Grüne Geschäftsidee:Ein Dschungel für die Zimmerwand

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Niklas Guggenberger ist einer der beiden Geschäftsführer von Stylegreen. (Foto: Claus Schunk)

Das Start-up Stylegreen produziert seit vier Jahren Bilder und ganze Wände aus konservierten Pflanzen. Die Produkte hängen mittlerweile in den Büros namhafter Unternehmen.

Von Anika Stiller, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Ein Moosboden, wie man ihn auf einem Waldspaziergang antreffen könnte, hängt wie ein großes Bild an der Wand. Von dem Bild daneben ragen dem Betrachter echte Farne und exotische Pflanzen entgegen. Das leuchtende bis tiefe Grün an den Wänden des jungen Start-ups Stylegreen in Höhenkirchen-Siegertsbrunn macht dessen Namen alle Ehre. Die Firma gibt es noch keine vier Jahre, trotzdem sind die zwei jungen Gründer bereits erfolgreich im Geschäft mit ihren Bildern und Wänden aus echten, konservierten Pflanzen.

Niklas Guggenberger und Lukas Dinger - heute 28 und seit sie fünf sind beste Freunde - wussten bereits zu Studienzeiten, dass sie einmal etwas gemeinsam gründen wollten. "Was genau, war damals noch nicht klar. Auch über eine Bar hatte ich mal nachgedacht", sagt Guggenberger und lacht. Nach Ende ihres Studiums hatten sie die Gelegenheit, günstig ein Start-up aufzukaufen. Das hatte bis dahin erfolglos versucht, lebendige Pflanzen in Keramikbehältern für die Wand auf den Markt zu bringen.

Stylegreen
:Es grünt so grün

Die Firma Stylegreen bringt konservierte Pflanzen an die Wand - und das in mühevoller Handarbeit.

"Für die Firma lief es damals nicht gut, weil sowohl Keramik als auch lebendige Pflanzen schwer zu verschicken sind", sagt Guggenberger. "Für unsere Firma wollten wir keine lebendigen Pflanzen." Auf Textil oder Plastik beabsichtigten sie aber ebenfalls zu verzichten. Die Freunde entwickelten die Idee für ihre eigene Nische: Den Verkauf von Pflanzen, die einerseits echt, andererseits jedoch auch haltbar sind und keiner Pflege bedürfen.

An Haltbarkeit gewinnt die geerntete Pflanze, indem sie sich über mehrere Wochen mit einer Mischung aus Glycerin und Lebensmittelfarbstoff vollsaugt. Die Zuckerverbindung Glycerin dient als natürliches Konservierungsmittel, der Farbstoff erhält das Grün der Pflanze, die ansonsten nach dem Abschneiden ausbleichen würde. Mitarbeiterinnen von Stylegreen kleben die konservierten Pflanzen auf Rahmen; Schönheitsfehler werden bewusst mit eingearbeitet. "Die Natur ist eben nicht perfekt. Dafür ist jedes Bild für sich ein Unikat", sagt Guggenberger. Natürlich leben und atmen die Gewächse auf den fertigen Dekorationsobjekten nicht mehr; der luftfilternde Effekt ist daher verloren.

"Anfangs fragten mich noch Bekannte: Kannst du denn jetzt mit deiner Gärtnerei überleben? Die Leute verstanden nicht richtig, was wir eigentlich machen." Inzwischen verzeichnet ihr Unternehmen eine Reihe von Erfolgen. Ein großer Technologiekonzern hat die oberen zehn Stockwerke seines Hochhauses in München mit Produkten von Stylegreen ausgeschmückt. Die Innenräume von Bauunternehmen, Friseursalons und Arztpraxen sind mit den grünen Designobjekten dekoriert.

Maßanfertigungen sind ein gutes Geschäft

Gerade stattete eine bekannte Fastfood-Kette einige ihrer Filialen in Großbritannien mit den Wänden aus, freut sich Guggenberger. Diese Maßanfertigungen für die Unternehmen machen die Hälfte des Gesamtumsatzes der Firma aus. Daneben verkaufen sie fünf bis zehn Bilder am Tag; zum Großteil über das Internet. Die Jungunternehmer zog es bald von ihrer ursprünglichen Räumlichkeit in Giesing in eine größere. Die ehemalige Schreinerei in Höhenkirchen vermittelte ihnen ein Onkel. 23 Mitarbeiter haben Guggenberger und Dinger mittlerweile eingestellt.

Wer sich ihrem Team anschließen möchte, muss mit den Wertvorstellungen der Gründer übereinstimmen. Dazu gehört auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Verwendung von umweltfreundlichem Klebeband oder Maisflocken als Paketpolsterung hält Guggenberger für selbstverständlich. "Die Wickelfolie ärgert mich extrem", sagt er. Für diese hätte er noch keine Alternative gefunden.

Natürlich sei das Gründen einer Firma mit dem besten Freund heikel, sagt der 28-Jährige. "Das funktioniert bei uns deshalb, weil wir immer gesagt haben, dass uns Freundschaft wichtiger ist als die Firma. Wenn es hier mal nicht gut liefe, würde ich eher meinen Anteil der Firma verschenken, als die Freundschaft aufzugeben."

Die Freundschaft ist wichtiger als das Geschäft

Noch scheint es gut zu laufen. Trotz relativ hoher Preise - für Bilder zwischen 15 und 650 Euro, für ganze Wände von 560 Euro an pro Quadratmeter - scheinen die Kunden in den Produkten eine gewisse Qualität wahrzunehmen. "Wir werden uns mit Qualität, Marke und Design durchsetzen", sagt Guggenberger. Er freut sich, dass immer wieder Kunden für ein Bild bis zu ihrer Firma nach Höhenkirchen rausfahren.

Urban Jungle und Naturelemente sind gerade gefragt; der aktuelle Erfolg der Firma mit ihrer bepflanzten Wanddekoration daher kein Wunder. Dass das irgendwann nicht mehr im Trend sei, stehe außer Frage, sagt Guggenberger. "Unser Grundthema wird aber wohl immer bestehen: Ein Stück Natur in den Alltag zu bringen."

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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