Tennisplätzen widerspricht der Rathauschef dann noch einer Aussage des Landratsamts. Dieses hatte erklärt, dass das Areal am Postweg "derzeit das einzige Grundstück für eine reguläre Unterkunft für Geflüchtete in Taufkirchen ist, das dem Landratsamt angeboten wurde". Dies stimme nicht, betont Sander. Seine Gemeinde habe der Behörde auch noch andere Standorte vorgeschlagen.

Der Bürgermeister widerspricht dem Landratsamt

Mit dieser Protestnote in Richtung Landratsamt wechselt der Bürgermeister schließlich das Thema - und richtet seinen Blick nach vorn. So stünden heuer in Taufkirchen die Planung für die Ortsdurchfahrt sowie der Bau eines Radwegs entlang der Tegernseer Landstraße an. Ebenfalls vorangehen solle es beim Großprojekt "Quartier am Bahnhof", wo ein zwölf Hektar großes Gewerbegebiet in einen attraktiven Ortsteil mit Wohn-, Gewerbe- und Grünflächen umgestaltet werden soll. Zudem warte - kurz nach Fertigstellung der neuen Grundschule am Wald - bereits der nächste Schulneubau auf die Gemeinde: Für geschätzte 60 Millionen Euro soll eine neue Mittelschule entstehen, inklusive eines Gebäudes für die Kinderbetreuung, die aktuell in den Häusern an der Pappelstraße untergebracht ist.

Bei diesem kurzen Ausblick belässt es Ullrich Sander dann und bittet den Taufkirchner Chor "Canta, libera!" auf die Bühne. Nach dessen Auftritt posiert der Bürgermeister noch für einige Erinnerungsfotos - während hinter seinem Rücken bereits der Sturm aufs Büfett beginnt.

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